Unverheiratete Paare müssen sich auch in Zeiten der Pandemie sehen dürfen!

Durch die Reisebeschränkungen können sich viele Paare seit Pandemiebeginn nicht treffen. Was für eine Qual in dieser schweren Zeit. Ich habe Innenminister Horst Seehofer mit vielen anderen Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament gebeten, endlich eine Lösung zu finden.

In Dänemark gibt es bereits Lösungen, andere EU-Länder könnten die gleichen Regelungen anwenden. Zumal die Betroffenen Kosten tragen und in Quarantäne gehen würden.

Den gesamten Brief findet ihr unter diesem Link.

Foto: Petar Milošević (Wikimedia Commons)

Geschlossene Grenzen helfen nicht gegen die Pandemie

In dem Papier Schengen Schützen erklären wir, die Greens/EFA Fraktion im europäischen Parlament, warum die Kontrollen an Europas Binnengrenzen falsch sind.

Sie gefährden die Möglichkeit, in einem gemeinsamen Raum ohne Grenzkontrollen zu reisen und zusammenzuleben. Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen trennen Familien und Freunde, sie schaffen Grenzen zwischen lange integrierten Regionen und Nachbarschaften und untergraben die Entwicklung neuer regionaler Zusammenarbeit. Sie schränken unsere Freiheit fühlbar ein. 

Kontrollen an den Binnengrenzen gegen die Corona-Pandemie sind zudem unwirksam und rechtswidrig. Sie tragen nicht dazu bei, die Verbreitung des Virus zu verhindern, schaden der Wirtschaft und dem Familienleben in Grenzregionen.

Keine schnelle Rückkehr zur Normalität

Unsere Forderung nach dem Schutz der Reisefreiheit im Schengenraum ist keine Forderung nach einer „Rückkehr zur Normalität“. Eindämmungsmaßnahmen gegen Corona sind nach wie vor notwendig, wenn die Infektionsraten hoch sind. ein Plädoyer gegen zukünftige Grenzschließungen ist keine Forderung nach Rückkehr zur Normalität. Solange kein Impfstoff verfügbar ist, werden wir uns einschränken und vorsichtig sein müssen. Wir müssen Masken tragen, Hände waschen, Abstand halten und Massenzusammenkünfte vermeiden. 

Der derzeitige Fokus auf Grenzkontrollen lenkt aber von echten Lösungen ab. Es gibt andere Maßnahmen, die im Gegensatz zu Grenzkontrollen wirksam die Ausbreitung des Virus verhindern können. Umso ungerechtfertigter ist es, die Errungenschaften des Schengenraums aufs Spiel zu setzen.

Zum 35. Jubiläum von Schengen habe ich einen Gastbeitrag im Tagesspiegel geschrieben. Der Titel lautet „Die schönsten Grenzen sind offen.“ Es ist erfreulich, dass die meisten Binnengrenzen seit heute wieder offen sind. Wir sollten und aber davor hüten, die Grenzen bei einer zweiten Welle wieder dicht zu machen. Sonst riskieren wir die wohl wichtigste Errungenschaft der EU. Dass wir uns in weiten Teilen dieses Kontinents frei bewegen und uns niederlassen können, wo auch immer wir wollen.  wir uns in weiten Teilen dieses Kontinents frei bewegen und uns niederlassen können, wo auch immer wir wollen. 

Europa darf die Seenotrettung nicht an Libyen auslagern

Das Gutachten “Places of Safety in the Mediterranean: The EU’s Policy of Outsourcing Responsibility“ der Heinrich Böll Stiftung zeigt auf, dass die nordafrikanischen Mittelmeeranrainerstaaten nicht als „sichere Häfen“ betrachtet werden können und dass die EU die Seenotrettung daher nicht an diese Staaten auslagern kann. Dies gilt vor allem für das Bürgerkriegsland Libyen.

