Anfrage: Festnahme der niederländischen Journalistin Ingeborg Beugel
Die Journalistin Ingeborg Beugel wurde Anfang Juni auf der griechischen Insel Hydra festgenommen, weil sie einen jungen Afghanen beherbergt hatte. Bei einer Verurteilung droht ihr bis zu einem Jahr Gefängnis. Sie sagt, die Anschuldigungen gegen sie seien unberechtigt und dem jungen Mann handele es sich um einen Flüchtling und nicht um einen illegalen Migranten. Dazu haben die beiden Europaabgeordneten Dietmar Köster und Rosa D`Amato folgende Anfrage geschrieben, die ich auch mit gezeichnet und unterstützt habe. Diese und andere Anfragen findet ihr komplett auf der Homepage des Europaparlaments.
Frage an die Kommission
Nach der Richtlinie 2002/90/EG, in der der Tatbestand der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt von Ausländern im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats definiert wird, können Sanktionen verhängt werden, sofern eine Person einer anderen zu Gewinnzwecken vorsätzlich Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt leistet.
Die Organe der Union haben Schleuserkriminalität bewusst von Handlungen der aktiven Solidarität von Mitgliedern der Zivilgesellschaft unterschieden, die ja nicht nur ohne Folgen für die rechtlichen Verfahren zur Prüfung von Asylanträgen sind, sondern auch tatsächlich die Verwaltungstätigkeiten im Zusammenhang mit Flüchtlingen erleichtern.
Am 13. Juni 2021 wurde in Griechenland eine niederländische Journalistin, die über die Flüchtlingsströme berichtete, nach Artikel 29 Absatz 6 des Gesetzes 4251/2014 festgenommen, da sie einem afghanischen Flüchtling Zuflucht gewährt hatte, obwohl das Verfahren über dessen rechtmäßigen Aufenthalt noch nicht abgeschlossen war. Ihr droht nun eine Haftstrafe, obwohl es nicht den Anschein hat – und auch aus der Anklageerhebung nicht hervorgeht –, dass es ihre Absicht war, aus der Unterbringung des Flüchtlings in ihrem Zuhause Gewinn zu schlagen.
Angesichts dessen wird die Kommission um die Beantwortung der folgenden Frage ersucht:
Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen, um sicherzustellen, dass Handlungen der aktiven Solidarität von den Mitgliedstaaten nicht missbilligt und unterdrückt werden, zumal sich diese Handlungen wesentlich von den Handlungen unterscheiden, die in der Richtlinie 2002/90/EG beschrieben werden?
Antwort der Kommission
Die Kommission hat die Umsetzung der Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein‐ und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt bewertet und u. a. auf dieser Grundlage eine Evaluierung durchgeführt. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie weiterhin überwachen und die Konformität der nationalen Rechtsvorschriften mit dem EU-Rechtsrahmen überprüfen. Nach den Verträgen verfügt die Kommission über keine spezifischen Befugnisse, um Einzelfälle zu untersuchen. Im Einklang mit ihrer allgemeinen Politik in Bezug auf Vertragsverletzungen konzentriert sich die Kommission bei Durchsetzungsmaßnahmen vorrangig auf Fälle, in denen offenbar ein systematischer Verstoß gegen das EU‐Recht vorliegt. Es liegt in der Zuständigkeit der nationalen Behörden, Fälle im Zusammenhang mit der Beihilfe zum irregulären Aufenthalt zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen.
Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten in den Leitlinien der Kommission zur Anwendung der oben genannten Richtlinie ersucht, auch von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, zwischen Handlungen zum Zwecke der humanitären Hilfe und Handlungen zur Erleichterung der irregulären Einreise oder Durchreise zu unterscheiden, um erstere Handlungen von der Kriminalisierung auszunehmen. Die Kommission wird die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften weiterhin überwachen, um sicherzustellen, dass angemessene, wirksame und abschreckende strafrechtliche Sanktionen eingeführt werden, und gleichzeitig zu verhindern, dass diejenigen, die humanitäre Hilfe für in Not geratene Migranten leisten, möglicherweise kriminalisiert werden.