25 Erfolge der EU, die unser Leben besser machen

Schaut man heute auf die EU, stechen einem oft die Missstände ins Auge: An den Außengrenzen gelten Menschenrechte zu oft nur noch auf dem Papier, es gibt Mitgliedstaaten, die sich der Europäischen Solidarität völlig verweigern und Berichte über komische Gesetze, die aus Brüssel kommen. Klar ist: Es muss vieles besser werden, aber keine EU ist auch keine Lösung. Die Alternative wäre der Rückzug ins nationale Unheil.

Und so sind die größten Verdienste der EU vielleicht diejenigen, die gar nicht aufzuzählen sind: Nicht auszudenken, wie die Welt ohne das Friedensprojekt Europa aussähe.

Doch neben der großen Vision und vielen Problemen gibt es auch einige Erfolge der EU. Hier sind einige aufgezählt:

Viel geschafft, noch viel zu tun

EU-Recovery-Plan: Unterstützung während der Corona-Krise

Corona hat in allen EU-Ländern wirtschaftlichen Schaden verursacht, aber nicht überall gleich stark: Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Wiederaufbau ihrer Wirtschaft sollen 750 Milliarden für die nächsten drei Jahre zur Verfügung stehen. Davon werden 500 Milliarden ohne Rückzahlung für besonders betroffene Regionen ausgegeben. Die restlichen 250 Milliarden sind wie Kredite zu behandeln.

Weiterlesen: Was bedeutet der EU-Aufbauplan für den Europäischen Green Deal?

Freizügigkeit innerhalb der EU

EU-Bürger*innen dürfen sich innerhalb der EU plus Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein frei bewegen, aufhalten und erwerbstätig werden. Ohne Grenzkontrolle von der Algarve nach Lappland reisen: Nach Jahrhunderten der Schlagbäume innerhalb Europas ist heute selbstverständlich, was früher undenkbar war. Das Freizügigkeitsgesetz beinhaltet auch, sich im Land des Wohnsitzes auch an den Kommunalwahlen beteiligen zu dürfen.

Weiterlesen: Freizügigkeit für EU-Bürger

Frieden innerhalb der EU – länger als jemals zuvor

Frieden unter den Mitgliedstaaten der EU ist heute selbstverständlich – das ist historisch einmalig. Zwar haben Bündnisse und gemeinsamer Handel schon immer dazu beigetragen, dass zwischen den Bündnispartnern der Frieden zeitweise aufrecht erhalten wurde, doch nie zuvor hielt dieser Frieden in Mitteleuropa so lange und breit wie dank der EU.

Deutsch-Französische Freundschaft

Nach Jahrhunderten der “Erbfeindschaft” und zahlloser Kriege bildet nun die gemeinsame Mitgliedschaft in der EU den Rahmen für die enge Verbindung der Nachbarländer. Vor mehr als 57 Jahren unterzeichneten Frankreich und Deutschland den Elysée-Vertrag und bekräftigten ihr Freundschaftsverständnis letztes Jahr mit dem Vertrag von Aachen. Durch Verständnis und Austausch sollen die deutsch-französischen Beziehungen vertieft bleiben. 

Weiterlesen: Die Förderung der deutsch-französischen Freundschaft ist gut für Europa – aber wir wollen mehr!

Ein paar Gesetze, die das Leben besser machen

Abschaffung der Roaming-Gebühren

Seit dem 15. Juni 2017 ist das Surfen und Telefonieren innerhalb der EU noch ein Stückchen leichter geworden. Durch die Abschaffung von Roaming-Gebühren sind mobiles Internet, Anrufe und SMS in den EU-Ländern nun zum Inlandspreis des Dienstleisters möglich. Schon zuvor wurden diese Gebühren schrittweise immer stärker von der EU gedeckelt, sodass die Zeiten, in denen ein einzelner Auslandsanruf die Monatsrechnung vervielfachte, zum Glück endgültig vorbei sind.

Weiterlesen: Roaming in der EU – wichtige Fragen und Antworten

Europäischer Datenschutz

Mit der seit Mai 2018 in Kraft getretenen ‘Europäischen Datenschutzgrundverordnung’ ist der EU ein Meilenstein bei der Verteidigung von Bürger*innenrechten gegen Konzerne gelungen. Das Gesetz setzt einheitliche Standards zum Datenschutz in der EU und nimmt darin eine weltweite Vorreiterrolle ein.

Details: DSGVO: EU-Datenschutzgrundverordnung

Ein Beispiel, wo die DSGVO konkret wirkt: Die DSGVO zeigt erste Zähne: 50-Millionen-Strafe gegen Google verhängt

Verbot einiger Einwegkunststoffartikel

Ein erster Schritt gegen die Plastikflut: 2019 wurde die Richtlinie zum EU-weiten Verbot von Einwegkunststoffartikeln beschlossen. Ab 2021 sollen Kunststoffbesteck (Gabeln, Messer, Löffel, Rühr- und Essstäbchen), Kunststoffteller, Kunststoff-Strohhalme, Wattestäbchen aus Kunststoff, Plastikballonstifte, oxodegradierbare Kunststoffe und Lebensmittelbehälter und Becher aus expandiertem Polystyrol aus unseren Supermärkten verschwinden.

Weiterlesen: EU-Einwegplastik-Richtlinie: Wichtiges Signal mit Schwächen – NABU

Nationale Umsetzung: Gesetzliche Regeln: Wie Deutschland Einwegplastik verbannen will

Transaktionen ohne zusätzliche Gebühren

Die EU garantiert, dass im europäischen Ausland keine zusätzliche Kosten anfallen: Überweisungen, Zahlungen, Abhebungen und Lastschriften an Konten in der Eurozone dürfen nicht mehr kosten als zuhause.

