News from Afghanistan
Wegen der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan haben wir bis Mitte Oktober 2021 zusätzlich zu den „News from the Borders“ täglich eine eigene Presseschau erstellt zu den wichtigsten Ereignissen in dem Land selbst, aber auch zu den Menschen, die versuchen, von dort zu flüchten.
14.10.2021: Mit T-Online und Watson spreche ich über die Kabul-Luftbrücke und die aktuelle Lage in Afghanistan +++ Gedenken ersetzt nicht die Aufarbeitung +++ Ein schwuler Mann erzählt von Bedrohung durch die Taliban
- Im Interview mit T-Online habe ich gesagt, dass es richtig war, den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für ihren Einsatz zu danken. Doch ich warne auch davor, die gefährdeten Menschen in Afghanistan jetzt, wo der Einsatz beendet ist, zu vergessen.
- Mit Watson durfte ich darüber sprechen, wie wir derzeit bei der Kabul-Luftbrücke arbeiten und warum die internationale Gemeinschaft sich stärker in Afghanistan engagieren muss und nicht ihre alten Fehler wiederholen darf.
- Bundestag und Bundesregierung haben den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gewürdigt. Doch das Gedenken kann Aufarbeitung nicht ersetzen, kommentiert Kai Küstner aus dem ARD-Hauptstadtstudio.
- Mit der Machtübernahme der Taliban lebt die LGBTQ-Gemeinschaft in Afghanistan in Angst. Ein 25-jähriger schwuler Mann aus Afghanistan erklärt, dass die Taliban offen drohen homosexuelle Männer von hohen Gebäuden zu werfen. Das 80-Sekunden-Video könnt ihr euch beim RND anschauen.
- Im Sommer drehte ein Berliner Filmteam Sängerinnen in Kabul – vor der Machtübernahme der Taliban. Ab morgen könnt ihr euch auf Youtube das virtuelle Musikfestival “Female Voices of Afghanistan” anhören.
Hier berichtet “titel thesen temperamente” über das Festival.
13.10.2021: Großer Zapfenstreich in Berlin +++ Bremer:innen fordern Landesaufnahme +++ EU will Afghanistan mit einer Milliarde € unterstützen
- In Berlin wird heute der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gewürdigt. Rund 160.000 Soldatinnen und Soldaten waren in den vergangenen 20 Jahren in Afghanistan im Einsatz.
- Der Bremer Senat lehnt ein Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan ab. In einer Petition fordern mehr als 4300 Bremer:innen eine Abkehr von dieser Position.
- Die EU kündigte beim G-20-Gipfel an, sie werde Afghanistan mit einer Milliarde Euro unterstützen. Merkel bekräftigte, dass Deutschland 600 Millionen Euro für die Unterstützung der Menschen in Afghanistan zur Verfügung stelle. Es wurde betont, dass die Gelder keine Form der Anerkennung der Taliban darstellen.
- Die EU will mit einem Finanzpaket Afghan:innen in ihrer Heimatregion helfen. Die Menschenrechtsorganisation „Pro Asyl“ fordert dagegen, dass Deutschland mehr Schutzsuchende aufnimmt – und die Einreisen erleichtert.
12.10.2021: Bündnis von Forscher:innen fordert mehr bedrohte afghanische Frauen aufzunehmen +++ G20 Sondergipfel +++ Joe Bidens Dolmetscher gelingt Flucht
- Ein Bündnis von Frauen- und Geschlechterforscher:innen appelliert an das Auswärtige Amt, mehr bedrohte Afghaninnen in Deutschland aufzunehmen. Es stehe zu befürchten, dass sich die massive Unterdrückung von Frauen aus der früheren Talibanherrschaft wiederholen werde, heißt es in dem offenen Brief, der am Montag an das Auswärtige Amt geschickt wurde.
- Bei einem virtuellen Sondergipfel wollen sich die G20-Länder heute mit der Krise in Afghanistan beschäftigen. Dabei geht es um die Hilfsbemühungen für die Zivilbevölkerung und humanitäre Korridore, über die Flüchtende sicher nach Italien kommen sollen.
- Dem früheren Dolmetscher von Joe Biden, Aman Chalili, gelang die Flucht aus Afghanistan auf dem Landweg – nach einem verzweifelten Hilferuf. 2008 gehörte er zu einer kleinen Eingreiftruppe, die Biden und seine Begleiter rettete, nachdem ihr Hubschrauber wegen eines Schneesturms in abgelegenem Gebiet notlanden musste. Chalilis Familie hatte nach der Machtübernahme der Taliban vergeblich versucht, mit einem Evakuierungsflug aus Kabul zu fliehen.
- Die Wirtschaft ist zusammengebrochen, jede Dritte Person leidet an Hunger und viele Menschen sind auf der Flucht. Nun erklärt der Energieexperte Alias Wardak, dass auch die Stromversorgung, und damit die Infrastruktur, kollabieren könnte (Paywall).
11.10.2021: Kunstprojekt will afghanischer Familie nach Europa verhelfen +++ Ehemalige Ortskräfte leben in Angst vor den Taliban +++ Private Fluggesellschaft darf nicht mehr nach Pakistan fliegen
- Das Kollektiv Peng! will die Festung Europa hacken. In Portugal kann man eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, wenn man verspricht ausreichend Geld zu investieren. Nun verkaufen Künstler:innen online ihre Werke gegen Kryptowährung und versuchen ausreichend Geld zu sammeln, um eine afghanische Familie in die EU zu bringen. Hier findet ihr die Homepage und die Kunstwerke. Die Frankfurter Rundschau berichtet über die Aktion.
