Anfrage: Kriminalisierung von Schutzsuchenden in Griechenland
Um abzuschrecken, verurteilt Griechenland Schutzsuchende zu langen Haftstrafen – gedeckt von der Kommission, die sich weigert einzuschreiten und sich nicht für zuständig erklärt. So wurde Hanad Abdi Mohammad zu einer Haftstrafe von insgesamt 142 Jahren verurteilt, weil er das Steuer eines Bootes übernahm und dabei 31 Menschen rettete. Mit anderen Abgeordneten habe ich gefragt, ob die EU-Kommission sicherstellen wird, dass Griechenland das Völkerrecht einhält und hier eingreifen wird. Diese Frage wurde von der Kommission nicht beantwortet, weiß bedeutet, dass die Kommission nichts zu tun gedenkt.
Meine komplette Anfrage zur Situation in Griechenland und die Antwort der Kommission findet ihr hier:
Meine Anfrage
Betrifft: Kriminalisierung von Migrant:innen in Griechenland
Am 25. Juni 2021 veröffentlichte die New York Times einen Artikel mit dem Titel „He Saved 31 People at Sea. Then Got a 142-Year Prison Sentence“ (Er rettete 31 Menschen das Leben und wurde dann zu 142 Jahren Gefängnis verurteilt). Darin wird geschildert, wie Hanad Abdi Mohammad das Steuer eines Bootes mit 33 Personen übernahm, die aus der Türkei nach Griechenland gelangen wollten, und es in Sicherheit brachte. Daraufhin wurde er wegen Menschenschmuggels zu einer Freiheitsstrafe von 142 Jahren verurteilt, von der er 20 Jahre, die nach griechischem Strafgesetzbuch zulässige Höchststrafe, zu verbüßen hat.
In dem Zeitungsartikel wird darauf hingewiesen, dass Asylsuchende, die das Steuer übernehmen, nachdem Schleuser ein Boot verlassen haben, immer häufiger zum Zweck der Abschreckung und Einschüchterung von einem Gericht schuldig gesprochen und verurteilt werden. Die nichtstaatliche Organisation „Border Monitoring“ hat mindestens 48 Fälle dieser Art allein in Chios und Lesbos festgestellt. Hinzu kommt die Kriminalisierung der irregulären Einreise im Jahr 2020, als Dutzende von Migranten an der griechisch-türkischen Landgrenze zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, anstatt zur Feststellung ihrer Personalien in Aufnahmezentren gebracht zu werden. Schuldsprüche gegen Flüchtlinge als Schleuser verstößt gegen die Asylvorschriften der EU, denen zufolge Flüchtlinge das Recht eingeräumt wird, Asyl zu beantragen.
Wie wird die Kommission sicherstellen, dass Griechenland das EU-Recht und das Völkerrecht in solchen Fällen einhält?
Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 18.10.2021:
Die Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt fällt unter die Schleuser-Richtlinie[1]. Gemäß den Verträgen sind die nationalen Behörden und nicht die Kommission dafür zuständig, Fälle von Menschenschleusung zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen.
In den Leitlinien der Kommission zur Umsetzung der Schleuser-Richtlinie[2] wird klargestellt, dass die Mitgliedstaaten auf Sanktionen verzichten können, wenn der Zweck der Tätigkeit darin besteht, humanitäre Hilfe zu leisten. Ferner wird in den Leitlinien klargestellt, dass gesetzlich vorgeschriebene humanitäre Hilfe niemals unter Strafe gestellt werden darf. Die Kommission wird weiterhin in engem Kontakt mit den Behörden der Mitgliedstaaten stehen, um Informationen über die Umsetzung des Schleuser-Pakets einzuholen und gegebenenfalls bei Verstößen gegen EU-Recht Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten[3] Darüber hinaus wird sie im Zusammenhang mit der Umsetzung des neuen EU-Aktionsplans zur Bekämpfung des Schmuggels (2021-2025) über die Umsetzung des Schleuser-Pakets einschließlich der oben genannten Leitlinien Bericht erstatten.
Die Asylverfahrensrichtlinie[4] sieht vor, dass die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam nehmen dürfen, weil sie internationalen Schutz beantragt hat. Inhaftierte Personen sollten über die Möglichkeit, internationalen Schutz zu beantragen, informiert werden. Außerdem müssen die Mitgliedstaaten den Häftlingen gemäß Artikel 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zeitnah Zugang zum Asylverfahren gewähren.
[1] Richtlinie 2002/90/EG (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 17).
[2] C(2020)6470 vom 23. September 2020.
[3] Mitteilung der Kommission „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ (C(2016) 8600, ABl. C 18 vom 19.1.2017, S. 10).
[4] Richtlinie 2013/32/EU (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).