Weiterlesen: Zahlungen, Überweisungen und Schecks in der EU

Verbot von Antibiotika-Gebrauch an gesunden Tieren

Bereits 2005 verabschiedete das Europäische Parlament eine Verordnung, die die Verwendung von Antibiotika zur Wachstumsförderung bei Nutztieren verbot. Seitdem gab es bereits mehrere Neueinordnungen von Antibiotika, die die Vergabe weiter eindämmen sollen. 2018 wurde u.a. beschlossen, dass einige Antibiotika nur noch für den Menschen angewandt werden dürfen und importierte Ware den EU-Normen entsprechen muss. Ziel ist es, die Antibiotikaresistenz von Keimen zu unterbinden bzw. zu verlangsamen.

Weiterlesen: EU beschränkt Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren

Kennzeichnung von Nährwerten und Allergenen auf Lebensmitteln

Durch die EU-Lebensmittelinformationsverordnung Nr. 1169/2011 werden Konsument*innen über den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln und Getränken informiert. Seit 2016 können wir dadurch besser entscheiden, ob uns ein Produkt gut tut oder nicht: Es erleichtert uns, hinter der Werbung der Unternehmen den wahren Nährstoffgehalt oder mögliche allergieauslösende Bestandteile eines Produkts zu ermitteln. 

Weiterlesen: EU-Lebensmittel-Informationsverordnung: wichtige Änderungen im Überblick

Europäische Gelder, die das Leben besser machen

Europäisches Austauschprogramm Erasmus

Das europäische Erasmus-Programm ist das weltweit größte Förderprogramm von Auslandsaufenthalten an Universitäten. Es ermöglicht Studierenden, aber auch Fachkräften und Jugendlichen, an einem geförderten Austausch im europäischen Ausland teilzunehmen. Allein 2014 – ‘20 wurde das von Programm mit 14,8 Milliarden gefördert, sodass im Juni 2019 ein Meilenstein erreicht wurde: Insgesamt hatten bis dahin europaweit mehr als 10 Millionen Menschen an Erasmus+ bzw. dessen Vorgängerprogrammen teilgenommen.

Alle Möglichkeiten: Erasmus+: Startseite

Europäischer Fonds für regionale Entwicklung und Europäischer Sozialfonds

Die Fördermittel der EU unterstützen Regionen je nach struktureller Entwicklung und sorgen damit für eine Art europäischer Umverteilung. Im neuen Förderzeitraum 2021 – ‘27 soll verstärkt in ökologische und soziale Transformation investiert werden.

Weiterlesen: Kompaktinformation zur Strategie der EU-Förderung 2021-2027

Gemeinsame europäische Forschungsgelder

Im Finanzrahmen 2014-’20 standen 80 Milliarden Euro zur Förderung europäischer Forschungs- und Wissenschaftsprojekte zur Verfügung. Es ist das weltweit größte Einzelförderprogramm für Forschung und Innovation, gerade wird über den nächsten Zeitraum bis 2027 verhandelt.


Weiterlesen: EU-Forschungsförderung – zum Einstieg

Rechte und Sicherheiten, die das Leben besser machen

Europäische Menschenrechtskonvention

1950 beschloss der Europarat die Europäische Menschenrechtskonvention. Sie ist ein Katalog von Grund- und Menschenrechten, dessen Umsetzung von jedem Menschen einklagbar ist. Seine Einhaltung wird vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überwacht.

Weiterlesen: Europäische Menschenrechtskonvention 

Europäische Sozialcharta

Die Europäische Sozialcharta ist ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, das vom Europarat beschlossen und von den meisten Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Es gewährleistet die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der EU-Bürger*innen.

Weiterlesen: Europäische Sozialcharta | bpb

Gemeinsame Lebensmittelstandards

Innerhalb der EU gelten gemeinsame Lebensmittelstandards. Mit solchen Verordnungen und Richtlinien werden europaweite Mindeststandards gesichert, die nicht unterschritten werden dürfen. Die EU konzentriert sich auf die Bereiche Lebensmittelhygiene, Tier- und Pflanzengesundheit und Kontamination und Rückstände. EU-Behörden überprüfen die Einhaltung der Standards.

Weiterlesen: Food safety in the EU | Europäische Union

Arztkosten im EU-Ausland werden von der eigenen Krankenkasse erstattet

Bei einem Unfall oder Krankheit deckt die Europäische Krankenversicherungskarte die Arztkosten im EU-Ausland ab. Erstattet werden alle Leistungen, die auch im Herkunftsland erstattet werden würden. Zum EU-Ausland gehören in diesem Fall alle EU-Mitgliedstaaten, Norwegen, Liechtenstein, Island, Schweiz sowie seit 2010 Ägypten, Algerien, Andorra, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Libyen, Marokko, Mazedonien, Monaco, Montenegro, San Marino, Serbien, Syrien, Tunesien, Türkei und der Vatikanstaat.

Weiterlesen: Krank im Ausland: Arztbesuche und Klinikaufenthalte

2-Jahre-Gewährleistung für alle Produkte in der gesamten EU

Die 2-Jahres-Gewährleistung ist allgemein bekannt. Tatsächlich ist sie erst durch EU-Recht auf mindestens 2 Jahre festgelegt worden. Käufer*innen können die kostenlose Reparatur oder den Ersatz der Ware innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Wenn das nicht möglich ist, muss der Kaufpreis rückerstattet oder vermindert werden. Wenn das Produkt repariert oder ersetzt wurde, beginnt danach eine neue Gewährleistungsfrist, wiederum mit einer Dauer von zwei Jahren.

Weiterlesen: Gewährleistung des Händlers

Widerrufsrecht beim Produktkauf in der EU

Auch das 14-Tage-Widerrufsrecht ist den meisten bekannt. Seit 2014 gilt es europaweit. Dabei wurde u.a. besonders auf die Informationspflicht geachtet.