- Masoud Azami war Ortskraft in Afghanistan. Seit Wochen versteckt er sich in Kabul, hat Angst um sich und seine Kinder. Die taz erzählt seine Geschichte.
- Pakistan hast die private afghanische Fluggesellschaft Kam Air scheinbar darum gebete, ihre Flüge nach Pakistan vorerst einzustellen. Kam Air meinte gestern, dass ihre Flüge in den vergangenen beiden Tagen ausgesetzt wurden und fügten hinzu, dass sie derzeit noch auf eine Benachrichtigung Pakistans warten.
- Bei einem Anschlag in der Provinz Kundus sind zahlreiche Menschen ermordet worden. Einen Bericht mit den Hintergründen findet ihr bei tagesschau.de.
- Trotz großer Gefahren wollen Frauen in Afghanistan nicht ihren Traum von einem gleichberechtigten Leben aufgeben. Wie die Frauen auf ihre Rechte bestehen, hat t-online hier aufgeschrieben.
08.10.2021: Bamf übt Druck auf Afghan:innen aus sich schlechter stellen zu lassen +++ Richterinnen tauchen unter +++ 200 Ortskräfte werden ausgeflogen
- Afghanische Ortskräfte und ihre Familien werden in Deutschland über den Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes aufgenommen. Anscheinend übt das Bamf aber Druck auf die Menschen aus, trotzdem einen Asylantrag stellen zu müssen, mit dem sie dann schlechter gestellt sind. Pro-Asyl wurde ein Video zugespielt, ihr findet es hier.
- Als Richterinnen haben sie in den letzten Jahren in Afghanistan gearbeitet, heute werden sie deswegen von den Taliban verfolgt. Heute müssen sie untertauchen und befürchten Rachemorde.
- Gestern Nachmittag ist ein weiterer Charterflug mit ehemaligen Ortskräften von Afghanistan gestartet. An Bord waren rund 200 Menschen, die nun nach Deutschland gebracht werden sollen.
- Mit Blick auf den angesetzten Aufarbeitungsprozess hat die Opposition Kritik an den Plänen von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer geübt. Mehr zu den Hintergründen erfahrt ihr bei n-tv.
- Die Wirtschaft in Afghanistan steht vor einer schweren Krise. Ausgelöst durch die Machtübernahme der Taliban ist das Bargeld jetzt schon knapp und Benzin schwer zu bekommen. Vielen Menschen droht Hunger und Armut.
7.10.2021: Kabul Luftbrücke evakuiert 13 Menschen +++ 300 Menschen konnten mit Charterflug aus Kabul ausgeflogen werden +++ Resettlement Forum in Brüssel
- Die Kabulluftbruecke konnte gestern elf deutsche Staatsangehörige und zwei Menschen mit deutscher Aufenthaltserlaubnis aus #Afghanistan nach Pakistan evakuieren, darunter 9 Kinder. Mit einem gecharterten Flugzeug wurden sie nach Islamabad gebracht und werden von dort aus weiter nach Frankfurt geflogen.
Zu Kabul Luftbrücke berichte ich auch regelmäßig auf Twitter
- Heute fand das High Level EU Resettlement Forum zu Afghanistan in Brüssel statt. Auf Einladung von Kommissarin Ylva Johansson kommen Entscheidungsträger:innen aus der Europäischen Union zusammen um über Aufnahmen aus Afghanistan zu sprechen. Amnesty International hat klare Forderungen an die Konferenz gerichtet, ihr findet sie hier.
- Unter der Herrschaft der Taliban hat sich die Stimmung auch in der Hauptstadt Kabul drastisch verändert. Wie es sich anfühlt in der Stadt zu leben, beschreibt der ehemalige stellvertretende Direktor des Nachrichtensenders TOLONews. Den Beitrag findet ihr in der Newsweek (Englisch).
6.10.2021: Taliban ermorden Angehörige der Hazara-Minderheit +++ Taliban wollen wieder Pässe ausstellen +++ Humanitäre Geldzahlungen sind noch keine Anerkennung der Taliban
- Die Taliban haben einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge durch die Tötung von 13 Mitgliedern der Hazara-Minderheit ein Kriegsverbrechen begangen. In der afghanischen Provinz Daikundi seien neun Sicherheitskräfte der abgesetzten afghanischen Regierung ohne Gerichtsprozess von Taliban-Kämpfern hingerichtet worden, obwohl sie sich ergeben hatten.
- Noch immer sitzen in Afghanistan viele Menschen fest, die das Land verlassen wollen. Die Taliban wollen jetzt wieder Pässe ausgeben – doch vor allem Anträge von Frauen stellen sie vor Probleme.
- Der Völkerrechtler Matthias Hartwig erklärt, dass Gespräche mit den Taliban und humanitäre Geldzahlungen nach Afghanistan noch nicht bedeuten, dass die neuen Machthaber auch als Regierung anerkannt werden.
