Meine Anfrage zu EU-Mitteln für die ägyptische Küstenwache

Die Kommission hat hier erklärt wie sie in den kommenden beiden Jahren die ägyptische Küstenwache mit 80 Millionen € finanzieren will, damit sie Menschen ins Land zurückschleppt, obwohl die Menschenrechtslage katastrophal ist. Die Kommission bezeichnet dies beschönigend als „Verhinderung irregulärer Migration auf dem Seeweg“.

Die Anfrage mit Antworten in mehreren Sprachen findet ihr hier.

Meine Anfrage

Kommissionsmitglied Várhelyi hat kürzlich bestätigt, dass die Kommission Ägypten langfristige und kurzfristige finanzielle Unterstützung in Höhe von fast 300 Mio. EUR zugesagt hat. Laut Nachrichtenberichten sind 80 Mio. EUR der Mittel für die ägyptische Küstenwache für den „Grenzschutz“ und für die Verhinderung der Flucht von Ägyptern vorgesehen. Das Parlament hat mehrfach seine Besorgnis über die katastrophale Menschenrechtslage in Ägypten zum Ausdruck gebracht, und seit Januar 2021 sind 3 500 Ägypter aus dem Land per Boot nach Italien geflohen, was sie zur zweitgrößten Gruppe der dort ankommenden Menschen aus den Mittelmeerländern macht.

  • Kann die Kommission einen Überblick über alle an die ägyptischen Behörden und die Küstenwache, insbesondere für den Grenzschutz, gelieferten Ausrüstungsgegenstände oder Dienstleistungen geben, und wie sieht der Zeitplan für die künftige Verteilung aus?
  • Anhand welcher Indikatoren wird die Kommission sicherstellen, dass die migrationspolitische Zusammenarbeit zwischen der EU und Ägypten im Einklang mit Artikel 3 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union steht, d. h. dass die Menschenrechte gewahrt und gefördert werden, z. B. durch die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht bei möglichen Menschenrechtsverletzungen?
  • Welche Folgen- oder Risikobewertung in Bezug auf Menschenrechte wurde (oder wird) bei dieser finanziellen Unterstützung durchgeführt, um sicherzustellen, dass die entsprechenden Leistungen Menschenrechtsverletzungen nicht erleichtern oder für solche genutzt werden?

Antwort von Olivér Várhelyi im Namen der Europäischen Kommission am 25.08.2022

Die Kommission ist bereit, Ägypten bei der Aufrechterhaltung seiner Kapazitäten zur Verhinderung irregulärer Migration auf dem Seeweg und bei der verstärkten Kontrolle seiner Grenze zu Libyen und Sudan zu unterstützen. Angesichts der Tatsache, dass die irregulären Einreisen ägyptischer Staatsangehöriger in die EU (über 90 % nach Italien, hauptsächlich über Libyen) sich im Jahr 2021 (auf 9219) versechsfacht haben, ist dies von besonderer Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund entwickelt die Kommission derzeit in enger Abstimmung mit den ägyptischen Behörden eine Maßnahme zur Unterstützung des Grenzmanagements (Such‐ und Rettungsmaßnahmen sowie Grenzüberwachung an Land‐ und Seegrenzen). Insgesamt sind Mittel in Höhe von 80 Mio. EUR vorgesehen, die in zwei Phasen umgesetzt werden sollen: 23 Mio. EUR im Jahr 2022 und 57 Mio. EUR im Jahr 2023. Da die Maßnahme noch nicht angenommen wurde, liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Überblick über die Ausrüstungsgegenstände oder Dienstleistungen vor, die den ägyptischen Behörden in diesem Rahmen zur Verfügung gestellt werden.

Zu der Maßnahme wird eine Ex-ante-Risikobewertung durchgeführt, und während der gesamten Laufzeit sind Monitoringmaßnahmen vorgesehen, um sicherzustellen, dass durch die Maßnahme die Einhaltung der internationalen Menschenrechtsnormen und der Schutz von Flüchtlingen und Migranten nicht gefährdet wird.

Anfrage: Wasserstoff – Mehrwert für afrikanische Partnerländer?

Gemeinsam mit den anderen grünen Abgeordneten aus dem Entwicklungsausschuss habe ich der Kommission eine Anfrage zur Förderung von Wasserstoff im Rahmen der Global Gateway Strategie gestellt. Wir haben unsere Zweifel, ob dieser Wasserstoff wirklich grün ist und auch wir haben auch Zweifel daran, ob die Verwendung von Energie zur Erzeugung von Wasserstoff für den Export wirklich angemessen ist, wenn in den betreffenden Partnerländern viele Millionen Menschen keinen Zugang zu elektrischer Energie haben. In ihrer Antwort nennt die Kommission konkrete Ziele, die allen Beteiligten helfen sollen, geht aber leider nicht darauf ein, wie genau diese erreicht werden sollen.

Die gesamte Anfrage mit Antworten in mehreren Sprachen findet ihr auch hier.

Unsere Anfrage:

Im Rahmen der Global Gateway-Strategie sollen im laufenden Finanzierungszeitraum Investitionen in die Infrastrukturentwicklung in Höhe von bis zu 300 Mrd. EUR getätigt werden. Gemäß der gemeinsamen Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 1. Dezember 2021 mit dem Titel „Global Gateway“ (JOIN(2021)0030) werden die Kommission und der HR/VP mit Partnerländern zusammenarbeiten, die das Potenzial haben, ihre Erzeugung von Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energiequellen auszubauen, und die Schaffung wettbewerbsfähiger Märkte fördern, damit dieser außerhalb der EU erzeugte Wasserstoff ohne Ausfuhrbeschränkungen oder Preisverzerrungen international gehandelt werden kann.