Weiterlesen: EU-Verbraucherrichtlinie verändert Onlinehandel ab 13.6.2014 | Recht

EU-Fluggastrechte in allen EU-Mitgliedstaaten

Mit der Fluggastrechte-Verordnung aus dem Jahr 2004 werden Reisenden an allen Flughäfen innerhalb der EU gleiche Rechte bei Verspätungen, Annullierungen und bei Nichtbeförderung z.B,. wegen Überbuchung, gewährt. Auch bei Flügen von außerhalb der EU gelten diese Rechte. Entscheidend ist, dass die Fluggesellschaft eine Lizenz innerhalb der EU hat.

Weiterlesen: Fluggastrechte auf einen Blick

EU-Rechte von Bahnreisenden

Bahnreisende innerhalb der EU genießen die gleichen Rechte. Diese umfassen z.B. Verspätungen oder aber auch den Ausfall von Zügen. Zudem haben die Bahnen auch eine Informationspflicht, z.B. über barrierefreie Bahnhöfe. 

Weiterlesen: Rechte von Bahnreisenden – Ihr Europa

EU-Sicherheitsnetz für Verbraucher*innenprodukte

Ein EU-Schnellwarnsystem sorgt für Datenerfassung und Informationsteilung im europäischen Markt: Täglich gehen bei der Europäischen Kommission Meldungen über gefährliche Produkte im europäischen Markt ein. Das Schnellwarnsystem RAPEX ermöglicht den schnellen Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden. Auch für Einkäufe im Internet gibt es Sicherheitsvorkehrungen, wie z.B. ein Siegel, welches die Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Produktsicherheit gewährleistet.

Weiterlesen: Safety Gate: the rapid alert system for dangerous non-food products

Reduzierung von gefährlichen Chemikalien in Produkten

Nicht nur die Gesundheit der Menschen liegt bei der REACH-Verordnung im Fokus. Auch die Reduzierung von Tierversuchen durch alternative Verfahren und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie werden berücksichtigt.


REACH garantiert eine einheitliche Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Die Verordnung garantiert zudem Auskunftsrechte über die Gefahren. Für Verbraucher*innen hat diese Verordnung großen Mehrwert, denn Chemikalien befinden sich überall im Alltag, so z.B. in Kleidung oder Elektrogeräten.

Weiterlesen: Reach Verordnung: Das bedeutet sie für dich als Konsument

Freier Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr

Freier Warenverkehr bedeutet die “Abschaffung von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen” innerhalb der EU. Dienstleistungen dürfen aufgrund des freien Dienstleistungsverkehrs vorübergehend in einem anderen EU-Mitgliedstaat erbracht werden. Mit dem Vertrag von Maastricht 2004 wurde außerdem die Beschränkung von Kapital- und Zahlungsverkehr innerhalb der EU verboten. 

Weiterlesen: Freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital (»vier Freiheiten«) | bpb

Und natürlich: Die gemeinsame Währung

Die Einführung des Euro ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor – die gemeinsame Währung erleichtert auch das Reisen in der EU enorm und lässt die Mitgliedstaaten weiter zusammenwachsen.

Weiterlesen: Ein kurzer geschichtlicher Überblick über den Euro

Weltweit sind 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Das sind die Ursachen

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR veröffentlichte am Donnerstag den Jahresbericht „Global Trend“. Es handelt sich um die wichtigste Übersicht zu Flucht und Vertreibung weltweit.

Aus dem aktuellen Bericht geht hervor, dass sich derzeit 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Das sind 8,7 Millionen mehr als im Vorjahr, mehr als doppelt so viele wie noch vor acht Jahren und drei mal so viele wie nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Etwa jeder hundertste Mensch auf der Welt befindet sich auf der Flucht. Rund 40 Prozent von ihnen sind unter 18 Jahre alt. 

46 Millionen Menschen sind Binnenvertriebene, die in anderen Regionen ihres Landes unterkommen. Die meisten Geflüchteten aus dem Ausland hat die Türkei (3,6 Millionen) aufgenommen. Gefolgt von Kolumbien (1,8 Millionen), Pakistan (1,4 Millionen) und Uganda (1,4 Millionen). In Deutschland leben laut UNHCR derzeit 1,1 Millionen Geflüchtete. Weniger als zehn Prozent aller Geflüchteten leben in Europa. 

Die meisten Geflüchteten, die sich außerhalb ihres Herkunftslandes befinden, kommen aus Syrien (6,6 Millionen), Venezuela (3,7 Millionen), Afghanistan (2,7 Millionen), dem Südsudan (2,2 Millionen) und Myanmar (1,1 Millionen). Alleine diese fünf Staaten stellen laut UNHCR 68 Prozent aller außerhalb ihres Heimatlandes lebenden Geflüchteten.

Die Fluchtursachen lassen sich grob in die vier Kategorien Krieg und Gewalt, Menschenrechte, Armut und Klimaflucht unterteilen. Zu jedem dieser Punkte habe ich hier noch kurz etwas aufgeschrieben.

Krieg und Gewalt

Krieg und Gewalt sind der Hauptgrund dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. In Syrien befindet sich nach nunmehr neun Jahren Krieg ein großer Teil der Bevölkerung auf der Flucht, während ein nachhaltiger Frieden nicht in Sicht ist. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Seid Ra’ad al-Hussein bezeichnete den Syrienkrieg im März 2017 als „die schlimmste von Menschen gemachte Katastrophe seit dem Ende des zweiten Weltkriegs.“

Die meisten syrischen Flüchtlinge befinden sich im Land selbst und in den Nachbarstaaten. Sie bleiben also in der Nähe ihrer Heimat. Die schlechten Bedingungen in den Flüchtlingslagern, die Kälte, die mangelnde Ernährung und auch die geringe Aussicht auf schnelle Rückkehr, brachte dann einige dazu, sich auch auf den Weg in die EU zu machen.