- Großbritannien schickt einen Sonderbeauftragten für Gespräche nach Afghanistan. Während die Taliban darin eine Annäherung an diplomatische Beziehungen sehen, betonen die Briten: Das Treffen bedeutet keine Anerkennung der Islamisten.
5.10.2021: Taliban laden ehemalige Ortskräfte vor Gericht und bedrohen sie +++ Innenministerium verschleppt weiter die Aufnahme gefährdeter Menschen +++ Deutscher Afghanistaneinsatz kostete 17,3 Milliarden €
- In Afghanistan gibt es jetzt offene Drohungen gegen ehemalige Helfer westlicher Staaten. Das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte ist alarmiert. Sein Vorsitzender Marcus Grotian beklagt, dass die Grenzen weiter geschlossen sind.
- In einem Offenen Brief hatten NGOs das Innenministerium um Hilfe für bedrohte Afghan:innen gebeten. Die Reaktion: eine Ansammlung von Textbausteinen. Das von Seehofer geleitete Innenministerium hat offenbar kein großes Interesse daran, Menschen zu retten. taz berichtet.
- Die Höhe der Ausgaben für den gesamten Einsatz deutscher Soldat:innen und Entwicklungshelfer:innen liegt nach Angaben der Bundesregierung bei mehr als 17,3 Milliarden Euro. Den weitaus größten Posten machte dabei das Militär aus.
- Mehr als zwei Monate nach dem Ende der Luftbrücke aus Kabul halten sich noch mehr als 9000 Afghanen auf Stützpunkten der US-Armee in Deutschland auf. Sie sind in Ramstein und in einer Einrichtung der US-Armee in Kaiserslautern untergebracht.
4.10.2021: Ortskräften droht in Deutschland Obdachlosigkeit +++ Anschlag vor Moschee in Kabul +++ Kramp-Karrenbauer kassiert Korb von fast allen Fraktionen
- Dem Bamf wird vorgeworfen afghanische Ortskräfte zu einem Asylantrag zu drängen, obwohl diese auch einen Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Zweiteres bietet die Möglichkeit direkt zu arbeiten, nicht in einer Sammelunterkunft untergebracht zu werden und nach fünf Jahren eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis zu beantragen. Den Ortskräften droht nun sogar Obdachlosigkeit.
- Bei einer Explosion vor einer Moschee in Kabul sind nach Angaben der Taliban mindestens fünf Menschen getötet worden. In dem Gotteshaus fand eine Trauerzeremonie für die Mutter eines hochrangigen Taliban-Funktionärs statt. Anderen Berichten zufolge soll es bei dem Anschlag mindestens zwölf Tote und mehr als 32 Verletzte gegeben haben.
- Die Bundesregierung hat bei der Evakuierung der Ortskräfte vollkommen versagt. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer wollte das nun in einer Konferenz mal eben schnell aufarbeiten. Das haben mehrere Bundestagsfraktionen, auch die Grünen, abgelehnt. Wir wollen, dass sich zunächst der neue Bundestag konstituiert und die offenen Fragen dann intensiv aufgearbeitet werden.
- Die Wache im Polizeidistrikt Nummer 10, in Kabul. „Diese Polizeistation wurde mit öffentlichen Geldern der Bundesrepublik Deutschland finanziert“, steht auf Deutsch in Großbuchstaben auf einem Schild. Dazu können die Taliban-Polizisten hier allerdings nichts weiter sagen, die Wache wurde vor rund 18 Jahren aufgebaut, da waren die meisten von ihnen noch Kinder. tagesschau.de war mit der Taliban-Polizei auf Patrouille.
- In einer abgelegenen Bergregion hat die Herrschaft der Taliban dramatische Folgen: Die mächtigste Ethnie, die Paschtunen, nimmt den schiitischen Nachbarn Haus und Hof. Es könnte ein Vorbote ethnischer Säuberungen sein. Der Spiegel war vor Ort (Paywall).
1.10.2021: Taliban lösen Protest von sechs Frauen mit Warnschüssen auf +++ Griechische Regierung schottet sich gegen Afghan:innen ab +++ Taliban schaffen Pressefreiheit ab
- Die Taliban haben eine Kundgebung für Frauenrechte gewaltsam aufgelöst. Sechs Aktivistinnen hatten vor einer Schule in Kabul die Rückkehr von Mädchen in weiterführende Schulen gefordert. Die Taliban lösten die Kundgebung mit Gewehrschüssen auf.
- Die griechische Regierung hält Schutzsuchende aus Afghanistan und anderen Ländern fern – mit juristischen Tricks, Abschreckung, unwürdigen Bedingungen und schweren Menschenrechtsverletzungen.
- Die Taliban schaffen die Pressefreiheit ab. Bei einem Treffen mit Journalisten in Kabul Ende September verteilte das Ministerium für Information und Kultur der Taliban Medienvorschriften, deren Bestimmungen so weit gefasst und vage sind, dass sie jede kritische Berichterstattung über die Taliban praktisch verbieten.
- In Herat haben die Taliban den jungen Journalisten Morteza Samadi festgenommen. Er hat über eine Demonstration berichtet. Nun könnte ihm dafür sogar die Todsstrafe drohen.