Seit 2014 sind über 20.000 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken. Die Mitgliedsstaaten der EU schaffen es nicht, sich auf ein gemeinsames Programm zur Seenotrettung zu einigen und akzeptieren den Tod dieser Menschen, damit so wenige von ihnen wie möglich Europa erreichen. Sie kooperieren mit kriminellen Milizen in Libyen und nehmen bewusst Grundrechtsverletzungen in Kauf. Manche Politiker*innen schlagen sogar vor, die Geflüchteten direkt nach Nordafrika, auch ins libysche Kriegsgebiet, abzuschieben.

Vor diesem Hintergrund hat diese Studie wichtige politische Implikationen. Sie stellt fest, dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten sich ihrer Verantwortung zur Rettung von Menschen im Mittelmeer nicht entziehen können.

Italien und Malta dürfen Häfen nicht schließen

Die Politik von EU-Staaten wie Italien und Malta, ihre Häfen zu schließen und NGO-Schiffen den Zugang zu ihren Häfen zu verweigern, kostet Menschen das Leben und ist ebenso illegal wie die Verlagerung der Rettung auf Libyen.

Die Mitgliedsstaaten und die EU müssen Geflüchtete und Migrant*innen retten und in europäische Häfen bringen. Nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aus rechtlichen. Ihre Häfen müssen für Rettungsschiffe offenbleiben.

Tödlichste Route der Welt

Die Route von Libyen nach Europa ist die tödlichste Migrationsroute der Welt. Der Hauptgrund hierfür ist, dass die EU ihre Rettungsaktivitäten im Mittelmeer eingestellt hat. Die Marineoperation Sophia, die mehr als 40.000 Migrant*innen und Geflüchteten das Leben rettete, beendete den Einsatz. Es gibt derzeit kein einziges staatliches Rettungsschiff im Mittelmeer.

Zivile Organisationen, die versuchen, diese Lücke zu schließen, werden häufig behindert, strafrechtlich verfolgt oder ihre Schiffe werden beschlagnahmt. Indem Europa jegliche Seenotrettung einstellt und auch aktiv die NGOs daran hindert, Leben zu retten, ist sie für den Tod von tausenden Menschen im Mittelmeer mitverantwortlich.

Diese Studie macht deutlich, dass sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen können, dass sie die Seenotrettung an Libyen oder andere nordafrikanische Mittelmeeranrainer auslagern.

Libyen und andere Staaten in Nordafrika sind keine sicheren Häfen

Libyen ist einer der unsichersten und gefährlichsten Orte für Geflüchtete weltweit. Von der libyschen Küstenwache abgefangene Personen werden in Lager gebracht, in denen sie unmenschlichen Bedingungen, Folter, Vergewaltigung, Ausbeutung und sogar willkürlichen Tötungen ausgesetzt sind.

Die derzeitige europäische Politik, diese libysche Küstenwache zu unterstützen und sie zum Türsteher Europas zu machen, ist zutiefst unmenschlich und verstößt gegen das Völkerrecht. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben die Pflicht, die Menschen an einen sicheren Ort zu bringen, an dem ihr Leben und ihre Sicherheit nicht bedroht sind und wo sie vor Verfolgung sicher sind. 

Die Studie belegt, dass es diese sicheren Häfen nur in Europa gibt. Daraus ergeben sich folgende sieben konkreten politische Forderungen:

1. Wir brauchen eine europäische Seenotrettungsmission!

Die Mitgliedsstaaten müssen proaktiv Seenotrettungseinsätze betreiben und dafür Schiffe und Ressourcen zur Verfügung stellen. Die Europäische Kommission muss diese koordinieren und finanzielle Unterstützung für die Mitgliedsstaaten leisten, damit diese ihre Möglichkeiten verbessern, Menschenleben auf See zu retten. 

2. Die Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache muss beendet werden

Europa darf sich seinen Verpflichtungen in der Seenotrettung nicht dadurch entziehen, dass es die Verantwortung auf ein Land abwälzt, dass unter keinen Umständen als sicherer Ort betrachtet werden kann. Die EU muss die Zusammenarbeit mit Libyen einstellen. Statt die libysche Küstenwache zu finanzieren, die auch ein Zusammenschluss von Warlords ist, sollte die EU in ihre eigenen Kapazitäten zur Seenotrettung investieren.