Die meisten Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland kommen aus Syrien, Afghanisten und dem Irak – also Staaten, in denen weiterhin bewaffnete Konflikte herrschen. Dabei handelt es sich um Menschen, deren Leben in ihrer Heimat bedroht ist oder die sich beispielsweise dem Militärdienst für menschenverachtende Regime entziehen. Darunter sind auch wohlhabende Menschen, die alles zurücklassen, um woanders in Frieden leben zu können.

Deutsche Unternehmen profitieren teilweise direkt von Krieg und Zerstörung. Deutschland exportiert jedes Jahr für mehrere Milliarden Euro Waffen und Rüstungsgüter, darunter auch an Diktaturen. Laut dem aktuellen Jahresbericht von SIPRI war Deutschland in den Jahren 2015 bis 2019 der viertgrößte Exporteuer von Waffen und Rüstung weltweit. Deutschland exportiert dabei auch Waffen an Staaten wie die Türkei, die deutsche Leopard-2-Panzer bei ihrem völkerrechtswidrigen Einmarsch in Syrien einsetzten. Der ehemalige deutsche Entwicklunsminister Dirk Niebel (FDP) wechselte direkt nach Amtsende als Berater zum deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall.

Armut

Rund 2,2 Milliarden Menschen haben laut Unicef keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Zahl von Menschen, die in extremer Armut leben, wird sich aufhrund der durch Corona hervorgerufenen weltweiten Wirtschaftskrise laut UNO und Weltbank um bis zu 60 Millionen erhöhen. Das Erreichen der UN-Entwicklungsziele rückt damit wieder in unnereichbare Ferne.

Das viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen, hängt auch mit unserem Wirtschaftssystem zusammen. So kommen besonders viele Menschen aus dem kleinen Gambia nach Europa und Deutschland. Dort wiederum können viele Fischer ihren Lebensunterhalt nicht mehr sichern sichern, weil die Küsten von europäischen Unternemen leer gefischt werden.

Menschenrechte

Viele Menschen leben in Staaten, die nicht frei sind und in denen sie politischer Verfolgung oder Verfolgung aufgrund ihrer Meinung oder ihrer ethnischen, religiösen, kulturellen oder sexuellen Identität ausgesetzt sind. In dutzenden Staaten wird Homosexualität kriminalisiert und in mindestens zwölf Staaten steht auf Homosexualität die Todesstrafe. In 69 Staaten steht es laut Reporter ohne Grenzen „schlecht“ oder „sehr schlecht“ um die Pressefreiheit.

Minderheiten wie Jesid*innen im Irak, Kurd*innen in der Türkei, Rohingya in Myanmar, aber auch Roma in Europa, werden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe grundlegene Menschenrechte aberkannt. Verhältnismäßig viele Geflüchtete kommen aus Eritrea, wo sie vor dem sogennanten „Militärdienst“ fliehen, der oft nichts anderes als Zwangsarbeit darstellt. Absurd ist derweil, dass mit EU-Geldern Projekte zur Fluchtursachenbekämpfung in Eritrea finanziert werden, in denen aber Zwangsarbeiter eingesetzt werden.

Klimaflucht

Durch den Klimawandel werden viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Manche, weil ihr zu Hause überflutet wird, andere, weil ihr Felder vertrocknen. Die Häufung von Naturkatastrophen führt dazu, dass noch mehr Menschen dauerhaft aus ihrer Heimat vertrieben werden.

Die Weltbank rechnet mit 140 Millionen Klimaflüchtlingen bis 2050, bei gleichbleibenden sonstigen Bedingungen. Die IOM schätzte bereits im Jahr 2008 die Anzahl der Klimaflüchtlinge 2050 auf bis zu 200 Millionen. Und selbst, wenn die Begrenzung der Erderwärmung auf „nur“ zwei Grad gelingt, schätzt der Klimarat IPCC, dass es zu 280 Millionen Klimaflüchtlinge bis zum Jahr 2100 kommt.

Im Januar 2020 hat der Menschenrechtsausschuss der UN erstmals festgestellt, dass die Klimakrise ein Asylgrund sein kann und Menschen nicht abgeschoben werden dürfen, wenn ihnen klimabedingt Gefahr droht. Bisher erkennen in der Regel weder internationale noch nationale Asylregeln Klimawandel als Fluchtgrund an.

Die am stärksten betroffenen Länder gehören zu den ärmsten der Welt. Eine positive Entwicklung wird für die Menschen dort kaum möglich sein, wenn die Klimakatastrophe sie am stärksten trifft. Daraus entsteht in der Folge Instabilität, welche weitere Fluchtursachen herbeiführen kann und es somit zu weiteren indirekten Klimaflüchtlingen kommt. So leiden gerade instabile Regionen auch unter Wassermangel, was zu weiteren Konflikten führt, weswegen noch mehr Menschen fliehen.

Unverheiratete Paare müssen sich auch in Zeiten der Pandemie sehen dürfen!

Durch die Reisebeschränkungen können sich viele Paare seit Pandemiebeginn nicht treffen. Was für eine Qual in dieser schweren Zeit. Ich habe Innenminister Horst Seehofer mit vielen anderen Abgeordneten aus dem Europäischen Parlament gebeten, endlich eine Lösung zu finden.

In Dänemark gibt es bereits Lösungen, andere EU-Länder könnten die gleichen Regelungen anwenden. Zumal die Betroffenen Kosten tragen und in Quarantäne gehen würden.

Den gesamten Brief findet ihr unter diesem Link.

Foto: Petar Milošević (Wikimedia Commons)

Geschlossene Grenzen helfen nicht gegen die Pandemie

In dem Papier Schengen Schützen erklären wir, die Greens/EFA Fraktion im europäischen Parlament, warum die Kontrollen an Europas Binnengrenzen falsch sind.