30.09.2021: Deutsche Behörden verschleppen Familienzusammenführung +++ G20-Staaten planen Sondergigfel +++ Auswärtiges Amt will Ortskräfte nun über Pakistan evakuieren
- Deutsche Behörden verschleppen und verhindern nach Recherchen von Panorama das Recht auf Familiennachzug von Geflüchteten. Allein in diesem Land sind nach Auskunft des Auswärtigen Amtes mehr als 4000 Menschen aus Afghanistan seit bis zu zwei Jahren auf der Warteliste für einen Termin, um überhaupt ihre Unterlagen einreichen zu können. Aufgrund der Verschleppung sind sie nun unter Taliban-Herrschaft geraten.
- Die Gruppe der G20-Staaten plant einen Sondergipfel zu Afghanistan am 12. Oktober. An der Zusammenkunft sollen neben den 20 wichtigsten Industrienationen der Welt auch Katar, der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Vereinten Nationen teilnehmen.
- Die aktuelle Bundesregierung will nach Nach SPIEGEL-Informationen will nun weitere 200 Menschen pro Woche über Pakistan aus dem Land holen. Das Auswärtige Amt versucht dies als Erfolg zu verkaufen, nachdem sie Tausende Ortskräfte und ihre Familien im Stich gelassen haben, als die Taliban das Land überrannten.
- Vor drei Monaten kamen die ersten Ortskräfte der Bundeswehr aus Afghanistan nach Unterfranken. Gefährdet durch die Machtübernahme der Taliban konnten mittlerweile 93 dieser Menschen hier Schutz finden. BR 24 hat sie besucht und gefragt, wie es ihnen nun geht.
- Düster sind die Bilder aus Kabul, seit die Taliban an der Macht sind, auch wenn wieder so etwas wie Alltag herrscht. Das Leben in Afghanistan verändert sich. Zeit Online hat 16 aktuelle Fotos aus Afghanistan zusammengestellt, die ihr euch hier anschauen könnt
29.09.2021 Taliban regieren immer islamistischer und frauenfeindlicher +++ DW-Journalist:innen in Deutschland angekommen +++ Luxemburg vergibt Schutzstatus an fast alle afghanischen Asylantragssteller:innen
- Frauen sind nicht mehr an der Universität in Kabul zugelassen und Männer in Helmand dürfen sich nicht mehr rasieren. Der vermeintlich “moderate Kurs” den die Taliban versprachen, war offensichtlich eine strategische Lüge.
- Die rechtspopulistische ADR stellte im Luxemburger Parlament die Frage, wie viele Afghan:innen in Luxemburg einen Schutzstatus erhalten. Aus der Antwort geht hervor, dass seit 2015 450 Menschen aus Afghanistan Schutz gewährt wurde und weniger als zehn Anträge abgelehnt wurden. Unter den Ablehnungen waren aber auch solche, die dann aufgrund der Familienzusammenführung in Luxemburg bleiben konnten.
- Sima Samar hat vor 20 Jahren das Frauenministerium in Afghanistan aufgebaut. Die Taliban schaffen es nun ab. Im Spiegel schreibt Samar, was das für das Land bedeutet.
- Für manche afghanischen Firmenbesitzerin kommt Flucht nicht in Frage, weil sie ihre weiblichen Angestellten nicht mit den Taliban allein lassen wollen. Die taz berichtet.
28.09.2021: Kabul Luftbrücke arbeitet weiter an Rettung von Menschen +++ Ghani distanziert sich von Pro-Taliban-Facebookpost +++ Internationaler Gerichtshof ermittelt nicht gegen US-Soldaten
- In der Kabul Luftbrücke arbeiten wir weiter daran, gefährdete Menschen aus Afghanistan nach Deutschland zu evakuieren. Theresa Breuer erzählt in einem Insta-Video, wie wir mehreren Afghaninnen und Afghanen in Pakistan dabei geholfen haben ein Visum zu erhalten. Die Menschen kommen dabei auch selbst zu Wort.
- Afghanistans entmachteter Präsident Ashraf Ghani floh überstürzt vor den Taliban. Auf Facebook warb er nun für eine Anerkennung der Islamisten. Angeblich sollen Hacker für den Post verantwortlich sein.
- Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag soll nun doch nicht wegen möglicher Kriegsverbrechen durch US-Soldaten in Afghanistan ermitteln. Der neue Chefankläger des Tribunals sagte, die Untersuchungen müssten sich auf Taten der Taliban und des IS konzentrieren. Khans Vorgängerin Bensouda aus Gambia hatte noch die Möglichkeit von Ermittlungen auch gegen amerikanische Soldaten durchgesetzt und war deshalb zeitweise von Washington sanktioniert worden.
- Nach Ende des 20-jährigen Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr sollen beteiligte Soldatinnen und Soldaten am 13. Oktober mit einem Großen Zapfenstreich vor dem Berliner Reichstagsgebäude gewürdigt werden.
27.09.2021: Taliban fordern Wiederaufnahme internationaler Flüge in Kabul +++ Washington Post analysiert woran der Aufbau der Sicherheitskräfte scheiterte +++ Der letzte Jude verlässt Kabul
- Die Taliban haben internationale Fluggesellschaften aufgefordert, ihre Flüge am Flughafen Kabul wieder aufzunehmen. Nach der Lösung technischer Probleme sei dieser wieder „voll einsatzbereit“, teilte ein Sprecher des Außenministeriums mit. Alle kommerziellen Flüge in das Land waren nach der Machtübernahme der Islamisten eingestellt worden.
