Blätter: „Die deutsche Schande von Kabul“

Dieser Text erschien in den Blättern für deutsche und Internationale Politik (November 2021) und ihr findet ihn auch unter diesem Link.

Nur einen Tag vor dem Fall Kabuls soll der damalige afghanische Präsident Ashraf Ghani gegenüber US-Außenminister Antony Blinken erklärt haben, er werde „bis in den Tod kämpfen“.[1] Doch als die Taliban am 15. August – und damit deutlich früher als erwartet – die Macht in der afghanischen Hauptstadt übernahmen, ergriff Ghani die Flucht. Er konnte nach Tadschikistan fliegen und von dort aus in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen, wo ihm schnell und unbürokratisch politisches Asyl gewährt wurde. Ashraf Ghani gehört damit zu einer kleinen Schicht privilegierter Afghanen und Afghaninnen mit genug Geld und Verbindungen, um sich rasch in Sicherheit zu bringen. Die meisten Menschen in Afghanistan genießen diese Privilegien jedoch nicht. Nach der Machtübernahme der Taliban versuchten daher Tausende, auf den Kabuler Flughafen zu gelangen. Dort hofften sie, eine Evakuierungsmaschine zu erreichen, die sie außer Landes fliegen würde. Ihre Angst vor den neuen Machthabern war so groß, dass sich Menschen sogar an startende Flugzeuge klammerten. Einige von ihnen stürzten bei diesem verzweifelten Fluchtversuch in den Tod.

In jenen Tagen verwandelte sich der Flughafen von Kabul in einen Ort der Hoffnung und des Schreckens: Während zehntausende Menschen gerade noch evakuiert werden konnten – vor allem in die USA –, verloren am 26. August 180 Menschen bei einem Bombenanschlag der Terrormiliz „Islamischer Staat“ ihr Leben. Als Mitte August deutlich wurde, dass Afghanistan bald komplett an die Taliban fallen würde, entschied ich mich mit einigen anderen, nicht einfach tatenlos zuzusehen. Ich habe Afghanistan im Jahr 2016 als Fotograf besucht und dort viele Menschen kennengelernt, von denen einige nun gefährdet sind. Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments bin ich zwar Teil der Delegation für die Beziehungen zu Afghanistan und arbeite auch in meinen Ausschüssen an Themen, die einen Bezug zum Land haben, aber in dieser Rolle kann man nicht direkt bei der Evakuierung von Menschen helfen. Daher haben wir einen zivilgesellschaftlichen Weg gewählt: Gemeinsam mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus der Seenotrettung und dem Journalismus gründeten wir die „Kabul Luftbrücke“ und arbeiten seither daran, Menschen aus Afghanistan zu evakuieren.

Schon bei einer ersten Rettungsaktion in der Nacht vom 25. auf den 26. August mit einem gecharterten Flugzeug konnten wir 18 Menschen vom Flughafen Kabul retten – und das, obwohl Teile des Auswärtigen Amts den Erfolg unserer Mission verhindern wollten. Zwischenzeitlich sollten die 18 afghanischen Ortskräfte der Portugiesen wieder das Flugzeug verlassen – auf deutsche Anweisung. Der verantwortliche Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in Kabul stand direkt auf dem Flughafen neben der Crew, aber weigerte sich mit ihnen zu reden. Nach einem stundenlangen Thriller gelang es uns, die schutzsuchenden Menschen doch noch auszufliegen.[2] Eine nachvollziehbare Begründung des Auswärtigen Amts für die Behinderung unserer Mission, haben wir bis zum heutigen Tag nicht erhalten. Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe November 2021. Klicken Sie hier, um zur Inhaltsübersicht dieser Ausgabe zu gelangen.

Nachdem die Bundesregierung am 26. August die Evakuierung in Kabul abgebrochen hatte, konnten wir weitere 189 Menschen in den Flughafen und von dort aus in Sicherheit bringen.[3] Seither haben wir es immer wieder geschafft, Schutzsuchende, aber auch deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger aus dem Land zu evakuieren, inzwischen sind es mehr als 400 Personen.[4]

Verschleppte Verfahren

Bei der „Kabul Luftbrücke“ erleben wir täglich, wie die Rettung von Menschen verhindert wird, weil Verfahren aus bürokratischen Gründen verschleppt werden oder niemand zuständig sein möchte. Das hat fatale Folgen: Mehrere Menschen, die auf deutschen Evakuierungslisten stehen, wurden bereits von den Taliban hingerichtet.[5] Obwohl deutsche Stellen öffentlich behauptet haben, dass alle diese Menschen ausgeflogen werden sollen, wurde ihre Rettung praktisch verhindert: Listen wurden nicht weitergeleitet, Busse konnten nicht bezahlt werden, Flugkapazitäten wurden nicht ausgeweitet und die Abstimmung verschiedener Behörden lief so schlecht, dass wir in zahlreichen Gesprächen Informationen von einem ins andere Ministerium tragen mussten.