  • Könnte die Kommission angesichts der Absicht, „grünen Wasserstoff“ für den internationalen Handel in Partnerländern zu erzeugen, konkrete Datenanalysen vorlegen, mit denen sichergestellt wird, dass das Potenzial einer solchen Investitionspolitik nicht nur dem Energiebedarf der EU dient, sondern auch einen Mehrwert für Afrika bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung darstellt?
  • Wie wird man bei der Erzeugung von „grünem Wasserstoff“ für den Export mit dem großen Problem der Energiearmut in Entwicklungsländern umgehen, insbesondere in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, in denen 600 Millionen Menschen keinen Zugang zu elektrischem Strom haben? Ist die Erzeugung von Wasserstoff die beste Verwendung erneuerbarer Energiequellen in den Partnerländern?
  • Kann die Kommission weitere Angaben über die Rechtsgrundlage und die Art der EU-Mittel, die für solche Investitionen bereitgestellt werden, sowie über die betreffenden Länder und die entsprechenden Vorzeigeprojekte machen?

Antwort von Kadri Simson im Namen der Europäischen Kommission am 19.08.2022

Global Gateway ist der Beitrag der EU zur Verringerung der globalen Investitionslücke, wobei der Schwerpunkt auf den Bereichen Energie, Verkehr, Digitales, Gesundheit und Bildung liegt. Global Gateway ist vollständig auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung sowie auf das Übereinkommen von Paris abgestimmt.

In Bezug auf den Energiesektor in Afrika wird Global Gateway als Teil der EU-Afrika-Initiative für grüne Energie durchgeführt, die darauf abzielt, den ökologischen Wandel in Afrika zu unterstützen, indem die Kapazitäten für erneuerbare Energien ausgebaut werden, mehr Menschen in Afrika Zugang zu erschwinglicher und zuverlässiger Energie erhalten, die Nutzung nachhaltiger Energie gefördert und die Marktintegration und Sektorreformen unterstützt werden. Bis 2030 soll mit der EU-Afrika-Initiative für grüne Energie die Schaffung von mindestens 50 GW an Kapazitäten zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen gefördert werden, wodurch mindestens 100 Millionen Menschen mit Strom versorgt werden können.

Afrika verfügt über das Potenzial für die großmaßstäbliche Erzeugung von preislich wettbewerbsfähigem erneuerbarem Wasserstoff und davon abgeleiteten Brennstoffen. Diese Technologie kann zur nachhaltigen Industrialisierung und Entwicklung Afrikas im Einklang mit den Zielen der Agenda 2063 der Afrikanischen Union beitragen. Sobald der lokale Bedarf gedeckt ist, könnte der Handel mit erneuerbarem Wasserstoff eine weitere Möglichkeit für die afrikanischen Länder sein, ihre grünen Volkswirtschaften aufzubauen.

Wie in der REPowerEU-Mitteilung und dem dazugehörigen Aktionsplan angekündigt, arbeitet die Kommission daran, Energiepartnerschaften mit einer Reihe von Drittländern, unter anderem auch mit Ländern in Afrika, zu vereinbaren. Der Privatsektor wird Investitionen in erneuerbaren Wasserstoff mobilisieren. Die Kommission wird die Entwicklung des Marktes für erneuerbaren Wasserstoff unterstützen, insbesondere indem über die im Rahmen des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+) verfügbaren Finanzierungsinstrumente Investitionen des Privatsektors mobilisiert werden.

Anfrage: EU-Aktionsplan als Reaktion auf die Ereignisse in Afghanistan

Nach der Übernahme Afghanistans durch die Taliban im August 2021 setzte die Kommission die meisten ihrer Abkommen mit dem Land aus und stellte die Zusammenarbeit mit Afghanistan weitgehend ein. Seitdem hat sie als Reaktion auf die Ereignisse in Afghanistan einen Aktionsplan ausgearbeitet, der den Medien zugespielt wurde. Dazu habe ich folgende Fragen gestellt:

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Meine Fragen

  • Wurde der Aktionsplan bereits angenommen? Wenn ja, wird es Berichte über die Umsetzung geben und werden die Maßnahmen öffentlich zugänglich gemacht?
  • Wird das Parlament über die Umsetzung des Aktionsplans informiert?
  • Wird die Kommission ihre Zusage, 38 000 besonders schutzbedürftige Afghanen aufzunehmen nach Mitgliedstaaten und Programmen (Neuansiedlung, humanitäre Aufnahme usw.) aufschlüsseln und mitteilen sowie bekannt geben, wie viele Afghanen derzeit sowohl über die offiziellen Evakuierungsrouten als auch über die Programme für gefährdete Afghanen nach Europa kommen?

Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 17.08.2022

1. Die Aktionspläne zur Stärkung umfassender Migrationspartnerschaften mit vorrangigen Herkunfts‐ und Transitländern, einschließlich des als Reaktion auf die Ereignisse in Afghanistan angenommenen Aktionsplans, wurden gemeinsam von der Kommission und vom Europäischen Auswärtigen Dienst gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Juni 2021 entwickelt und anschließend den Mitgliedstaaten auf den Sitzungen der Arbeitsgruppe „Externe Aspekte der Asyl‐ und Migrationspolitik“ des Rates vorgestellt. Bei diesen Aktionsplänen handelt es sich um dynamische Dokumente, die mit der Zeit weiterentwickelt werden. Sie sind für den internen Gebrauch der EU und ihrer Mitgliedstaaten gedacht und sollen zur Entwicklung eines gemeinsamen strategischen Ansatzes für die Zusammenarbeit mit den Partnerländern beitragen. Mit diesem spezifischen Aktionsplan wird das Ziel verfolgt, die Maßnahmen zu verstärken, die zur Unterstützung der afghanischen Bevölkerung bzw. gemeinsam mit den Nachbarländern Afghanistans ergriffen werden sollen. In Afghanistan besteht großer Bedarf an humanitärer Hilfe, und die eigenen Ressourcen des Landes sind begrenzt. Die humanitäre Hilfe der EU in Afghanistan läuft bereits und wird im Einklang mit den Grundsätzen der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit geleistet.

2. Die Kommission ist entschlossen, das Europäische Parlament auch weiterhin umfassend über alle Aspekte der Migrationspolitik zu informieren, auch in Bezug auf ihre Maßnahmen in Afghanistan und der Region. Die Kommission wird das Parlament weiterhin über die Entwicklung der humanitären Lage vor Ort und die Anpassung der humanitären Maßnahmen der EU unterrichten.

3. Die Zusagen, die die Mitgliedstaaten bezüglich gefährdeter Afghanen für den Zeitraum 2021-2022 gemacht haben, sind dem Anhang zu entnehmen. Die Mitgliedstaaten haben der Kommission gemeldet, dass bis April 2022 fast 28 700 Personen aus humanitären Gründen aufgenommen wurden, die Neuansiedlung jedoch noch nicht begonnen hat.

Anfrage: Bericht der griechischen Transparenzbehörde

Ich habe die EU-Kommission am 25.05.2022 gefragt, wie sie dazu steht, dass die griechischen Behörden ankommende Schutzsuchende sofort in Abschiebehaft nimmt und in ein Gefängnis sperrt, dass sie nicht verlassen dürfen. Die Kommission antwortet, dass ihr diese Praxis bekannt ist und diese rechtlich auch zu rechtfertigen sei, wenn weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirken. Diese „weniger einschneidenden Maßnahmen“ werden aber nicht angewandt und müssten auch einer Einzefallprüfung unterliegen – was sie derzeit nicht tun.

Die gesamte Anfrage mit Antworten in mehreren Sprachen findet ihr auch hier.

Meine Anfrage

Die nationale Transparenzbehörde Griechenlands veröffentlichte am 10. Mai 2022 einen Untersuchungsbericht zu mutmaßlichen Zurückweisungen, in dem unter anderem das Verfahren für die Bewältigung des Stroms von Asylsuchenden beschrieben wird, die das griechische Hoheitsgebiet auf dem Land- oder Seeweg erreichen.

  • Wie beurteilt die Kommission – unter Berücksichtigung von Artikel 6 der EU-Grundrechtecharta und Artikel 8 und 9 der Richtlinie über Aufnahmebedingungen – das Vorgehen Griechenlands, Neuankömmlinge bis zu ihrer Überstellung in ein Aufnahme- und Identifizierungszentrum in der Region Evros in Abschiebehaft zu nehmen (S. 23/24)?
  • Wie beurteilt sie – unter Berücksichtigung von Artikel 6 der EU-Grundrechtecharta und Artikel 8 und 9 der Richtlinie über Aufnahmebedingungen – die Praxis, dass Antragsteller während der Aufnahme- und Identifizierungsverfahren ab der Registrierung bis zu 25 Tage lang in der Einrichtung untergebracht sind, diese jedoch nicht verlassen dürfen, da sie sich in Gewahrsam befinden (S. 29)?
  • Wie werden Statistiken zur „Prävention“ (S. 56) erhoben und wie viele Fälle von Prävention wurden 2021 von den griechischen Behörden verzeichnet? Bitte geben Sie eine Aufschlüsselung nach Polizeidirektion (Alexandroúpoli, Orestiada, nördliche Ägäis und Dodekanes) an.

Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 3.08.2022

Der Kommission ist bekannt, dass Personen, die irregulär über die Landgrenze mit der Türkei bei Evros ankommen, in das Aufnahme‐ und Identifizierungszentrum in Fylakio überstellt werden, wo sie dem Aufnahme‐ und Identifizierungsverfahren unterliegen und sich einer ärztlichen Untersuchung, der Registrierung personenbezogener Daten, der Abnahme von Fingerabdrücken und einer Befragung unterziehen müssen; anschließend werden sie in die Folgeverfahren (Asyl für Personen, die internationalen Schutz beantragen, oder Rückführung von Personen, die auf einen solchen Antrag verzichten), geleitet werden.

In Bezug auf die Verwaltungshaft während des Aufnahme‐ und Identifizierungsverfahrens enthält Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie über Aufnahmebedingungen[1] im Einklang mit Artikel 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union[2] eine erschöpfende Liste der Gründe, aus denen ein Antragsteller in Haft genommen werden kann, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Zu den dort aufgeführten Haftgründen zählt die Notwendigkeit, die Identität oder Staatsangehörigkeit der Person festzustellen oder zu überprüfen. Solche Entscheidungen müssen jedoch auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung getroffen werden. Die Kommission verfolgt die Lage vor Ort aufmerksam und steht im Dialog mit den griechischen Behörden. Sie erhebt jedoch keine Statistiken über „Präventionen“ und verfügt nicht über die vom Herrn Abgeordneten angeforderten Informationen.