3. Menschen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, müssen nach Europa gebracht werden

Die Studie belegt, dass keiner der nordafrikanischen Mittelmeeranrainer generell als sicherer Hafen eingestuft werden kann. Für gefährdete Gruppen wie LGBTI oder andere Minderheiten sind diese Staaten nicht sicher. Da es an Bord der Rettungsschiffe nicht durchführbar ist, festzustellen, welche Territorien für die Menschen sicher wären und welche nicht, kann sich Europa seiner Verantwortung nicht entziehen und muss die Menschen in sichere Häfen nach Europa bringen. Dies gilt auch für NGO-Schiffe. Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar.

4. Die Kriminalisierung und Einschüchterung der NGOs muss enden

Schiffskapitän*innen und Besatzungsmitglieder dürfen für die Rettung von Personen in Seenot nicht strafrechtlich verfolgt werden. Diese Menschen sind Lebensretter*innen, keine Kriminellen. Die Europäische Kommission muss beschließen, dass humanitäre Hilfe nicht von den Mitgliedsstaaten kriminalisiert werden darf.

5. Die EU muss eng mit den NGOs zusammenarbeiten

Zivile Organisationen können die Mitgliedsstaaten nicht von ihrer Pflicht befreien, selbst Menschen in Seenot zu retten. Doch sie können dabei helfen, Leben zu retten. Die EU sollte die NGOs bei der Rettung unterstützen, indem sie ihre Häfen für sie öffnet, die Registrierung von Schiffen zur Seenotrettung vereinfacht und sie über Notfälle informiert.

6. Europa braucht einen zuverlässigen Umverteilungsmechanismus

Die EU-Kommission muss eine solidarische und humanitäre Alternative des Dublin-Systems entwickeln, in dem die Rechte und Wünsche der Geflüchteten beachtet werden. Eine hohe Solidarität und Aufnahmebereitschaft müssen auch finanziell gefördert werden. Dabei sollte vor allem auch die Bereitschaft von Kommunen und Regionen berücksichtigt und mit EU-Mitteln gefördert werden.

7. Die EU muss aufhören, Entwicklungsgelder für Migrationsabwehr zu missbrauchen 

Die EU unterstützt die libysche Küstenwache über den EU-Treuhandfonds für Afrika. Das ist ein Missbrauch von Geldern, die eigentlich der Entwicklungszusammenarbeit dienen. Das Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist die Bekämpfung von Armut, nicht die Bekämpfung von Migration. Allgemein muss viel transparenter gemacht werden, wofür EU-Gelder in Drittländern verwendet werden.

Anfrage: Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze

Um als Europaabgeordneter meine parlamentarische Kontrollfunktion ausüben zu können, habe ich die Möglichkeit, Anfragen an die EU-Kommission stellen. Die Kommission muss diese Fragen beantworten.
Am 23.03.2020 habe ich von der Kommission Antworten auf folgende Fragen bekommen:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-004588/2019 an die Kommission

Betrifft: Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze

Am 12. Dezember 2019 veröffentlichte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Video, das illegale Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze in der Region Evros dokumentiert [1] . Dieses Video stellt den bislang eindeutigsten Beweis für die Durchführung derartiger Zurückweisungen dar. Der griechischen Regierung wurde wiederholt vorgeworfen, Asylsuchende auf illegale Weise wieder in die Türkei verbracht zu haben. In einem Bericht vom November 2018 brachte die Kommissarin für Menschenrechte des Europarats ihre tiefe Besorgnis über anhaltende und dokumentierte Vorwürfe von Sammelabschiebungen in die Türkei zum Ausdruck. Regierungsunabhängige Organisationen haben eine Vielzahl von Aussagen von Personen veröffentlicht, die in der Region Evros abgeschoben wurden. Beim UNHCR gehen weiterhin zahlreiche glaubwürdige Berichte über mutmaßliche Zurückweisungen ein. Obwohl sich dokumentierte Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze häufen, weisen die griechischen Behörden die Vorwürfe zurück.