Statt funktionierende technische Lösungen zu suchen, haben dutzende Beamte wochenlang Daten von E-Mails in Exceltabellen kopiert, in denen am Ende wohl niemand mehr so richtig durchsieht. Und der Transport der erwähnten 189 Personen, die wir in den Flughafen Kabul bringen wollten, war erst erfolgreich, als die Bundeswehr bereits abgezogen war.

Solche Evakuierungen mit der „Kabul Luftbrücke“ zeigen, dass die Bundesregierung mit dem entsprechenden politischen Willen viel mehr Menschen hätte retten können. Doch stattdessen entschied sie sich, die Evakuierung abzubrechen. Wie diese Verschleppung durch deutsche Behörden funktioniert, zeigt sich auch an der Familienzusammenführung: 4000 Menschen aus Afghanistan stehen laut Recherchen des Magazins „Panorama” und nach Auskunft des Auswärtigen Amts seit bis zu zwei Jahren auf der Warteliste für einen Termin, um überhaupt die benötigten Unterlagen einreichen zu können.[6] Aufgrund dieser Verzögerungstaktik sind viele Menschen nun unter Taliban-Herrschaft geraten, obwohl sie das Recht auf eine Familienzusammenführung in Deutschland haben. Inzwischen landen auch regelrecht absurde Fälle in unseren Postfächern: So bekam ein allein reisender 10jähriger Junge im afghanischen Herat die Nachricht, dass er nun nach Deutschland evakuiert werden könnte. Er müsse dazu allerdings zur deutschen Botschaft ins Nachbarland Pakistan gehen. Dass die Grenzen geschlossen sind und man dort nicht hinkommt, sagte ihm jedoch niemand.

All dies lässt sich nicht einfach mit dem plötzlichen Vormarsch der Taliban erklären – auch wenn Bundesregierung und Auswärtiges Amt genau das behaupten. Demnach habe der Siegeszug der Islamisten sie völlig überrascht. Erst mit der Evakuierung der US-Botschaft am 15. August wollen die zuständigen Stellen bemerkt haben, dass auch sie jetzt schnell evakuieren müssen, weil sie den besonders gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt, die Green Zone, nicht ohne US-Unterstützung halten konnten. Gegen diese Behauptung spricht allerdings ein Bericht des „Spiegel“, demzufolge die deutsche Botschafterin in den USA, Emily Haber, die Bundesregierung bereits neun Tage vor dem Einmarsch der Taliban in Kabul vor einem schnellen Fall der Hauptstadt gewarnt hatte. Die Botschafterin habe das Auswärtige Amt gebeten, umgehend Notfallpläne für die Botschaft in Afghanistan auszuarbeiten.[7]

Das Auswärtige Amt war also informiert, unternahm aber tagelang nichts, um eine schnellere Evakuierung des Botschaftspersonals, von deutschen Staatsbürgerinnen, afghanischen Ortskräften und anderen Menschen, die Anspruch auf Hilfe hatten, zu gewährleisten. Viele Menschen hätten nach der Warnung der Botschafterin noch mit Charterflügen außer Landes gebracht werden können. Doch nichts geschah.

Die alleingelassenen Ortskräfte

Dabei hat allerdings nicht nur das Außenministerium versagt. Vielmehr spielten bei all diesen Entscheidungen auch innenpolitische Erwägungen eine große Rolle. Erhebliche Verantwortung lastet dabei auch auf den Schultern von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Bereits im Juni hatte ihn die Innenministerkonferenz dazu aufgefordert, die rasche Aufnahme von Ortskräften in die Wege zu leiten. Doch wie interne Dokumente, die dem „Tagesspiegel“ vorliegen, belegen, hat Seehofer blockiert und mit bürokratischen Hürden versucht, die Rettung von Menschen zu verzögern.[8]