Sie gefährden die Möglichkeit, in einem gemeinsamen Raum ohne Grenzkontrollen zu reisen und zusammenzuleben. Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen trennen Familien und Freunde, sie schaffen Grenzen zwischen lange integrierten Regionen und Nachbarschaften und untergraben die Entwicklung neuer regionaler Zusammenarbeit. Sie schränken unsere Freiheit fühlbar ein. 

Kontrollen an den Binnengrenzen gegen die Corona-Pandemie sind zudem unwirksam und rechtswidrig. Sie tragen nicht dazu bei, die Verbreitung des Virus zu verhindern, schaden der Wirtschaft und dem Familienleben in Grenzregionen.

Keine schnelle Rückkehr zur Normalität

Unsere Forderung nach dem Schutz der Reisefreiheit im Schengenraum ist keine Forderung nach einer „Rückkehr zur Normalität“. Eindämmungsmaßnahmen gegen Corona sind nach wie vor notwendig, wenn die Infektionsraten hoch sind. ein Plädoyer gegen zukünftige Grenzschließungen ist keine Forderung nach Rückkehr zur Normalität. Solange kein Impfstoff verfügbar ist, werden wir uns einschränken und vorsichtig sein müssen. Wir müssen Masken tragen, Hände waschen, Abstand halten und Massenzusammenkünfte vermeiden. 

Der derzeitige Fokus auf Grenzkontrollen lenkt aber von echten Lösungen ab. Es gibt andere Maßnahmen, die im Gegensatz zu Grenzkontrollen wirksam die Ausbreitung des Virus verhindern können. Umso ungerechtfertigter ist es, die Errungenschaften des Schengenraums aufs Spiel zu setzen.

Zum 35. Jubiläum von Schengen habe ich einen Gastbeitrag im Tagesspiegel geschrieben. Der Titel lautet „Die schönsten Grenzen sind offen.“ Es ist erfreulich, dass die meisten Binnengrenzen seit heute wieder offen sind. Wir sollten und aber davor hüten, die Grenzen bei einer zweiten Welle wieder dicht zu machen. Sonst riskieren wir die wohl wichtigste Errungenschaft der EU. Dass wir uns in weiten Teilen dieses Kontinents frei bewegen und uns niederlassen können, wo auch immer wir wollen.  wir uns in weiten Teilen dieses Kontinents frei bewegen und uns niederlassen können, wo auch immer wir wollen. 

Europa darf die Seenotrettung nicht an Libyen auslagern

Das Gutachten “Places of Safety in the Mediterranean: The EU’s Policy of Outsourcing Responsibility“ der Heinrich Böll Stiftung zeigt auf, dass die nordafrikanischen Mittelmeeranrainerstaaten nicht als „sichere Häfen“ betrachtet werden können und dass die EU die Seenotrettung daher nicht an diese Staaten auslagern kann. Dies gilt vor allem für das Bürgerkriegsland Libyen.

Seit 2014 sind über 20.000 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken. Die Mitgliedsstaaten der EU schaffen es nicht, sich auf ein gemeinsames Programm zur Seenotrettung zu einigen und akzeptieren den Tod dieser Menschen, damit so wenige von ihnen wie möglich Europa erreichen. Sie kooperieren mit kriminellen Milizen in Libyen und nehmen bewusst Grundrechtsverletzungen in Kauf. Manche Politiker*innen schlagen sogar vor, die Geflüchteten direkt nach Nordafrika, auch ins libysche Kriegsgebiet, abzuschieben.

Vor diesem Hintergrund hat diese Studie wichtige politische Implikationen. Sie stellt fest, dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten sich ihrer Verantwortung zur Rettung von Menschen im Mittelmeer nicht entziehen können.

Italien und Malta dürfen Häfen nicht schließen

Die Politik von EU-Staaten wie Italien und Malta, ihre Häfen zu schließen und NGO-Schiffen den Zugang zu ihren Häfen zu verweigern, kostet Menschen das Leben und ist ebenso illegal wie die Verlagerung der Rettung auf Libyen.

Die Mitgliedsstaaten und die EU müssen Geflüchtete und Migrant*innen retten und in europäische Häfen bringen. Nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aus rechtlichen. Ihre Häfen müssen für Rettungsschiffe offenbleiben.

Tödlichste Route der Welt

Die Route von Libyen nach Europa ist die tödlichste Migrationsroute der Welt. Der Hauptgrund hierfür ist, dass die EU ihre Rettungsaktivitäten im Mittelmeer eingestellt hat. Die Marineoperation Sophia, die mehr als 40.000 Migrant*innen und Geflüchteten das Leben rettete, beendete den Einsatz. Es gibt derzeit kein einziges staatliches Rettungsschiff im Mittelmeer.

Zivile Organisationen, die versuchen, diese Lücke zu schließen, werden häufig behindert, strafrechtlich verfolgt oder ihre Schiffe werden beschlagnahmt. Indem Europa jegliche Seenotrettung einstellt und auch aktiv die NGOs daran hindert, Leben zu retten, ist sie für den Tod von tausenden Menschen im Mittelmeer mitverantwortlich.

Diese Studie macht deutlich, dass sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen können, dass sie die Seenotrettung an Libyen oder andere nordafrikanische Mittelmeeranrainer auslagern.

Libyen und andere Staaten in Nordafrika sind keine sicheren Häfen

Libyen ist einer der unsichersten und gefährlichsten Orte für Geflüchtete weltweit. Von der libyschen Küstenwache abgefangene Personen werden in Lager gebracht, in denen sie unmenschlichen Bedingungen, Folter, Vergewaltigung, Ausbeutung und sogar willkürlichen Tötungen ausgesetzt sind.

Die derzeitige europäische Politik, diese libysche Küstenwache zu unterstützen und sie zum Türsteher Europas zu machen, ist zutiefst unmenschlich und verstößt gegen das Völkerrecht. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben die Pflicht, die Menschen an einen sicheren Ort zu bringen, an dem ihr Leben und ihre Sicherheit nicht bedroht sind und wo sie vor Verfolgung sicher sind. 