Wie viele EU-Gelder sind nach Griechenland für den Bereich Migration geflossen?

Seit dem Jahr 2015 hat die Europäische Union Griechenland insgesamt 3,38€ Milliarden für die Bewältigung von Migrations- und Grenzaufgaben zur Verfügung gestellt. 2,53€ Milliarden wurden bisher von Griechenland abgerufen. 

Die Unterstützung Griechenlands durch die Europäische Union erfolgt durch drei Töpfe: den Asylum, Migration and Integration Fund (AMIF), der Internal Security Fund (ISF) und das  Emergency Support Instrument (ESI). Der größte Topf ist der AMIF über den insgesamt 328,3€ Milliarden zur Verfügung gestellt wurden. Über diesen Haushaltsposten werden EU-Mitgliedstaaten unterstützt zum Zweck des effizienten Managements von Migration und der Implementierung und Stärkung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Der ISF stellt Geld für das Management von Visum und Einreise, Kontrolle der Außengrenzen, aber auch Rückführungen, beispielsweise durch Frontex, bereit. Hier wurde Griechenland 320€ Millionen bereitgestellt. Das ESI dient der Unterstützung für Notlagen und gibt Geld für humanitäre Hilfe, der Anteil betrug 668,9€ Millionen. Der Großteil der regulären Gelder aus AMIF, ISF und ESI fließt an die nationalen Behörden, also an die griechischen Behörden, die sich mit Migration und Asyl befassen, so beispielsweise das griechische Ministerium für Migration und Asyl. 


Neben den regulär vorgesehenen Bedarfen können zusätzlich für weitere kurzfristige Notfallbedarfe (“Emergency Assistance”) Gelder aus AMIF und ISF mobilisiert werden. Die geflossenen Gelder aus der Emergency Assistance stellen im Fall von Griechenland die größte Summe alle geflossenen Gelder, insgesamt 1,54€ Milliarden. Zwei Drittel aller Gelder der Emergency Assistance sind an internationale Organisationen geflossen, das letzte Drittel an die griechischen Behörden. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass insgesamt 2,06€ Milliarden bereitgestellt worden, Griechenland aber nicht alles abgerufen hat.

Politischer Wille für eine gute Versorgung fehlt

Tatsächlich erhielten die griechischen Behörden 2,53€ Milliarden, um die erhöhten Ankunftszahlen der letzten Jahre zu bewältigen. Dabei ist es besonders wichtig, anzumerken, dass 3,38€ Milliarden zugesprochen wurden, aber ein Großteil davon nicht ausgegeben wurde. Dies zeigt deutlich, dass die Gelder vorhanden sind, um die Flüchtlinge auf den griechischen Inseln und auf dem Festland angemessen und würdig zu versorgen, jedoch der politische Wille fehlt, dies auch so umzusetzen. 

Noch werden in Griechenland grundlegende Anforderungen der EU-Aufnahmerichtlinie nicht eingehalten wie zum Beispiel das Recht auf Bildung der Kinder. Auch die Essensversorgung ist nach wie vor problematisch und ungenügend. Genug Geld wäre tatsächlich da, um die Probleme nachhaltig zu lösen. Selbst der Europäische Rechnungshof als EU-eigene Behörde kam in seinem Jahresbericht 2019 zu ähnlichen Schlussfolgerungen, ohne sie explizit so zu benennen. Es kam nicht zu expliziten Veruntreuungen der Gelder, jedoch wurden einige Gelder aus der Emergency Assistance für längerfristige Projekte und Strukturen zweckentfremdet, obwohl diese nur flexibel für kurzfristige Notfallbedarfe eingesetzt werden dürfen. Außerdem bemängelte der Rechnungshof die ineffiziente Nutzung der Gelder und somit die Diskrepanz zwischen den EU-Zielen und den tatsächlichen Ergebnissen – sprich das Fehlen des politischen Willens. Nun fließen die Gelder aber nicht nur an die griechischen Behörden, sondern auch an internationale Organisationen. Aber auch mehr Gelder an internationale Organisationen sind nicht zwingend hilfreich, wenn die griechische Regierung deren Arbeit blockiert und kriminalisiert, wie es vor allem auf den griechischen Inseln der Fall ist. 

Wer sich genauer mit den veranschlagten und geflossenen Geldern befassen möchte, findet hier eine Übersicht von der Europäischen Kommission. Sie stellt auch dar, wie viele Gelder an die unterschiedlichen internationalen Organisation sowie an welche griechischen Behörden sie geflossen sind. 

Eine Betrachtung der Zahlen macht eines nochmal sehr deutlich. Die staatlichen Behörden und Organisationen haben eigentlich genügend Mittel, um Menschen würdig zu behandeln. Aber es scheint politisch nicht gewünscht zu sein.

So hilft die EU in der Ukraine  

Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in der  Ukraine hat die  EU ihre finanzielle Unterstützung für das Land erheblich hochgefahren und rund 4,2 Mrd. EUR mobilisiert. Durch Budgethilfe, Makrofinanzhilfe, Soforthilfe, Krisenreaktion und humanitärer Hilfe soll die allgemeine wirtschaftliche, soziale und finanzielle Widerstandsfähigkeit der Ukraine aufrecht erhalten werden. Im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität wurden außerdem militärische Hilfsmaßnahmen bereitgestellt, darüber können Mitgliedstaaten für ihre militärische Sachhilfe an die Ukraine entschädigt werden.