Eine Methode, die Zahl der zu evakuierenden Menschen aus Afghanistan möglichst niedrig zu halten, bestand darin, die Definition der Ortskräfte so eng zu fassen, dass nur noch sehr wenige Menschen darunterfallen. Laut Auswärtigen Amt umfasst der Begriff Ortskräfte nun „ehemalige Beschäftigte des Auswärtigen Amts (Botschaft Kabul und Generalkonsulat Mazar-i Scharif), der Bundeswehr, der Bundespolizei, oder Agenturen der Entwicklungszusammenarbeit, sofern das Beschäftigungsverhältnis nicht bereits vor 2013 endete.”[9] Vor der Innenministerkonferenz im badischen Rust im Juni 2021 war die Definition sogar auf jene Menschen beschränkt, deren Verträge nicht vor 2019 geendet hatten. Wenn die Taliban aber Menschen jagen, weil diese mit ihren Feinden kooperiert haben, dann ist es für sie kein Kriterium, zu welchem Zeitpunkt diese beschäftigt waren. Die Taliban kämen nicht auf den Gedanken, einen Stichtag auf den 31. Dezember 2012 festzulegen und all jene zu verschonen, die davor für die Bundeswehr gearbeitet haben. Der Einsatz dauerte zwanzig Jahre, also sollten auch alle Menschen, die in diesem Zeitraum für die Deutschen gearbeitet haben, als Ortskräfte anerkannt werden.

Für die Taliban ist es auch irrelevant, ob die Menschen direkt bei ihrem Feind angestellt waren oder ihre Dienstleistungen über einen Drittanbieter zur Verfügung stellten. Wie der „Spiegel“ umfangreich recherchierte, wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr in Afghanistan jedoch systematisch in Subunternehmen gedrängt, damit sie später keine Aufnahme in Deutschland finden.[10] Sie wurden bewusst „outgesourct“, damit der deutsche Staat nicht die Verantwortung für ihr Leben und ihre Sicherheit übernehmen muss.

Dass es den deutschen Behörden vor allem um die Begrenzung der Zahl der Evakuierungsberechtigten geht, und weniger um die Sicherheit der Ortskräfte, zeigt sich auch an den vielen E-Mails, die mich seit dem Fall Kabuls erreichen. Hundertfach melden sich Menschen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, aber am Ortskräfteverfahren scheitern. Unter ihnen finden sich auch die Fluglotsen aus Mazar-e-Sharif, die seit 2012 Verträge mit der Bundeswehr hatten. Sie organisierten den Abzug der deutschen Soldatinnen und Soldaten mit. Aber als der letzte Flieger abhob, wurden sie einfach zurückgelassen. Auch Bundeswehrsoldaten setzen sich mittlerweile dafür ein, dass diese Menschen nach Deutschland evakuiert werden, doch da sie nur mit Werkverträgen beschäftigt waren, werden ihre Anträge bislang abgelehnt.

Doch die Bundesregierung hintertrieb nicht nur die Aufnahme von Menschen, sondern versuchte auch, so lange wie möglich an ihrer Abschiebepraxis festzuhalten. Schon am 12. Juli hatte ich in meiner Funktion als Europaabgeordneter einen offenen Brief an Bundesaußenminister Heiko Maas gesandt, in dem ich darum bat, den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan an die neuen Erkenntnisse und Entwicklungen anzupassen.[11] Denn der Bericht bildete nicht die zu diesem Zeitpunkt aktuelle und sich bereits rapide verschlechternde Lage ab, sondern diente vor allem dazu, weiterhin Menschen aus Deutschland nach Afghanistan abschieben zu können. Dabei hatten die Taliban schon damals große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Längst war absehbar, dass sie in naher Zukunft in Kabul einmarschieren würden.

Erst kurz zuvor war bekannt geworden, dass bereits am 21. Juni ein im Februar aus Deutschland abgeschobener Afghane durch eine Handgranate getötet worden war.[12] Auch die damalige afghanische Regierung bat darum, die Abschiebungen aufgrund der Sicherheitslage vorerst auszusetzen.[13] Trotzdem führte die Bundesregierung weiterhin Sammelabschiebungen nach Afghanistan durch. Erst am 11. August, vier Tage vor dem Fall Kabuls, setzte das Bundesinnenministerium die Abschiebungen nach Afghanistan aus.[14]