Die Studie belegt, dass es diese sicheren Häfen nur in Europa gibt. Daraus ergeben sich folgende sieben konkreten politische Forderungen:

1. Wir brauchen eine europäische Seenotrettungsmission!

Die Mitgliedsstaaten müssen proaktiv Seenotrettungseinsätze betreiben und dafür Schiffe und Ressourcen zur Verfügung stellen. Die Europäische Kommission muss diese koordinieren und finanzielle Unterstützung für die Mitgliedsstaaten leisten, damit diese ihre Möglichkeiten verbessern, Menschenleben auf See zu retten. 

2. Die Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache muss beendet werden

Europa darf sich seinen Verpflichtungen in der Seenotrettung nicht dadurch entziehen, dass es die Verantwortung auf ein Land abwälzt, dass unter keinen Umständen als sicherer Ort betrachtet werden kann. Die EU muss die Zusammenarbeit mit Libyen einstellen. Statt die libysche Küstenwache zu finanzieren, die auch ein Zusammenschluss von Warlords ist, sollte die EU in ihre eigenen Kapazitäten zur Seenotrettung investieren.

3. Menschen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, müssen nach Europa gebracht werden

Die Studie belegt, dass keiner der nordafrikanischen Mittelmeeranrainer generell als sicherer Hafen eingestuft werden kann. Für gefährdete Gruppen wie LGBTI oder andere Minderheiten sind diese Staaten nicht sicher. Da es an Bord der Rettungsschiffe nicht durchführbar ist, festzustellen, welche Territorien für die Menschen sicher wären und welche nicht, kann sich Europa seiner Verantwortung nicht entziehen und muss die Menschen in sichere Häfen nach Europa bringen. Dies gilt auch für NGO-Schiffe. Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar.

4. Die Kriminalisierung und Einschüchterung der NGOs muss enden

Schiffskapitän*innen und Besatzungsmitglieder dürfen für die Rettung von Personen in Seenot nicht strafrechtlich verfolgt werden. Diese Menschen sind Lebensretter*innen, keine Kriminellen. Die Europäische Kommission muss beschließen, dass humanitäre Hilfe nicht von den Mitgliedsstaaten kriminalisiert werden darf.

5. Die EU muss eng mit den NGOs zusammenarbeiten

Zivile Organisationen können die Mitgliedsstaaten nicht von ihrer Pflicht befreien, selbst Menschen in Seenot zu retten. Doch sie können dabei helfen, Leben zu retten. Die EU sollte die NGOs bei der Rettung unterstützen, indem sie ihre Häfen für sie öffnet, die Registrierung von Schiffen zur Seenotrettung vereinfacht und sie über Notfälle informiert.

6. Europa braucht einen zuverlässigen Umverteilungsmechanismus

Die EU-Kommission muss eine solidarische und humanitäre Alternative des Dublin-Systems entwickeln, in dem die Rechte und Wünsche der Geflüchteten beachtet werden. Eine hohe Solidarität und Aufnahmebereitschaft müssen auch finanziell gefördert werden. Dabei sollte vor allem auch die Bereitschaft von Kommunen und Regionen berücksichtigt und mit EU-Mitteln gefördert werden.

7. Die EU muss aufhören, Entwicklungsgelder für Migrationsabwehr zu missbrauchen 

Die EU unterstützt die libysche Küstenwache über den EU-Treuhandfonds für Afrika. Das ist ein Missbrauch von Geldern, die eigentlich der Entwicklungszusammenarbeit dienen. Das Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist die Bekämpfung von Armut, nicht die Bekämpfung von Migration. Allgemein muss viel transparenter gemacht werden, wofür EU-Gelder in Drittländern verwendet werden.

Anfrage: Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze

Um als Europaabgeordneter meine parlamentarische Kontrollfunktion ausüben zu können, habe ich die Möglichkeit, Anfragen an die EU-Kommission stellen. Die Kommission muss diese Fragen beantworten.
Am 23.03.2020 habe ich von der Kommission Antworten auf folgende Fragen bekommen:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-004588/2019 an die Kommission

Betrifft: Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze

Am 12. Dezember 2019 veröffentlichte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Video, das illegale Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze in der Region Evros dokumentiert [1] . Dieses Video stellt den bislang eindeutigsten Beweis für die Durchführung derartiger Zurückweisungen dar. Der griechischen Regierung wurde wiederholt vorgeworfen, Asylsuchende auf illegale Weise wieder in die Türkei verbracht zu haben. In einem Bericht vom November 2018 brachte die Kommissarin für Menschenrechte des Europarats ihre tiefe Besorgnis über anhaltende und dokumentierte Vorwürfe von Sammelabschiebungen in die Türkei zum Ausdruck. Regierungsunabhängige Organisationen haben eine Vielzahl von Aussagen von Personen veröffentlicht, die in der Region Evros abgeschoben wurden. Beim UNHCR gehen weiterhin zahlreiche glaubwürdige Berichte über mutmaßliche Zurückweisungen ein. Obwohl sich dokumentierte Zurückweisungen an der griechisch-türkischen Landgrenze häufen, weisen die griechischen Behörden die Vorwürfe zurück.

  1. Derartige Zurückweisungen stellen einen rechtswidrigen Verstoß gegen die Genfer Konvention, die Charta der Grundrechte der EU und das europäische Asylrecht dar. Was hat die Kommission bislang unternommen, um derartige Verstöße an der griechisch-türkischen Grenze zu verhindern?
  2. Wird die Kommission das vom Nachrichtenmagazin Der Spiegel veröffentlichte Video als handfesten Beweis für die Zurückweisungen berücksichtigen?
  3. Erwägt die Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, da die griechischen Behörden offenbar nicht die Absicht haben, eine ordnungsgemäße Untersuchung durchzuführen?
[1]     https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-videos-zeigen-mutmasslich-illegale-abschiebung-von-migranten-a-1300891.html

E-004588/2019
Antwort von Kommissarin Ylva Johansson
im Namen der Europäischen Kommission:

Gemäß Artikel 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie nach Maßgabe des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleistet.