- Der Aufbau der nationalen Sicherheitskräfte Afghanistans war einer der ehrgeizigsten und teuersten Projekte in den zwei Jahrzehnten, in denen die Nato in Afghanistan aktiv war. Die Washington Post analysiert warum dieses Projekt scheiterte und das Land fast ohne militärischen Widerstand an die Taliban fiel.
- Jahrzehntelang hat Zebulon Simentov als einer der letzten Juden von Kabul allen Umbrüchen widerstanden. Jetzt hat ihn die Angst vor dem »Islamischen Staat«, der mit den Taliban konkurriert, vertrieben. Emran Feroz hat für den Spiegel mit ihm gesprochen (Paywall). Wenn ihr mehr zu Afghanistan wissen wollt, könnt ihr auch Emran Feroz auf Twitter folgen.
- Das „Islamische Emirat Afghanistan“, das die Taliban erneut proklamierten, war aus ihrer Sicht nie abgeschafft. Und auch in der Bevölkerung hatten die Taliban den Rückhalt nie ganz verloren. Der Deutschlandfunk versucht in diesem 19-minütigen Feature zu erklären, woher der Rückhalt für die Taliban in Teilen der Bevölkerung kommt
- Seit dem Jahr 2001 haben sächsische Behörden 75 afghanische Staatsbürger abgeschoben. Den Abgeschobenen drohe nun die Verfolgung durch die Taliban, da diese sie als Verräter betrachteten.
24.09.2021: Taliban wollen Hinrichtungen und Handamputationen wieder einführen +++ Auswärtiges Amt kommuniziert weiter nicht mit Angehörigen von Menschen, die in Afghanistan zurückgelassen wurden +++ Hunger in den Flüchtlingslagern
- Ein Gründungsmitglied der Taliban hat nun in einem Interview angekündigt, es werde erneut Exekutionen und Handamputationen als Bestrafung geben. Die Taliban würden aber noch Strategien entwickeln, wie es ausgeführt werden solle und es wohl nicht mehr in Stadien durchführen, so wie früher.
- Zwei Kinder in Deutschland warten weiter darauf, dass ihre Mutter endlich ausreisen kann. Doch vom Auswärtigen Amt erhalten sie bislang nur automatisierte Antworten. Der WDR berichtet.
- Viele Menschen in Afghanistan sind innerhalb des Landes vor den Kämpfen geflüchtet. Nahe Masar-i-Scharif gibt es ein unterirdisches Flüchtlingslager – in katastrophalem Zustand. Die tagesschau hat sich die Bedingungen dort angeschaut
- Seit der Machtübernahme der Taliban leben Sportlerinnen in Afghanistan in Angst. Einem Bericht der BBC zufolge verstecken sich rund 30 Volleyballerinnen vor den neuen Machthabern.
23.09.2021: “Kölner Erklärung” übt Kritik mit Geflüchteten in der EU +++ 30 dokumentierte Fälle von Pushbacks auf der Balkanroute im August +++ Berittene US-Grenzpolizisten jagen Flüchtende aus Haiti
- Auch wenn man öffentlich nicht so viel davon mitbekommt: Wir evakuieren mit der Kabul Luftbrücke weiter aus Afghanistan, jetzt auch über den Landweg. Dazu halte ich euch auch auf Twitter auf dem Laufenden.
- Die grüne Bundestagsabgeordnete Margarete Bause schreibt in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau, dass jeder dritte Mensch in Afghanistan hungert und das Land dringend Hilfe braucht. Außerdem haben auch die EU und Deutschland eine Verpflichtung zur Solidarität und dürfen sich nicht der Verantwortung entziehen, weiterhin Geflüchtete aufzunehmen.
- Auch der Flüchtlingsrat in Niedersachsen fordert die Landesregierung zur Aufnahme weiterer Menschen aus Afghanistan auf. Gleichzeitig verlangte der Flüchtlingsrat eine verlässliche Bleibeperspektive für in Niedersachsen lebende Afghan:innen. Für viele von ihnen bedeute die Machtübernahme der Taliban, dass eine Rückkehr nach Afghanistan auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei.
- Fawzia Saidzada kämpft seit Jahren für die Rechte der Frauen in Afghanistan. Jetzt sind ihre Feinde an der Macht. Ihr Wohnort wird beobachtet, einer ihrer Brüder wurde schon zusammengeschlagen. Die Süddeutsche Zeitung hat sie in Kabul besucht.
- Das Kosovo erklärte sich als einer der ersten Staaten bereit, evakuierte Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Die meisten wollen in die USA weiter und sollen im Land bleiben, bis ihre Visaangelegenheiten geregelt sind. Nun sind aber sehr viele von ihnen de facto interniert und dürfen sich nicht frei bewegen.
22.09.2021: Taliban drängen auf Anerkennung durch die UN +++ Taliban nehmen weiterhin keine Frauen in die Übergangsregierung auf +++ Verzweiflung der zurückgelassenen Ortskräfte wächst
- Die neuen afghanischen Machthaber wollen sich einem Brief zufolge an der Generaldebatte der UN-Vollversammlung beteiligen. Der bisherige UN-Botschafter Afghanistans soll ersetzt werden. Für die Taliban wäre eine eigene Repräsentation bei den Vereinten Nationen nicht nur ein großer Schritt in Richtung internationaler Anerkennung, sie könnte auch den Zugang zu internationalen Hilfsleistungen für das Land ebnen.