Noch in der Vorwoche, am 5. August, hatte Seehofer gemeinsam mit den zuständigen Ministern aus Österreich, Dänemark, Griechenland, Belgien und der Ministerin aus den Niederlanden in einem Brief an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Margaritis Schinas, und die zuständige EU-Innenkommissarin Ylva Johansson gefordert, die Abschiebungen nach Afghanistan fortzuführen[15] – entgegen der Bitten der damaligen afghanischen Regierung. Doch die Ministerin und die Minister drängten in ihrem Brief darauf, den Appell aus Kabul zu ignorieren. Dies zeigt, dass es ihnen nicht um die Rechte und die mögliche Gefährdung von Menschen ging. Es ging ihnen auch nicht um einen nüchternen Blick auf die Realität in den Herkunftsländern oder darum, dass Menschen bedroht sind, weil sie mit europäischen Truppen zusammengearbeitet haben. Nein, es ging und geht einzig und allein darum, Abschiebungen und eine restriktive Flüchtlingspolitik zu rechtfertigen, auch wenn man dazu die Augen vor der Realität verschließen muss.

Die Lehren aus der deutschen Schande von Kabul

Bei alledem spielte nicht zuletzt auch Wahltaktik eine Rolle: Kabul fiel nur gut einen Monat vor der Bundestagswahl am 26. September. Bereits am 23. Juni hatte die Bundestagsfraktion der Grünen einen Antrag zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte gestellt. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD lehnten den Antrag jedoch gemeinsam mit der AfD ab.[16] Es ist durchaus üblich, dass die Regierungsfraktionen Anträge der Opposition ablehnen. Dennoch steht es ihnen frei, eigene Anträge zum selben Thema einzubringen. Doch dies geschah in dem Fall nicht. Das Verhalten der Koalitionspartner erklärt sich auch daraus, dass sie kurz vor der Wahl keine größere Anzahl von afghanischen Schutzberechtigten nach Deutschland kommen lassen wollten.

Bereits an dem Tag, an dem Kabul an die Taliban fiel, twitterte der CDU-Abgeordnete und Obmann im Auswärtigen Ausschuss, Roderich Kiesewetter zwar: „Es war ein großer und gravierender Fehler, den Antrag der Grünen – aus Prinzip – abzulehnen. Punkt.“[17] Doch in weiten Teilen von CDU/CSU und SPD gab es einen breiten Konsens, Migration und Flucht aus dem Wahlkampf herauszuhalten, weil man befürchtete, dass diese Themen der rechtsradikalen AfD nutzen könnten. Da war die notwendige und schnelle Evakuierung von zehntausenden Menschen aus Afghanistan kein Thema, das man offensiv auf die Agenda setzen wollte. Doch diese Strategie ging nicht auf. Die Bilder vom Kabuler Flughafen bestimmten die Nachrichtensendungen kurz vor der Wahl. Und wer über Jahre eine große Herausforderung wie Flucht und Migration nicht bestmöglich managen will, sondern versucht, das Thema aus der politischen Debatte zu halten, wird weder den Menschen noch der Demokratie helfen. Der Erfolg der Rechtsradikalen hängt nicht damit zusammen, dass man Schutzsuchende aufnimmt, sondern erklärt sich daraus, dass die anderen Parteien an konkreten Herausforderungen scheitern.

Es ist beschämend für die Bundesregierung, dass eine ad-hoc gegründete Initiative aus der Zivilgesellschaft wie die „Kabul Luftbrücke“ bereits zwei Wochen nach ihrer Gründung Menschen aus Kabul evakuieren konnte, während die Bundeswehr bereits abgezogen wurde. Umso mehr gilt jetzt: Die Evakuierungen aus Afghanistan müssen fortgeführt werden. Immer noch leben viele tausend Menschen in Afghanistan, die aufgrund ihrer Beziehungen oder ihrer Zusammenarbeit mit den Deutschen gefährdet sind. Wenn ihre Rettung an zu geringen personellen Kapazitäten bei der Bundesregierung, den Ministerien und den zuständigen Ämtern scheitert, müssen diese aufgestockt werden, um dann konsequent und möglichst zügig gefährdete Personen zu evakuieren. Zugleich müssen die Listen für Evakuierungsberechtigte wieder geöffnet werden. Und wir brauchen in Deutschland und der EU jeweils angemessene Aufnahmeprogramme, in deren Rahmen Menschen umgesiedelt werden können, damit sie sich nicht in die Hände von Schleppern begeben und auf einen lebensgefährlichen Weg nach Europa machen müssen. Die entsprechenden Verfahren müssen erleichtert und entbürokratisiert werden.