  1. Derartige Zurückweisungen stellen einen rechtswidrigen Verstoß gegen die Genfer Konvention, die Charta der Grundrechte der EU und das europäische Asylrecht dar. Was hat die Kommission bislang unternommen, um derartige Verstöße an der griechisch-türkischen Grenze zu verhindern?
  2. Wird die Kommission das vom Nachrichtenmagazin Der Spiegel veröffentlichte Video als handfesten Beweis für die Zurückweisungen berücksichtigen?
  3. Erwägt die Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, da die griechischen Behörden offenbar nicht die Absicht haben, eine ordnungsgemäße Untersuchung durchzuführen?
[1]     https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-videos-zeigen-mutmasslich-illegale-abschiebung-von-migranten-a-1300891.html

E-004588/2019
Antwort von Kommissarin Ylva Johansson
im Namen der Europäischen Kommission:

Gemäß Artikel 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleistet.

Drittstaatsangehörigen, die bei ihrer Ankunft an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und keinen Asylantrag stellen, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten, kann von den EU-Mitgliedstaaten die Einreise verweigert werden. Hierbei gelten jedoch die Modalitäten und Bedingungen des Schengener Grenzkodexes[1] sowie der Grundsatz der Nichtzurückweisung. Darüber hinaus muss die Rückführung irregulärer Migranten durch die nationalen Behörden auf der Grundlage individueller Rückkehrentscheidungen und unter uneingeschränkter Achtung des EU-Rechts und des Völkerrechts erfolgen. Gemäß Artikel 19 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind Kollektivausweisungen nicht zulässig.

Der Kommission sind Vorwürfe über Zurückweisungen von Griechenland in die Türkei bekannt. Im November 2019 hatte sich die Generaldirektorin der Generaldirektion Migration und Inneres in einem Schreiben an die griechischen Behörden gewandt und um aktuelle Informationen über den Stand der laufenden Untersuchungen, u. a. durch den griechischen Bürgerbeauftragten, sowie über andere allgemeine Maßnahmen seitens der griechischen Behörden gebeten. Die Kommission beobachtet die Lage genau.


[1] Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen.

Anfrage: Verwendung der EU-Hilfe für Griechenland und Italien im Asylbereich

Um als Europaabgeordneter meine parlamentarische Kontrollfunktion ausüben zu können, habe ich die Möglichkeit, Anfragen an die EU-Kommission stellen. Die Kommission muss diese Fragen beantworten.
Am 04.03.2020 habe ich von der Kommission Antworten auf folgende Fragen bekommen:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-004414/2019 an die Kommission

Betrifft: Fragen zur Verwendung der EU-Hilfe für Griechenland und Italien im Asylbereich im Anschluss an den Bericht Nr. 24/2019 des Europäischen Rechnungshofs

In seinem Prüfungsbericht vom 13. November 2019 über die Unterstützung der Europäischen Union für Griechenland und Italien im Asylbereich wies der Europäische Rechnungshof auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen den angegebenen Zielen und den erzielten Ergebnissen hin, insbesondere in Bezug auf dringende Umsiedlungen und langwierige Asylverfahren Die von der EU bereitgestellten Mittel scheinen unangemessen verteilt zu sein, was zu menschenunwürdigen Lebensbedingungen in den Hotspots führt

  1. Wie erklärt die Kommission die Diskrepanzen zwischen Zielen und Ergebnissen und wie beabsichtigt sie, hier Abhilfe zu schaffen?
  2. Wie erklärt sie, warum Frontex-Bedienstete in unterbesetzte Hotspots entsandt werden, während es anderen in erheblichem Umfang an Ressourcen mangelt, und wie erklärt sie, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) unterbesetzt ist, während Frontex über genügend Personal verfügt oder sogar überbesetzt ist?
  3. Trotz ihres Mandats als Mitglied des Europäischen Parlaments wurde mehreren Abgeordneten der Zugang zu den griechischen Hotspots verwehrt, obwohl diese aus dem EU-Haushalt finanziert wurden, für den das Parlament zuständig ist. Wie erklärt die Kommission, warum es den Mitgliedern des Europäischen Parlaments nicht möglich ist, die Situation vor Ort und die Verwendung von EU-Mitteln festzustellen, und was wird sie vorschlagen, damit alle Mitglieder des Europäischen Parlaments Zugang zu allen Aufnahmeeinrichtungen haben, die EU-Mittel erhalten?