- Nach Kritik an der Zusammensetzung ihrer Übergangsregierung in Afghanistan haben die Taliban eine Reihe weiterer Kabinettsmitglieder benannt. Unter ihnen befinden sich mehrere Angehörige ethnischer Minderheiten und Nicht-Taliban, aber weiterhin keine Frauen.
- Mit wachsender Verzweiflung sitzen viele in Kabul fest: Immer noch warten Tausende Afghanen darauf, nach Deutschland kommen zu können. Sie harren aus – und fürchten die Taliban. ZDF Heute erzählt die Geschichte der zurückgelassenen Ortskraft Tawfiq Bashardost.
- Nach 20 Jahren „Krieg gegen den Terror“ haben die Taliban die Macht in Afghanistan wieder übernommen. Emran Feroz zeichnet in seinem Buch “Der längste Krieg” mit tiefen Einblicken in Kultur und Geschichte des Landes die Chronologie einer Katastrophe nach und erklärt, warum die Nato vor Ort gescheitert ist. Deutschlandfunk Kultur stellt das Buch vor https://www.deutschlandfunkkultur.de/emran-feroz-der-laengste-krieg-20-jahre-war-on-terror.1270.de.html?dram:article_id=502912
21.09.2021: Nach Afghanistan abgeschobener Mann getötet +++ Bundesregierung verschleppt weiter die Rettung und weiß nicht mal, wie viele Ortskräfte gerettet werden müssen +++ Studie belegt: Taliban sind nicht “moderater” geworden
- Die polnische Regierung bestätigt den Tod von drei Flüchtenden an der Grenze zu Belarus. Bei ihrem Staatsbesuch in Warschau äußerte Angela Merkel keinerlei Kritik an Polen, sondern betonte stattdessen die Relevanz des “Grenzschutzes”, wegen dem hier mutmaßlich mehrere Menschen gestorben sind.
- Die polnische Regierung sieht bei sich keine Mitverantwortung für die Toten an ihren Grenzen und Präsident Mateusz Morawiecki bezeichnete die Flüchtenden stattdessen als “organisierten Sturmangriff”. Der Rechtspopulist Morawiecki ordnete nun die Entsendung von 500 Soldaten an die Außengrenze an.
- Millionen Menschen, die schon lange in Deutschland leben, dürfen am kommenden Sonntag nicht wählen. In der taz schreiben einige von ihnen, was das für sie bedeutet.
- Die Geo Barents hat 54 Menschen aus Seenot gerettet. Als das Schiff von Ärzte ohne Grenzen sich näherte, schrien manche: “Unser Leiden in Libyen ist endlich vorbei.” Wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt, dann folgt MSF Sea af Twitter.
- Auf der griechischen Insel Samos ist ein neues geschlossenes Massenlager eröffnet worden. Strenge Überwachung und Mauern sorgen dafür, dass die Menschen das Lager nicht jederzeit verlassen können – wie in einem Gefängnis.
20.09.2021: Taliban schließen Mädchen von höherer Bildung aus +++ Journalist:innen bitten internationale Gemeinschaft um Hilfe +++ Rettung von Ortskräften wird weiter verschleppt
- Die Taliban haben Mädchen und Frauen von weiterführenden Schulen ausgeschlossen. In einer Erklärung zum anstehenden Schulstart werden betont nur männliche Lehrer und Schüler aufgefordert, wieder am Unterricht der Sekundarschulen teilzunehmen. Zeit Online berichtet.
- Über die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) haben mehr als 100 afghanische Journalist:innen anonym einen dringenden Hilferuf an die internationale Gemeinschaft gerichtet. In ihrem Aufruf unter dem Titel „Der Journalismus in Afghanistan ist vom Aussterben bedroht“ äußern sie die Befürchtung, Journalismus und Medienpluralismus drohten vollständig aus dem Land zu verschwinden.
- Noch immer sind nach der Machtübernahme der Taliban viele Ortskräfte nicht in Sicherheit. Auch ein Mann, der offenbar jahrelang mit dem BND zusammengearbeitet hat, ist auf der Flucht – und hofft bisher vergeblich auf Rettung.
- Das US-Militär hat eingestanden, bei einem Drohnenangriff in Kabul ausschließlich Zivilist:innen getötet zu haben. Die Zielperson habe keinen Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat gehabt.
- Wie unter der gestürzten Vorgängerregierung ist Afghanistan auch unter den Taliban abhängig von ausländischer Hilfe. Ein Sprecher der Islamisten am ehemaligen Bundeswehrstandort Kundus appelliert nun an „die gesamte internationale Gemeinschaft inklusive Deutschland“.
17.09.2021: Dissens-Podcast zu Kabul Luftbrücke +++ EU-Parlament fordert schnelle Wiederaufnahme von Evakuierungen aus Afghanistan +++ Annalena Baerbock fordert konsequenten Abschiebestopp nach Afghanistan
- Im Dissens-Podcast habe ich über die Kabul Luftbrücke, Afghanistan und das Versagen der Bundesregierung gesprochen. Das einstündige Gespräch könnt ihr euch hier anhören.