Natürlich darf man nicht vergessen, dass die großen Herausforderungen für die afghanische Gesellschaft nicht durch die Flucht nach Europa gelöst werden. Doch Zehntausende, die sich Jahrzehnte für uns, für Menschen- und Frauenrechte eingesetzt haben, müssen das Land nun verlassen können. Sie haben verdient, dass wir ihnen das ermöglichen.

Wir können die deutsche Schande von Kabul bei der Evakuierung nicht wiedergutmachen. Aber wir können zumindest zeigen, dass wir daraus gelernt haben und jetzt versuchen, es besser zu machen.

[1] Friederike Böge, Ein Hubschrauber voller Geld, in: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 24.8.2021.

[2] Wolfgang Bauer, 170 Sitzplätze, 170 Leben, www.zeit.de, 28.8.2021.

[3] Muriel Kalisch, „Lass uns ein Flugzeug mieten”, www.spiegel.de, 5.9.2021.

[4] Christine Keck, „Wir holen jede Woche Afghanen raus”, www.stuttgarter-zeitung.de, 8.10.2021; Private Initiative evakuiert elf Deutsche aus Kabul – neun von ihnen sind minderjährig, www.rnd.de, 6.10.2021.

[5] Joana Rettig, Mindestens sechs Menschen auf deutschen Evakuierungslisten in Afghanistan hingerichtet, www.politik.watson.de, 9.9.2021.

[6] Armin Ghassim und Jonas Schreijäg, Flüchtlinge: Behörden verschleppen Familiennachzug, www.tagesschau.de, 30.9.2021.

[7] Matthias Gebauer und Christoph Schult, Geheimer Kabelbericht warnte früh vor Kollaps in Kabul, in: „Der Spiegel“, 6.9.2021.

[8] Georg Ismar, Die Kabul-Krise der Regierung Merkel und das Bild, dass bleiben wird, www.tagesspiegel.de, 18.8.2021.

[9] Fragen und Antworten: Unterstützung bei der Ausreise aus Afghanistan, www.auswaertiges-amt.de, 11.10.2021.

[10] Matthias Gebauer, Christoph Reuter und Fidelius Schmid, Wie systematisch die Bundeswehr das Outsourcing ihrer Ortskräfte betrieb, www.spiegel.de, 25.6.2021.

[11] Erik Marquardt, Offener Brief an Heiko Maas zu Abschiebungen nach Afghanistan, www.erik-marquardt.eu, 15.7.2021.

[12] Kaija Kutter, In den Tod geschickt, www.taz.de, 6.7.2021.

[13] Afghanistan fordert Abschiebestopp aus Europa, www.zeit.de, 10.7.2021.

[14] Seehofer: Abschiebungen zurzeit zu gefährlich, www.zdf.de, 11.8.2021.

[15] Returns to Afghanistan – Letter to EU Commission, www.fragdenstaat.de, 5.8.2021.

[16] Antrag zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte abgelehnt, www.bundestag.de, 23.6.2021; Kersten Knipp, Kritik an hohen Hürden für Aufnahme afghanischer Ortskräfte, www.dw.de, 27.6.2021.

[17] www.twitter.com/rkiesewetter, 15.8.2021. Themen: Migration, Krieg und Frieden, Menschenrechte Aus: »Blätter« 11/2021, S. 77-82

Talk ohne Gast: Mit Erik Marquardt als Gast

In dieser Folge haben mich Moritz Neumeier und Till Reiners als Gast in ihren Podcast „Talk ohne Gast“ eingeladen. Ich habe zwar das Prinzip immer noch nicht ganz verstanden, aber habe mich sehr über das entspannte Gespräch gefreut, in dem ihr auch erfahrt, warum ich mal als Riesenjoint verkleidet durch Bayern gefahren bin. Das Video könnt ihr euch hier auf Youtube anschauen.

Frontex liefert Informationen für tödliche Abfangaktionen an die libysche Küstenwache

Pressemitteilung zu neuen Enthüllungen über Rechtsbrüche der europäischen Grenzschutzbehörde.

Frontex sendet Informationen zu Seenotrettungsfällen im Mittelmeer über WhatsApp-Gruppen und E-Mails direkt an die Libysche Küstenwache. Bislang behauptete Frontex auch gegenüber dem Europaparlament, dass sie ausschließlich Seenotrettungsleitstellen über Seenotrettungsfälle informieren. Damit rechtfertigten sie, dass keine Koordinaten an umliegende Schiffe gegeben werden, die eine schnellstmögliche Rettung sicherstellen können. Recherchen von Lighthouse Report, Libération, Spiegel, ARD Monitor, Domani und Trouw belegen nun einen klaren Verstoß von Frontex gegen internationales Recht.

