Anfrage: Griechisches Gesetz zu Rückführungsverfahren
Die griechische Regierung treibt die Abschottung Europas weiter voran und verabschiedete im September ein Gesetz, das Seenotrettung und generell die Einhaltung von Menschenrechten weiter erschwert und daher im Widerspruch zu europäischem Recht steht. Gemeinsam mit Abgeordneten meiner Fraktion, Linken und Sozialdemokraten haben wir die EU-Kommission dazu befragt – die Kommission weicht in ihrer Antwort allerdings allen Fragen aus und verweigert eine Bewertung der Gesetze. Man muss diese „Antwort“ daher als Billigung des griechischen Vorgehens gegen Schutzsuchende interpretieren.
Die gesamte Anfrage mit Antworten in mehreren Sprachen findet ihr auch hier.
Unsere Anfrage
Betrifft: Neues Gesetz über Ausweisungen und Rückführungsverfahren in Griechenland
Am 3. September 2021 verabschiedete das griechische Parlament ein Reformgesetz über Ausweisungen und Verfahren zur Rückführung von Drittstaatsangehörigen, das ausschließlich von einer Mehrheit der Regierungspartei verabschiedet wurde.
In der Entwurfsphase äußerte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović, ernsthafte Vorbehalte gegen den Gesetzesentwurf und forderte gewissermaßen dessen Rücknahme, da er „nicht im Einklang mit den Menschenrechtsnormen steht“ und dadurch „die lebensrettende Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen und ihre Fähigkeit zur Überwachung der Menschenrechte in der Ägäis ernsthaft behindern würden“.
1. Ist die Kommission der Auffassung, dass dieses neue Gesetz und insbesondere dessen Paragraph 40, mit dem Beschränkungen eingeführt werden, die im Wesentlichen nichtstaatlichen Organisationen verbieten, Rettungsmaßnahmen auf See durchzuführen oder zu unterstützen, und diese unter Strafe stellen, mit der Verpflichtung der griechischen Regierung zur Einhaltung der Menschenrechte und den einschlägigen Leitlinien der Kommission vereinbar ist?
2. Billigt die Kommission die tendenziöse Methode, mit der Paragraph 40 nach Ablauf des Zeitraums der öffentlichen Konsultation eingeführt wurde?
3. Ist die Kommission der Auffassung, dass die griechische Regierung durch die Einschränkung aller maßgeblichen Tätigkeiten nichtstaatlicher Organisationen das Recht auf Asyl, die Gewährleistung eines Rechtswegs für alle Rückführungsverfahren, die Nichtzurückweisung und die Unterbindung einer automatischen, rechtswidrigen Masseninhaftierung beschneidet?
Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 6.1.2022
Die Kommission erkennt die aufrichtigen Bemühungen nichtstaatlicher Organisationen (NGO) zur Rettung von Menschenleben auf See an und fordert die Mitgliedstaaten und andere beteiligte Akteure unablässig auf, den einschlägigen rechtlichen Rahmen und humanitäre Grundsätze einzuhalten.
In Hinblick auf eine mögliche Sanktionierung nichtstaatlicher Organisationen, die an Such- und Rettungseinsätzen teilnehmen, weist die Kommission darauf hin, dass die Hilfeleistung für Personen oder Schiffe, die sich in Seenot befinden, eine völkerrechtliche Verpflichtung darstellt und dass die gesetzlich vorgeschriebene humanitäre Hilfe nicht unter Strafe gestellt werden kann. Gleichzeitig obliegt es den Behörden der Mitgliedstaaten, Such- und Rettungseinsätze im Einklang mit den geltenden Bestimmungen des internationalen Seerechts und der internationalen Menschenrechtsnormen zu koordinieren. Es ist wichtig, dass NGO, die an Such- und Rettungseinsätzen teilnehmen, bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten mit den nationalen Behörden zusammenarbeiten.
Die Kommission hat wiederholt die Schlüsselrolle gewürdigt, die der Zivilgesellschaft bei der Wahrung der gemeinsamen Werte und der Grundrechte zukommt. Während es die Aktivitäten privatrechtlicher Einrichtungen, auch diejenigen nichtstaatlicher Organisationen, zu regulieren gilt, um volle Transparenz zu gewährleisten, müssen alle als Voraussetzung für ein Tätigwerden in Griechenland auferlegten Beschränkungen notwendig, gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. In diesem Zusammenhang wird die Kommission die Umsetzung und Anwendung der EU-Rechtsvorschriften über Asyl und Rückkehr weiterhin überwachen. Die Kommission bekräftigt, dass die Mitgliedstaaten in vollem Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Völkerrechts und des EU-Rechts, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, handeln müssen.