E-004414/2019 (04.03.2020)
Antwort von Kommissarin Ylva Johansson
im Namen der Europäischen Kommission:

Die Kommission kann den Schlussfolgerungen der Damen und Herren Abgeordneten zum Bericht Nr. 24/2019 des Europäischen Rechnungshofs vom 13. November 2019 nicht zustimmen und verweist auf ihre schriftliche Stellungnahme zu einzelnen Punkten des Berichts[1].

Während das Management der Außengrenzen und der Asylverfahren in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, war und ist die Unterstützung der Kommission und der EU-Agenturen seit 2015 von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der Migrationssteuerung in Griechenland und Italien.

Wie in der Antwort der Kommission dargelegt, hat das Hotspot-Konzept dazu beigetragen, die Registrierung, Identifizierung und Sicherheitsüberprüfung der Migranten unter schwierigsten und sich ständig ändernden Umständen zu verbessern. Die Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien (unter Beteiligung von 25 Mitgliedstaaten), in deren Rahmen nahezu 100 % der für eine Umsiedlung in Betracht kommenden und registrierten Personen umgesiedelt wurden, war ein Zeichen europäischer Solidarität[2].

Die Kommission ist nun für die Bereitstellung operativer und finanzieller Unterstützung der unter Druck stehenden Mitgliedstaaten besser gerüstet und hat Griechenland und Italien in beispielloser Weise unterstützt[3].

Die Kommission schließt sich den Empfehlungen des EuRH in seinem Bericht an und arbeitet bereits an ihrer Umsetzung.

Mit der Entsendung von Beamten der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) unterstützt die Kommission eine flexible Kombination aus ständigen und mobilen Teams, damit Ausschiffungen effizient abgedeckt werden können[4]. Das Personal des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) wird seit 2015 erheblich verstärkt und in den kommenden Jahren auf bis zu 500 Mitarbeiter aufgestockt, sofern die Agentur gemäß der vorgeschlagenen Verordnung über die Asylagentur vergrößert wird[5].

[1] Sonderbericht Nr. 24/2019: Zeit für raschere Maßnahmen zur Beseitigung der Unterschiede zwischen Zielen und Ergebnissen siehe die Antwort der Kommission, veröffentlicht auf der Website des Rechnungshofs unter https://www.eca.europa.eu/de/Pages/DocItem.aspx?did=52087.
[2] Siehe Antwort der Kommission, S. 10 ff.
[3] Siehe https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/201909_managing-migration-eu-financial-support-to-greece_en.pdf und https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/201905_managing-migration-eu-financial-support-to-italy_en.pdf.
[4] Siehe Antwort der Kommission, S. 3 f.
[5] Siehe auch EASO-Pressemitteilung vom 7. Januar 2020: https://www.easo.europa.eu/news-events/easo-operations-double-size-year.  

Pushbacks in Spanien: EGMR fällt realitätsfernes Urteil

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Abschiebung zweier Flüchtlinge ohne Asylverfahren als rechtmäßig eingestuft. Mit diesem Urteil hatte kaum jemand gerechnet, denn die Kleine Kammer des EGMR hatte 2017 völlig anders entschieden.

Die Große Kammer des EGMR behauptet in der Urteilsbegründung, dass es legale Alternativen zum gewaltvollen, illegalen Grenzübertritt gäbe, die es in der Realität für Subsahara-Afrikaner*innen aber gar nicht gibt. Das Überwinden der Grenzanlagen ist real die einzige Möglichkeit, um Zugang zum spanischen Asylsystem zu bekommen.

Das ist der Großen Kammer des EGMR wohl auch zumindest in Teilen bewusst gewesen, weswegen sie argumentierten, dass der Zugang zu den legalen Wegen von Marokko, nicht von Spanien eingeschränkt wird. Dadurch könne Spanien dafür nicht verurteilt werden. Auch das verwundert, da beispielsweise das UNHCR im Verfahren detailliert dargestellt hat, dass es spanischen Einfluss auf diese Rückweisungspraxis in Marokko gibt.