Die Analyse von 94 Vorfällen auf dem Mittelmeer zeigt, dass die Libysche Küstenwache mindestens 56 Mal Flüchtende abgefangen hat, wobei in nachweislich 20 Fällen ein Frontex-Flugzeug in unmittelbarer Nähe flog. In 12 Fällen entdeckte Frontex die Boote der Flüchtenden als erstes. Durch die verzögerte Ankunft der Libyschen Küstenwache starben durch diese Praxis bereits mindestens 91 Menschen. 

Während einer Sitzung des LIBE-Ausschusses am 12. September 2019 hatte Frontex-Direktor Fabrice Leggeri auf die Frage des Europaabgeordneten Erik Marquardts zur Koordination zwischen Frontex und der Libyschen Küstenwache noch gesagt:

 “Wir haben aber laut Seerecht auch die Pflicht, Informationen auszutauschen mit den regionalen Koordinationszentren, das heißt also wir können nicht direkt Informationen austauschen mit anderen Schiffen, NGO Schiffen und auch anderen, weil das Seerecht und das Völkerrecht besagt, dass Seenotrettungsaktionen koordiniert sein müssen. Aus unterschiedlichen Gründen, ansonsten könnten auch Menschenleben in Gefahr geraten.

Mit dem direkten Kontakt zur Libyschen Küstenwache übt die Agentur effektive Kontrolle über die Seenotrettungsfälle im Zentralen Mittelmeer und koordiniert selbst die laut EGMR illegale Rückführung nach Libyen. (Fabrice Leggeri am 12. September 2019 im Innenausschuss der Europäischen Parlaments ab 15:09 Uhr.)

Mein Kommentar dazu:

“Die Recherchen beweisen: Frontex bricht internationales Recht. Wieder einmal hat Exekutivdirektor Fabrice Leggeri das EU-Parlament belogen. Frontex ist direkt dafür verantwortlich, dass die Menschen in menschenunwürdige Lager nach Libyen zurückgebracht werden und nimmt dazu auch tödlichen Einsätze der Libyschen Küstenwache in Kauf. Erst vergangene Woche starben 130 Menschen auf dem Mittelmeer, nachdem zwei Tage lang weder die Libyer noch EU-Staaten Schiffe zur Rettung schickten.
Momentan erleben wir eine beispiellose Komplizenschaft zwischen Milizen, Frontex und den EU-Staaten, in der die härtesten Verbrechen ungestraft bleiben. Die Kommission bezahlt, Frontex koordiniert und Libyen lässt ertrinken und sperrt ein. Unseren Regierungen ist es offenbar lieber, dass Menschen sterben, als dass sie lebend Europa erreichen. Sie könnte schon morgen eine Seenotrettungsmission finanzieren und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frontex einleiten. Es braucht keinen neuen Pakt für Asyl- und Migration, um Menschenrechte zu schützen. Es braucht eine Europäische Union, die ihre eigene Werte und Regeln nicht mehr mit Füßen tritt.” 

Für Rückfragen melden Sie sich gerne bei meinem Pressereferenten Krsto Lazarević.

Tagesschau: Untersuchungsgruppe gegen Frontex eingerichtet

Die Tagesschau berichtet über die vom Innenausschuss des Europaparlaments eingesetzte Frontex-Prüfgruppe. Ich bin Mitlgied dieser Gruppe und werde zusammen mit den Abgeorneten der anderen Fraktionen Zeugen und Expertinnen zu befragen. Der Tagesschau habe ich gesagt: „Es ist wirklich eine absurde Situation gewesen, dass man in den vergangenen Monaten mehr aus der Zeitung erfahren hat, was an den EU-Außengrenzen passiert, als von der Grenzüberwachungsagentur Frontex.“

Hier könnt ihr den ganzen Artikel lesen.

Frontal21: Der Frontex-Skandal

In der ZDF-Sendung Frontal21 hat ein Bundespolizist ausgepackt, der selbst mit Frontex im Einsatz war. Er sagt, dass illegale Zurückweisungen stattfänden und dies den Verantwortlichen auch bekannt sei. Auch ich spreche in dem Beitrag und fordere Aufklärung und vor allem, dass die Grenzpolizei Verbrechen verhindert und diese nicht selbst begeht.
Ihr könnt die Sendung hier nachschauen.

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