- Wir Abgeordneten im Europäischen Parlament haben uns mit einer großen Mehrheit dafür ausgesprochen, die Evakuierungen aus Afghanistan möglichst schnell wieder aufzunehmen. Deutschlandfunk berichtet. Den im Parlament angenommenen Text könnt ihr hier lesen.
- Annalena Baerbock sprach sich gestern für einen konsequenten Abschiebestopp nach Afghanistan aus. Sie sagte: “Die Abschiebungen nach Afghanistan müssen gestoppt und ausgesetzt werden. Menschen, die hier leben, können nicht in der Unsicherheit sein, […] dass sie fürchten, dass sie irgendwann in ein Land müssen, wo die Taliban an der Regierung sind. Deshalb bin ich da für einen konsequenten Abschiebestopp.“ Die ganze ZDF-Sendung Klartext könnt ihr euch hier anschauen.
- In den Niederlanden ist die Außenministerin Sigrid Kaag zurückgetreten, weil die Regierung bei der Evakuierung ihrer Ortskräfte versagt hat. In Deutschland ist bislang niemand auf dieser Ebene bereit gewesen die Konsequenzen für das Versagen der Bundesregierung bei der Evakuierung zu übernehmen.
- Wegen mehrerer Masernfälle lässt die US-Regierung die aus Afghanistan ausgeflogenen Menschen in Ramstein vorerst nicht ins Land. Auf dem Stützpunkt in Ramstein hat medizinisches Personal nun damit begonnen, Tausende zu impfen. Spiegel Online berichtet.
16.09.2021: Afghanische Banken haben kein Geld mehr +++ EU-Kommission stellt zusätzliche 100 Millionen € für Afghanistan zur Verfügung +++ Menschen berichten wie ihre Evakuierung verschleppt und verhindert wird
- Seit der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan bilden sich vor den Banken regelmäßig lange Schlangen. Die Menschen versuchen, an ihr Erspartes zu kommen, doch das Bargeld wird knapp.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat zusätzliche 100 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Afghanistan angekündigt. Gleichzeitig möchte die Kommission Abschiebungen von Afghan:innen in Drittstaaten erleichtern. Die EU-Kommission versucht hier sich mit einer verhältnismäßig geringen Summe aus ihrer Verantwortung herauszukaufen.
- Seit zwei Wochen sitzen tausend Menschen im nordafghanischen Masar-i-Scharif fest, obwohl mehrere Flugzeuge für ihre Ausreise bereitstehen. Sie scheitern an der Bürokratie – während die Angst vor den Taliban wächst. Der Spiegel hat mit einem von ihnen gesprochen (Paywall).
- Sieben Jahre lang war Wahid für die Bundeswehr im Einsatz, galt als einer der besten Übersetzer. Jetzt fürchtet er um sein Leben und geht nicht mehr aus seinem Haus. Obwohl er bereits am Flughafen war, wollte man ihn einfach nicht retten. Spiegel TV hat ihn besucht und diesen 5-minütigen Film mit ihm gedreht.
- In Burkas getarnt schmuggeln sich afghanische Fußballerinnen der U-Nationalteams unter Lebensgefahr nach Pakistan. Andere Pläne wurden zuvor von einer Bombenexplosion vereitelt. Sportunterricht für Frauen und Mädchen haben die Taliban in Afghanistan bereits verboten. ntv berichtet über ihre Flucht.
15.09.2021: Bundesregierung verschleppt weiterhin die Rettung von Menschen +++ In Kandahar demonstrieren Tausende gegen die Taliban +++ EU-Außenbeauftragter will mit Taliban sprechen
- Ich habe mit T-Online über die Kabul Luftbrücke gesprochen. Und auch darüber, wie die Bundesregierung falsche Versprechungen machte und die Rettung von Menschen verschleppt. Sechs Menschen, die auf Listen des Auswärtigen Amts standen, sind schon tot, mehrere wurden gekidnappt oder haben Todesurteile zugestellt bekommen.
- Wegen der schleppenden Bearbeitung von Asylanträgen warten Angehörige von Afghan:innen in Deutschland zum Teil jahrelang auf die Erlaubnis, nachzukommen. Auf den Wartelisten stehen 4173 Personen, um einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Im ersten Halbjahr 2021 erteilte Deutschland aber wegen Familienzusammenführung nur 624 Visa an afghanische Staatsangehörige.
- In Kandahar haben Tausende Menschen gegen die Taliban protestiert. Die Menge habe sich vor dem Regierungssitz des Gouverneurs versammelt, nachdem rund 3000 Familien aufgefordert wurden, eine Wohnsiedlung zu räumen.
- Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrel kündigte in einer Rede an, dass die EU keine andere Möglichkeit habe, als mit den Taliban zu sprechen, wenn man noch Einfluss auf die Situation vor Ort nehmen wolle. Außerdem plane die Kommission die Umsiedlung von weiteren 30.000 Menschen aus Afghanistan.
- Im Entwurf eines Aktionsplans der Europäischen Kommission zur Machtübernahme der Taliban wurde ausgearbeitet, dass ein Abkommen zur Erleichterung von Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt wird. Allerdings ermutigt der Aktionsplan dazu, auch weiterhin Afghan:innen aus EU-Staaten in Drittstaaten abzuschieben. Statewatch hat sich den Entwurf des Aktionsplans hier näher angeschaut.