Humanitäre Hilfe und EU-Katastrophenschutzverfahren seit 2014

Die Europäische Union ist nicht erst seit Beginn der aktuellen Krise vor Ort engagiert. Seit 2014 – dem Jahr der Annexion der Krim durch Russland und der Eskalation in der Ostukraine –  ist das EU-Katastrophenschutzverfahren aktiviert, außerdem wird humanitäre Hilfe geleistet. Es wird davon ausgegangen, dass seit Februar über 12 Mio. Menschen ihre Häuser verlassen mussten und davon ca. 5 Mio. Menschen außerhalb der Ukraine Zuflucht gesucht haben. Laut UNOCHA, dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten sind momentan 15,7 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen – jedoch ist der Zugang für Hilfsorganisationen in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten zum Teil sehr schwierig. Seit Anfang des Jahres beläuft sich die Summe, die die EU und ihre Mitgliedsstaaten für humanitäre Hilfe aufgebracht haben auf  348 Mio. €, davon sind 13 Mio. € an die Republik Moldau geflossen, um unter anderem die Aufnahme von Geflüchteten zu unterstützen. Die Kommission warnt davor, dass um die Grundversorgung in der Ukraine aufrecht zu erhalten dieses Jahr noch ca. 1,4 Mrd. € benötigt werden könnten. 

Funktion des EU Civil Protection Mechanism

Mit dem EU-Katastrophenschutzverfahren (EU Civil Protection Mechanism) kann auf natürliche oder menschengemachte Katastrophen reagiert werden, wenn das betroffene Land um Hilfe bittet. Durch das Verfahren soll die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den 6 zusätzlich teilnehmenden Ländern in der Katastrophenhilfe verbessert werden, die Kommission übernimmt eine Schlüsselrolle bei der Koordinierung und Finanzierung. 

Die Reaktion auf den Krieg in der Ukraine ist die bislang größte Operation über das Katastrophenschutzverfahren seit seiner Schaffung im Jahr 2001, Millionen von Hilfsgütern wie Fahrzeuge, Generatoren, Schlafsäcke etc. wurden bislang geliefert. Die Koordinierung läuft dabei über das  Koordinationszentrum für Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre) in Brüssel, bei der Verteilung der Hilfsgüter kommt den neugeschaffenen logistischen Zentren in Polen, Rumänien und der Slowakei eine bedeutende Rolle zu. Über RescEU, die europäische Katastrophenschutzreserve, wurden außerdem medizinische Geräte geliefert. Die EU koordiniert außerdem die Evakuierung von schwerstkranken Patient*innen in Krankenhäuser innerhalb der EU.

Internationale Geberkonferenz im Mai 2022

In einer Sondersitzung des Rats Ende Mai stellten die Mitgliedstaaten fest, dass ein Teil der Unterstützung für die Ukraine auch weiterhin durch humanitäre Hilfe geleistet werden soll, dabei bezogen sie sich auch auf die Ergebnisse der hochrangigen internationalen Geberkonferenz, die von Polen und Schweden gemeinsam mit den Präsidenten des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission ausgerichtet wurde und ca. 6,5 Mrd. € Spenden zugesichert wurden. Die Kommission hat dabei zugesagt 200 Mio. EUR aus dem für 2022 verfügbaren NDICI-Global Europe-Polster (“cushion”) zu mobilisieren, um die ukrainische Regierung bei der Versorgung von Binnenvertriebenen (IDPs) zu unterstützen und um die Mittel für humanitäre Hilfe aufzustocken.

Meine Einordnung

Fakt ist, die Solidarität der EU gegenüber der Ukraine zeigt sich nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten und durch die Aktivierung der “Massenzustrom”-Richtlinie sondern auch in der Unterstützung durch Katastrophen- und humanitäre Hilfe. Leider sind die Mittel, die dabei im EU Budget zur Verfügung stehen, begrenzt. Wir dürfen andere Krisen, die weniger im Fokus stehen deswegen nicht vergessen. Insbesondere für die sich abzeichnende Nahrungsmittelkrise werden wir neben einer Langzeitstrategie auch auf kurzfristige, flexibel einsetzbare Mittel angewiesen sein und müssen diese bereithalten. Auch für die Ukraine ist wichtig, dass bereits jetzt ein Wiederaufbau geplant wird – der nächste Schritt dahin ist die Wiederaufbaukonferenz in Lugano Anfang Juli. Um genügend Ressourcen für diese Maßnahmen zu mobilisieren wird auch eine Anpassung des Mehrjährigen Finanzrahmens nötig sein.   

Frontex – EU-Parlament verweigert Haushaltsentlastung

Das EU-Parlament hat heute die Haushaltsentlastung 2020 für die Europäische Grenzschutzagentur Frontex verweigert und die Abstimmung verschoben. Fabrice Leggeri ist nach der Aufdeckung diverser Skandale, darunter der Beteiligung illegaler Pushbacks durch Frontex, von seinem Amt als Direktor der Agentur zurückgetreten. Die Agentur hat noch immer nicht die Forderungen des vorherigen Entlastungsberichts des EU-Parlaments erfüllt und hat weiter illegale Pushbacks unterstützt und interne Skandale nicht aufgearbeitet.