Drittstaatsangehörigen, die bei ihrer Ankunft an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen und keinen Asylantrag stellen, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten, kann von den EU-Mitgliedstaaten die Einreise verweigert werden. Hierbei gelten jedoch die Modalitäten und Bedingungen des Schengener Grenzkodexes[1] sowie der Grundsatz der Nichtzurückweisung. Darüber hinaus muss die Rückführung irregulärer Migranten durch die nationalen Behörden auf der Grundlage individueller Rückkehrentscheidungen und unter uneingeschränkter Achtung des EU-Rechts und des Völkerrechts erfolgen. Gemäß Artikel 19 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind Kollektivausweisungen nicht zulässig.

Der Kommission sind Vorwürfe über Zurückweisungen von Griechenland in die Türkei bekannt. Im November 2019 hatte sich die Generaldirektorin der Generaldirektion Migration und Inneres in einem Schreiben an die griechischen Behörden gewandt und um aktuelle Informationen über den Stand der laufenden Untersuchungen, u. a. durch den griechischen Bürgerbeauftragten, sowie über andere allgemeine Maßnahmen seitens der griechischen Behörden gebeten. Die Kommission beobachtet die Lage genau.


[1] Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen.

Anfrage: Verwendung der EU-Hilfe für Griechenland und Italien im Asylbereich

Um als Europaabgeordneter meine parlamentarische Kontrollfunktion ausüben zu können, habe ich die Möglichkeit, Anfragen an die EU-Kommission stellen. Die Kommission muss diese Fragen beantworten.
Am 04.03.2020 habe ich von der Kommission Antworten auf folgende Fragen bekommen:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-004414/2019 an die Kommission

Betrifft: Fragen zur Verwendung der EU-Hilfe für Griechenland und Italien im Asylbereich im Anschluss an den Bericht Nr. 24/2019 des Europäischen Rechnungshofs

In seinem Prüfungsbericht vom 13. November 2019 über die Unterstützung der Europäischen Union für Griechenland und Italien im Asylbereich wies der Europäische Rechnungshof auf eine erhebliche Diskrepanz zwischen den angegebenen Zielen und den erzielten Ergebnissen hin, insbesondere in Bezug auf dringende Umsiedlungen und langwierige Asylverfahren Die von der EU bereitgestellten Mittel scheinen unangemessen verteilt zu sein, was zu menschenunwürdigen Lebensbedingungen in den Hotspots führt

  1. Wie erklärt die Kommission die Diskrepanzen zwischen Zielen und Ergebnissen und wie beabsichtigt sie, hier Abhilfe zu schaffen?
  2. Wie erklärt sie, warum Frontex-Bedienstete in unterbesetzte Hotspots entsandt werden, während es anderen in erheblichem Umfang an Ressourcen mangelt, und wie erklärt sie, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) unterbesetzt ist, während Frontex über genügend Personal verfügt oder sogar überbesetzt ist?
  3. Trotz ihres Mandats als Mitglied des Europäischen Parlaments wurde mehreren Abgeordneten der Zugang zu den griechischen Hotspots verwehrt, obwohl diese aus dem EU-Haushalt finanziert wurden, für den das Parlament zuständig ist. Wie erklärt die Kommission, warum es den Mitgliedern des Europäischen Parlaments nicht möglich ist, die Situation vor Ort und die Verwendung von EU-Mitteln festzustellen, und was wird sie vorschlagen, damit alle Mitglieder des Europäischen Parlaments Zugang zu allen Aufnahmeeinrichtungen haben, die EU-Mittel erhalten?

E-004414/2019 (04.03.2020)
Antwort von Kommissarin Ylva Johansson
im Namen der Europäischen Kommission:

Die Kommission kann den Schlussfolgerungen der Damen und Herren Abgeordneten zum Bericht Nr. 24/2019 des Europäischen Rechnungshofs vom 13. November 2019 nicht zustimmen und verweist auf ihre schriftliche Stellungnahme zu einzelnen Punkten des Berichts[1].

Während das Management der Außengrenzen und der Asylverfahren in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, war und ist die Unterstützung der Kommission und der EU-Agenturen seit 2015 von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung der Migrationssteuerung in Griechenland und Italien.

Wie in der Antwort der Kommission dargelegt, hat das Hotspot-Konzept dazu beigetragen, die Registrierung, Identifizierung und Sicherheitsüberprüfung der Migranten unter schwierigsten und sich ständig ändernden Umständen zu verbessern. Die Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien (unter Beteiligung von 25 Mitgliedstaaten), in deren Rahmen nahezu 100 % der für eine Umsiedlung in Betracht kommenden und registrierten Personen umgesiedelt wurden, war ein Zeichen europäischer Solidarität[2].

Die Kommission ist nun für die Bereitstellung operativer und finanzieller Unterstützung der unter Druck stehenden Mitgliedstaaten besser gerüstet und hat Griechenland und Italien in beispielloser Weise unterstützt[3].

Die Kommission schließt sich den Empfehlungen des EuRH in seinem Bericht an und arbeitet bereits an ihrer Umsetzung.

Mit der Entsendung von Beamten der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) unterstützt die Kommission eine flexible Kombination aus ständigen und mobilen Teams, damit Ausschiffungen effizient abgedeckt werden können[4]. Das Personal des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) wird seit 2015 erheblich verstärkt und in den kommenden Jahren auf bis zu 500 Mitarbeiter aufgestockt, sofern die Agentur gemäß der vorgeschlagenen Verordnung über die Asylagentur vergrößert wird[5].