14.09.2021: UN-Geberkonferenz sagt 1,2 Milliarden US-Dollar für Afghanistan zu +++ Innenministerium setzt 2600 Menschen auf ihre Listen +++ Afghanische Frauen protestieren gegen Verschleierungszwang
- Bei der ersten UNO-Geberkonferenz nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sind insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar für humanitäre Zwecke zugesagt worden. Die Summe umfasst Soforthilfe für die notleidende Bevölkerung sowie Entwicklungshilfe und Unterstützung für Nachbarländer, die Flüchtlinge aufnehmen. Die Bundesregierung beteiligt sich an der Soforthilfe mit umgerechnet 100 Millionen Euro.
- Das Bundesinnenministerium hat damit begonnen, Aufnahmezusagen für über 2600 Menschenrechtsaktivist:innen, Kulturschaffende, Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und andere potenziell gefährdete Menschen aus Afghanistan auszustellen. So wie das Bundesinnenministerium die Rettung von Menschen bislang verschleppt hat, ist aber leider nicht davon auszugehen, dass die Menschen jetzt auch schnell und unbürokratisch nach Deutschland gebracht werden können.
- Afghanische Frauen protestieren gegen den Verschleierungszwang der Taliban, indem sie Fotos von sich in traditionell afghanischen Kleidern auf Social Media posten. CNN hat einige der Fotos gesammelt.
- Sana Safi arbeitet als Journalistin und erhielt ihre Schulbildung in den 90er Jahren dank Untergrund-Schulen, weil die Taliban Bildung für Mädchen verboten haben. In ihrem Kommentar im Guardian ruft sie den Westen dazu auf, jetzt nicht wieder weg zu schauen.
- Der deutsche Auslandssender Deutsche Welle (DW) hat gestern zwei tägliche Radioprogramme in den Sprachen Dari und Paschtu für Zuhörer:innen in Afghanistan neu ins Programm aufgenommen.
13.09.2021: UN warnt vor wirtschaftlichem Kollaps +++ Universitäten führen strikte Geschlechtertrennung ein +++ Tausende afghanische Flüchtende warten in Ramstein auf Weiterreise in die USA
- Seit der Machtübernahme der Taliban ist die Wirtschaft Afghanistans zusammengebrochen. Millionen Menschen sind auf der Flucht im eigenen Land. Gerade in den Flüchtlingslagern haben die meisten Menschen nicht mal mehr ausreichend zu Essen und die Auswirkungen der Dürre verschärfen sich. 13 Millionen Menschen in Afghanistan leiden an Unterernährung.
- An Afghanistans Universitäten wird es nach einer Ankündigung der neuen Taliban-Machthaber künftig nur noch getrennten Unterricht für Frauen und Männer geben. Außerdem ist für Frauen künftig eine verpflichtende Kopfbedeckung vorgesehen. Ob dabei nur ein Kopftuch vorgeschrieben wird oder auch das Gesicht verhüllt werden soll, ist bislang noch unklar.
- Mehr als 9.000 afghanische Flüchtende warten in der US-Air Base Ramstein auf ihren Weiterflug in die USA. Aufgrund von vier Masernfällen verlangen die USA nun Masernimpfungen von den Menschen, was die Weiterreise aktuell verzögert. Offenbar auch Geflüchtete die auf deutschen Listen stehen und in Deutschland bleiben wollen, was derzeit aktiv von Innenministerium verhindert wird. Mehr zur Verhinderungspolitik des Innenministeriums erfahrt ihr bei mir auf Twitter.
- Afghanische Flüchtende werden in Gießen untergebracht, da die britischen Behörden ihnen die Einreise verwehren. Insgesamt 18 Kinder, 19 Frauen und 20 Männer aus Afghanistan seien deswegen vorübergehend in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen untergebracht worden.
- Ein 16-Jähriger Berliner möchte seine Familie aus Afghanistan raus holen. Doch ohne einen anerkannten Flüchtlingsstatus hat er, wie die meisten anderen afghanischen Geflüchteten in Deutschland, kein Recht, seine Familie herzuholen – obwohl er minderjährig ist. Der RBB hat ihn besucht und schildert die Situation.
10.09.2021: Sechs Menschen auf deutschen Evakuierungslisten getötet +++ Flugzeug bringt 110 Menschen von Kabul nach Doha +++ Grüne fordern Rettung afghanischer Journalist:innen
- Mindestens sechs Menschen auf deutschen Evakuierungslisten wurden in Afghanistan hingerichtet. Man hat praktisch verhindert, dass die Menschen gerettet werden, obwohl man öffentlich behauptet hat, dass sie evakuiert werden sollen. Mit Watson habe ich darüber gesprochen.
- Zehn Tage nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan sind erstmals Ausländer:innen an Bord eines zivilen Evakuierungsflugs außer Landes gebracht worden. Die ersten der rund 110 Passagiere, darunter auch US-Bürger:innen und Deutsche, verließen am Donnerstag in Doha eine in Kabul gestartete Maschine der katarischen Fluggesellschaft Qatar Airways.
- Nach der Machtübernahme haben die Taliban in Afghanistan damit begonnen, auch die Medien unter Kontrolle zu bringen – und Jagd auf afghanische Medienschaffende zu machen. In einem dringlichen Brief fordert die Bundestagsfraktion der Grünen Kanzlerin Merkel zum Handeln auf.