Mein Kommentar als Asylpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament dazu ist:

„Frontex hat sich systematisch an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Die Weigerung der Haushaltsentlastung ist ein wichtiger Aufruf zur Reform der Grenzschutzagentur. Verbrechen an den Außengrenzen müssen in der EU endlich wieder Konsequenzen haben. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen die Verbrechen an den Außengrenzen und die Pushbacks sofort beenden. Die EU-Kommission hat Jahre lang zugeschaut, wie Mitgliedstaaten EU-Recht brechen und Frontex die Verbrechen verschleiert. Leider unterstützt die EU-Kommission die Menschenrechtsverletzungen durch ihre Tatenlosigkeit. Frontex sollte Rechtsstaatlichkeit einhalten und die Grundrechte von Menschen auf der Flucht schützen, aber nach allem was bekannt ist, unterstützt die Agentur in den vergangenen Jahren die systematische Abschaffung der Rechtsdurchsetzung an den EU-Außengrenzen auf Kosten der Menschenwürde.”

Kommission ignoriert Dienstanweisung für Pushbacks in Kroatien

Die kroatische Polizei hat von offizieller Stelle Dienstanweisungen für Pushbacks erhalten. In der nun bekannt gewordenen Anweisung werden die kroatischen Grenzbeamten ermahnt, sich bei Pushbacks künftig nicht mehr filmen zu lassen und vor der Durchführung der Pushbacks die Umgebung nach versteckten Kameras zu durchsuchen. Die Pushbacks selbst sollen wie gewohnt weiterlaufen. In ihrer Antwort weigert sich die Kommission auch nur anzuerkennen, dass Kroatien systematisch Pushbacks durchführt, obwohl diese tausendfach und seit über vier Jahren dokumentiert sind. Die Kommission hält auch an ihrer Empfehlung fest, Kroatien den Beitritt in den Schengenraum zu ermöglichen, obwohl Kroatiens Praxis an den Außengrenzen klar gegen den Schengener Grenzkodex verstößt. Dort wo es Probleme gibt, erklärt sich die Kommission einfach für nicht zuständig. Die Kommission verschließt also weiterhin die Augen vor den systematischen Menschenrechtsverletzungen.

Die gesamte Anfrage mit Antworten in mehreren Sprachen findet ihr auch hier

Unsere Anfrage

Betrifft: Pushbacks durch die kroatische Polizei

Wie das kroatische Portal Index.hr berichtet, erhalten kroatische Grenzbeamte Dienstanweisungen für Pushbacks. Sie befolgen also Befehle und führen die Pushbacks nicht nach eigenem Ermessen durch, wie die kroatische Regierung bislang behauptete. Die entsprechende Anweisung ist eine Reaktion auf ein vom Spiegel und der ARD im Oktober veröffentlichtes Video, in dem kroatische Grenzbeamte bei gewaltvollen Pushbacks gefilmt wurden. Auf die Antwort der Kommission auf meine Anfrage bezüglich der Videos warte ich seit fast vier Monaten.

In der nun bekannt gewordenen Anweisung werden die kroatischen Grenzbeamten ermahnt, sich bei Pushbacks künftig nicht mehr filmen zu lassen und vor der Durchführung der Pushbacks die Umgebung nach versteckten Kameras zu durchsuchen. Die Pushbacks selbst sollen wie gewohnt weiterlaufen.

1. Wie gedenkt die Kommission diese staatlich angeordneten Pushbacks zu untersuchen, und welche Bedeutung gedenkt sie den Ergebnissen dieser Untersuchung im Hinblick auf das Verfahren des Beitritts Kroatiens zum Schengen-Raum beizumessen?

2. Erwartet die Kommission Änderungen am „unabhängigen Überwachungsmechanismus“ an der Außengrenze, nachdem die kroatische Regierung offensichtlich kein Interesse daran, hat Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, die sie selbst verantwortet?

3. Hält die Kommission die Ausführungen des kroatischen Innenministeriums für glaubwürdig, laut denen die kroatische Regierung nichts mit den Pushbacks zu tun habe und es sich um das Fehlverhalten einzelner Beamter handele?

Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 29.4.2022

1. Die Untersuchung von mutmaßlichen strafbaren Handlungen nationaler Behörden liegt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Die Kommission hat die kroatischen Behörden immer wieder aufgefordert, mutmaßliche Misshandlungen von Migranten zu untersuchen. Der vollumfängliche Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum ohne Binnengrenzkontrollen erfordert einen einstimmigen Beschluss des Rates, dessen Annahme noch aussteht. Der Rat (Justiz und Inneres) hat auf seiner Tagung vom 9./10. Dezember 2021 festgestellt, dass Kroatien die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller Teile des Schengen-Besitzstands erfüllt. Die Kommission ist der Auffassung, dass Kroatien die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass alle Voraussetzungen für die Anwendung
des Schengen-Besitzstands
erfüllt sind und erfüllt bleiben.

2. Auch wenn die Kommissionsdienststellen in Zusammenarbeit mit den kroatischen Behörden sicherzustellen suchen, dass der „unabhängige Überwachungsmechanismus“ Kroatiens wirksam funktioniert, bleiben die Einrichtung des Mechanismus und insbesondere seine Zusammensetzung doch in kroatischer Hand. Im Rahmen des unabhängigen Überwachungsmechanismus wurde im Dezember 2020 ein öffentlich zugänglicher Halbjahres-(Zwischen-)Bericht erstellt. Die kroatischen Behörden teilten der Kommission und dem Parlament mit, wie sie die ersten Empfehlungen umsetzen. Der Beratende Ausschuss – dem die Kommission und einschlägige Interessenträger angehören (und der nicht Bestandteil des Mechanismus ist) – wird Empfehlungen abgeben, wie die Funktionsweise des Mechanismus für die unabhängige Überwachung verbessert werden kann. Als Hüterin der Verträge wird die Kommission weiterhin darüber wachen, dass geltendes EU-Recht eingehalten wird.