[1] Sonderbericht Nr. 24/2019: Zeit für raschere Maßnahmen zur Beseitigung der Unterschiede zwischen Zielen und Ergebnissen siehe die Antwort der Kommission, veröffentlicht auf der Website des Rechnungshofs unter https://www.eca.europa.eu/de/Pages/DocItem.aspx?did=52087.
[2] Siehe Antwort der Kommission, S. 10 ff.
[3] Siehe https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/201909_managing-migration-eu-financial-support-to-greece_en.pdf und https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/201905_managing-migration-eu-financial-support-to-italy_en.pdf.
[4] Siehe Antwort der Kommission, S. 3 f.
[5] Siehe auch EASO-Pressemitteilung vom 7. Januar 2020: https://www.easo.europa.eu/news-events/easo-operations-double-size-year.  

Pushbacks in Spanien: EGMR fällt realitätsfernes Urteil

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Abschiebung zweier Flüchtlinge ohne Asylverfahren als rechtmäßig eingestuft. Mit diesem Urteil hatte kaum jemand gerechnet, denn die Kleine Kammer des EGMR hatte 2017 völlig anders entschieden.

Die Große Kammer des EGMR behauptet in der Urteilsbegründung, dass es legale Alternativen zum gewaltvollen, illegalen Grenzübertritt gäbe, die es in der Realität für Subsahara-Afrikaner*innen aber gar nicht gibt. Das Überwinden der Grenzanlagen ist real die einzige Möglichkeit, um Zugang zum spanischen Asylsystem zu bekommen.

Das ist der Großen Kammer des EGMR wohl auch zumindest in Teilen bewusst gewesen, weswegen sie argumentierten, dass der Zugang zu den legalen Wegen von Marokko, nicht von Spanien eingeschränkt wird. Dadurch könne Spanien dafür nicht verurteilt werden. Auch das verwundert, da beispielsweise das UNHCR im Verfahren detailliert dargestellt hat, dass es spanischen Einfluss auf diese Rückweisungspraxis in Marokko gibt.

Auch ein anderer Teil des Urteils führt zu Unverständnis bei Fachjurist*innen: Die Richter argumentieren, dass sich die Antragsteller selbst in eine unrechtmäßige Lage gebracht hätten, da sie die Größe ihrer Gruppe und Gewalt genutzt hätten, um die Grenze zu überwinden. Das führe dazu, dass sie keinen Anspruch mehr auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren in Spanien hätten.
In Verbindung mit dem Verweis auf legale Zugangswege, entrechtet das die Antragsteller unabhängig von ihren Asylgründen grundlegend.

Auch von Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und in Kommentaren gibt es Kritik am Urteil: „Das Urteil argumentiert mit einer Realität, die es nicht gibt“, schreibt Tim Röhn in der Welt und bezeichnet das als „Armutszeugnis der Straßburger Richter“. In der „Süddeutschen Zeitung“ bezeichnet Wolfgang Janisch es als „weltfremd“.

Das Urteil ist jedoch kein Freibrief für die sogenannten Pushbacks. Die Kammer entschied nicht pauschal, dass illegale Grenzübertritte dazu führen, dass keine Asylanträge mehr gestellt werden dürfen. Vielmehr verwies es mehrmals auf den gewalttätigen Übertritt und die Gruppengröße der Antragsteller, die sie nutzten, um sich Zugang zum spanischen Territorium zu verschaffen.Solch eine Situation ist beispielsweise an der grünen kroatisch-bosnischen Grenze nicht gegeben, da es dort weder Gewalt noch Gruppengröße braucht, um auf das kroatische Territorium zu kommen. Außerdem bezieht sich das Urteil auf das Grenzgebiet. In Slowenien oder Kroatien halten sich die Menschen oft schon tagelang im Hoheitsgebiet auf, bevor sie ohne Zugang zu rechtsstaatlichen Verfahren wieder nach Bosnien gebracht werden.Der legale Zugang zu Asylverfahren existiert an vielen EU-Grenzen nicht einmal theoretisch, wodurch das Urteil auch dort so nicht anwendbar ist. An der türkisch-griechischen Grenze handelt es sich in vielen Fällen um eine Seegrenze. Darauf ist das Urteil nicht anwendbar, vielmehr greift hier das bekannte Hirsi-Urteil (Info dazu auf Migrationsrecht.net). Außerdem fliehen viele Menschen direkt aus der Türkei. Für einen illegalen Grenzübertritt sollen Geflüchtete nach § 31 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht bestraft werden, wenn ihnen im Nachbarland direkte Gefahr droht.

Aber auch das letzte Wort zu den Pushbacks an der spanischen Außengrenze ist noch nicht gesprochen. Beim spanischen Verfassungsgericht ist noch ein Fall anhängig, der durchaus anders entschieden werden könnte und der bis zur EGMR-Entscheidung ausgesetzt worden war.

Eventuell ist die EGMR-Entscheidung aber auch im Kontext eines weiteren anhängigen Verfahrens zu humanitären Visa (LINK) zu sehen: Wenn das Gericht die reale Existenz der legalen Zugänge zu Asylverfahren jetzt stark hervorhebt, könnte das auch dazu führen, dass der EGMR einen Anspruch auf Zugang zu humanitäre Visa in bestimmten Fällen einfordert. Das Urteil wird voraussichtlich auch im ersten Halbjahr 2020 fallen.

Das Urteil ist dennoch besorgniserregend, da es viele Menschen auf den noch gefährlicheren Weg über das Wasser nach Europa treiben könnte. Außerdem könnten Staaten wie Kroatien und Griechenland das Urteil bewusst fehlinterpretieren und ihre Pushbackpraxis ausweiten.


Dabei sollten Europäische Staaten dem Urteil eigentlich dahingehend gerecht werden, dass sie endlich legale reale Zugangswege zu rechtsstaatlichen Asylverfahren an Grenzübergängen und zu humanitären Visa in Botschaften öffnen.

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