Auch ein anderer Teil des Urteils führt zu Unverständnis bei Fachjurist*innen: Die Richter argumentieren, dass sich die Antragsteller selbst in eine unrechtmäßige Lage gebracht hätten, da sie die Größe ihrer Gruppe und Gewalt genutzt hätten, um die Grenze zu überwinden. Das führe dazu, dass sie keinen Anspruch mehr auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren in Spanien hätten.
In Verbindung mit dem Verweis auf legale Zugangswege, entrechtet das die Antragsteller unabhängig von ihren Asylgründen grundlegend.

Auch von Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und in Kommentaren gibt es Kritik am Urteil: „Das Urteil argumentiert mit einer Realität, die es nicht gibt“, schreibt Tim Röhn in der Welt und bezeichnet das als „Armutszeugnis der Straßburger Richter“. In der „Süddeutschen Zeitung“ bezeichnet Wolfgang Janisch es als „weltfremd“.

Das Urteil ist jedoch kein Freibrief für die sogenannten Pushbacks. Die Kammer entschied nicht pauschal, dass illegale Grenzübertritte dazu führen, dass keine Asylanträge mehr gestellt werden dürfen. Vielmehr verwies es mehrmals auf den gewalttätigen Übertritt und die Gruppengröße der Antragsteller, die sie nutzten, um sich Zugang zum spanischen Territorium zu verschaffen.Solch eine Situation ist beispielsweise an der grünen kroatisch-bosnischen Grenze nicht gegeben, da es dort weder Gewalt noch Gruppengröße braucht, um auf das kroatische Territorium zu kommen. Außerdem bezieht sich das Urteil auf das Grenzgebiet. In Slowenien oder Kroatien halten sich die Menschen oft schon tagelang im Hoheitsgebiet auf, bevor sie ohne Zugang zu rechtsstaatlichen Verfahren wieder nach Bosnien gebracht werden.Der legale Zugang zu Asylverfahren existiert an vielen EU-Grenzen nicht einmal theoretisch, wodurch das Urteil auch dort so nicht anwendbar ist. An der türkisch-griechischen Grenze handelt es sich in vielen Fällen um eine Seegrenze. Darauf ist das Urteil nicht anwendbar, vielmehr greift hier das bekannte Hirsi-Urteil (Info dazu auf Migrationsrecht.net). Außerdem fliehen viele Menschen direkt aus der Türkei. Für einen illegalen Grenzübertritt sollen Geflüchtete nach § 31 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht bestraft werden, wenn ihnen im Nachbarland direkte Gefahr droht.

Aber auch das letzte Wort zu den Pushbacks an der spanischen Außengrenze ist noch nicht gesprochen. Beim spanischen Verfassungsgericht ist noch ein Fall anhängig, der durchaus anders entschieden werden könnte und der bis zur EGMR-Entscheidung ausgesetzt worden war.

Eventuell ist die EGMR-Entscheidung aber auch im Kontext eines weiteren anhängigen Verfahrens zu humanitären Visa (LINK) zu sehen: Wenn das Gericht die reale Existenz der legalen Zugänge zu Asylverfahren jetzt stark hervorhebt, könnte das auch dazu führen, dass der EGMR einen Anspruch auf Zugang zu humanitäre Visa in bestimmten Fällen einfordert. Das Urteil wird voraussichtlich auch im ersten Halbjahr 2020 fallen.

Das Urteil ist dennoch besorgniserregend, da es viele Menschen auf den noch gefährlicheren Weg über das Wasser nach Europa treiben könnte. Außerdem könnten Staaten wie Kroatien und Griechenland das Urteil bewusst fehlinterpretieren und ihre Pushbackpraxis ausweiten.


Dabei sollten Europäische Staaten dem Urteil eigentlich dahingehend gerecht werden, dass sie endlich legale reale Zugangswege zu rechtsstaatlichen Asylverfahren an Grenzübergängen und zu humanitären Visa in Botschaften öffnen.

DE