3. Die Kommission vermag die Glaubwürdigkeit der Ausführungen, auf die der Herr Abgeordnete Bezug nimmt, nicht zu beurteilen. Die Haltung der Kommission in Sachen Grundrechte ist jedoch klar: Jegliche Maßnahmen, mit denen die Mitgliedstaaten das unbefugte Überschreiten der EU-Außengrenzen verhindern oder davor abschrecken wollen, müssen voll und ganz mit dem einschlägigen EU-Recht, insbesondere auch mit der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union
in Einklang stehen. Jegliche unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ist rechtswidrig. Von daher sollte jedes Fehlverhalten einzelner Grenzschutzbeamter Gegenstand einer Untersuchung durch die zuständigen Behörden sein und gegebenenfalls strafrechtlich verfolgt werden.

So funktioniert die Regelung, mit der die EU Geflüchtete aus der Ukraine aufnimmt

Alle 27 EU-Staaten sind bereit, Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. Nach einem Treffen der EU-Innenminister:innen am 03. März 2022 wurde bekannt gegeben, dass die EU eine Richtlinie aktivieren wird, die Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine Schutz in der EU garantiert – ohne aufwendige Asylverfahren. Es ist großartig, dass Europa bei der Aufnahme von Geflüchteten endlich zusammenhält. Durch die Aktivierung der Richtlinie wird den Geflüchteten aus der Ukraine unbürokratisch Schutz und Perspektive geboten. Die Richtlinie sagt auch klar, dass die Geflüchteten ein Recht darauf haben zu arbeiten und sich selbstständig zu machen. Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass die Geflüchteten entweder eine angemessene Unterkunft erhalten oder Mittel bekommen, um sich selbst um so eine Unterkunft zu kümmern. Auch medizinische Versorgung und der Zugang zum Bildungssystem müssen gewährleistet werden. 

Aktuelle Fluchtbewegungen aus der Ukraine

Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien haben ihre Grenzen geöffnet und lassen alle Menschen aus der Ukraine einreisen. Dafür brauchen die Flüchtenden auch keinen Reisepass, den viele Ukrainer:innen nicht haben. Auch das Nicht-EU-Land Republik Moldau lässt Flüchtende einreisen. Aufgrund der Generalmobilmachung können aber ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren in den meisten Fällen nicht aus der Ukraine ausreisen. Bislang sind laut UNHCR (Stand 11.03.2022) über 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, hinzukommen noch mehr als eine Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine. Putins Angriffskrieg hat zur größten Fluchtbewegung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs in Europa geführt.

Die rechtliche Grundlage 

Die rechtliche Grundlage für dieses Handeln ist die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie 2001/55/EG. Dänemark ist der einzige EU-Staat, der sich außerhalb des Geltungsbereichs der Direktive befindet. Die Richtlinie bietet einen Mechanismus für die EU-weit koordinierte Aufnahme einer großen Zahl von Geflüchteten jenseits des individuellen Asylverfahrens und jenseits des Dublin-Systems. Zuständig dafür, einen “Massenzustrom” festzustellen, ist der Rat der Europäischen Union. Das Parlament wird nur über die Entscheidung informiert, darf sich aber nicht vorab dazu äußern. 

Entstanden ist dieses Gesetz zur Schutzgewährung nach den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien in den 1990er Jahren, kam aber bislang nicht zum Einsatz. 2015 wurde es nicht angewendet, weil nicht absehbar war, ob der notwendige EU-Beschluss zustanden kommen würde.

Wie geht es jetzt weiter?

Grundsätzlich steht in der Richtlinie erstmal ein Jahr als Mindestdauer, aber diese kann verlängert werden. Die konkrete Umsetzung der Richtlinie liegt bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen nun Zusagen darüber machen, wie viele Geflüchtete sie konkret aufnehmen wollen. Die ukrainischen Geflüchteten können sich selbst einen EU-Mitgliedsstaat aussuchen in dem sie Schutz nach dieser Richtlinie erhalten.

Dabei lässt die Richtlinie leider einen wichtigen Punkt offen, den  Umgang mit Drittstaatsangehörigen. Deutschland will alle Geflüchteten aus der Ukraine unabhängig von ihrer Nationalität aufnehmen. Eine Obergrenze werde es auch nicht geben, sagte Innenministerin Faeser.

Herausforderungen 

Aktuell stehen die Mitgliedsstaaten, vor allem jene an der Grenze zur Ukraine, vor sehr großen Herausforderungen. Bislang gibt es nicht ausreichend Angebote für vulnerable Gruppen wie beispielsweise Kinder. Die Lage an den Grenzen und die Erstaufnahme ist nicht gut und muss schnell besser werden. Wichtig ist auch, dass der Zugang zu staatlichen Leistungen – Schulbildung, medizinische Versorgung – schnell und unkompliziert gewährleistet wird.  

Meine Forderungen und Vorschläge 

Es ist wichtig, dass die Kommission nun koordiniert, dass Geflüchtete, die kein konkretes Zielland haben, Mitgliedstaaten zugeordnet werden, damit wir zu einer fairen Verteilung kommen. Mitgliedstaaten, die viele Geflüchtete aufnehmen, sollten dabei von der EU finanzielle Unterstützung erhalten. Das wichtigste ist aber, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie offen und angemessen umsetzen und dabei auch Drittstaatsangehörigen Zugang gewähren und nicht jene Menschen aussortieren, die zwar aus der Ukraine fliehen mussten, aber keine ukrainischen Staatsbürger:innen sind.  

In den vergangenen Jahren wurden Geflüchtete aus Kriegsgebieten immer wieder zurückgewiesen, obwohl das verboten und unmenschlich war. Man kann nur hoffen, dass die aktuelle Krise dazu beiträgt, dass sich die EU-Staaten an das geltende Recht halten und den heutigen Beschluss schnell umsetzen. Unabhängig von der Richtlinie und den festgelegten Kriterien haben alle Schutzsuchenden das Recht auf einen Zugang zum Asylverfahren. Zurückweisungen darf es nicht geben.

Als Schattenberichterstatter setze ich mich für eine Verbesserung der Handlungsräume zivilgesellschaftlicher Organisationen ein

Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen für die Demokratie und die Entwicklung der Zivilgesellschaft eine zentrale Rolle. Sie können aber nur dann ihre Arbeit effektiv ausführen, wenn es keine unangemessene Einmischung, Einschüchterung oder Kriminalisierung gibt. Leider wurden die Räume für viele NGOs in den vergangenen Jahren kleiner. 37 % der lokalen oder regionalen Organisationen in der EU haben angegeben, dass sich die Situation für sie in 2020 verschlechtert oder sogar maßgeblich verschlechtert hat. Leider werden in vielen EU-Staaten Versuche unternommen, Geflüchteten und Menschen, die Geflüchteten helfen wollen, das Leben schwer zu machen, auch durch Festnahmen oder den Missbrauch von bestehenden Gesetzen.  Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Gerichtsprozess in Griechenland gegen Seán Binder & Sarah Mardini und 22 weitere Personen, denen bis zu 25 Jahre Haft drohen. Die Vorwürfe sind fadenscheinig und es geht einfach nur darum, Menschen, die andere Menschen vor dem Ertrinken gerettet haben, zu bestrafen, um andere abzuschrecken.

Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hat einen sogenannten Initiativbericht (INI) beantragt, an dem ich als Schattenberichterstatter gearbeitet habe. Ich möchte erreichen, dass durch unseren Bericht die Handlungsräume für zivilgesellschaftliche Organisationen in der EU besser geschützt und geregelt werden. Der INI wurde mit großer Mehrheit in der Plenarsitzung dieser Woche angenommen. 

Unsere Forderungen an die Kommission

  • Eine verständliche und konkrete Strategie für den Schutz und die Entwicklung der Zivilgesellschaft und ihrer Organisationen. Konkret eine Implementierung der bereits existierenden Instrumente, Einführung eines Überwachungsmechanismus, die Beseitigung juristischer Lücken und eine echte politische Anerkennung der Rolle von zivilgesellschaftlichen Organisationen.
  • Schaffung eines EU-Alarmmechanismus, worüber zivilgesellschaftliche Organisationen Gefahren melden und dementsprechend die notwendigen Schritte eingeleitet werden können. 
  • Festlegung von klaren Kriterien für Handlungsräume zivilgesellschaftlicher Organisationen und deren Bedeutung. Diese Kriterien sollen verhindern, dass Gesetze erlassen werden können, welche die Handlungsräume einschränken. 
  • Überwachung der Implementierung von EU-Recht und dessen konforme Anwendung und Auslegung. Wenn EU-Staaten dagegen verstoßen, soll ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden. 
  • Sicherstellung der Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, damit diese die ihnen zugewiesenen Rollen und Aufgaben in den verschiedenen  sektoriellen Politiken umsetzen können. 
  • Eine EU-weite Notfallförderung für gefährdete zivilgesellschaftliche Organisationen.
  • Aktive Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen bezüglich der Ausarbeitung  von Arbeitsprogrammen und Fördermechanismen, um Transparenz, Flexibilität und Benutzer:innenfreundlichkeit zu sichern 
  • Stärkere Einbeziehung und Fortbildung von zivilgesellschaftlichen Organisationen bezüglich des Monitorings der Ausgaben über EU-Fonds auf Ebene der Mitgliedstaaten. 
  • Sicherstellung, dass zivilgesellschaftliche Organisationen  bei der Umsetzung und dem Monitoring des nationalen Aufbauplans und anderer Fonds unter geteiltem Management eingebunden sind und Überprüfung, ob nationale Aufbaupläne den Bedarf für zivilgesellschaftliche Organisationen erfüllen. 
  • Sicherung, dass GONGOs, also stark von bestimmten Staaten und ihren Interessen geleitete “NGOs”, nicht von der EU finanziert werden. 
  • Erlassen eines Regelwerks zu grenzüberschreitenden Spenden & Harmonisierung.  
  • EP-Präsidentin soll ein:e Vize-Präsident:in für den Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen ernennen. 

Die Handlungsräume von zivilgesellschaftlichen Organisationen müssen besser geschützt werden. Unser INI wurde vom Innenausschuss angenommen und wird nun an die Kommission weitergegeben. Ich halte euch hier auf dem Laufenden, sobald es Neuigkeiten zu dem Thema gibt.

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