Anfrage: Angriff auf Rettungsschiff Alan Kurdi durch libysche Milizen

Um als Europaabgeordneter meine parlamentarische Kontrollfunktion ausüben zu können, habe ich die Möglichkeit, Anfragen an die EU-Kommission stellen. Die Kommission muss diese Fragen beantworten.
Am 28.02.2020 habe ich von der Kommission Antworten auf folgende Fragen bekommen:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-003535/2019 an die Kommission

Betrifft: Angriff auf Rettungsschiff Alan Kurdi durch libysche Milizen

Männer haben Warnschüsse abgegeben und mit ihrem Bordgeschütz gedroht. Das brachte nicht nur die Crew der Alan Kurdi, sondern auch rund 90 in Seenot befindliche Menschen in Gefahr. Die libyschen Schiffe hatten keine Bootskennung.
Auch liegen Informationen vor, dass Abd Al-Rahman Al-Milad, genannt Al Bija, der auf einer EU-Sanktionsliste wegen Beteiligung an Menschenschmuggel geführt wird, erneut die Leitung der Küstenwache von Zawiya übernommen hat.

1. Kann ausgeschlossen werden, dass die am Angriff beteiligten Milizen oder die regionale Einheit der libyschen Küstenwache in Zawiya von der EU finanziert oder ausgebildet werden bzw. ist überhaupt nachvollziehbar, welche Mittel an welche Küstenwache fließen?

2 . Welche Erkenntnisse hat die Kommission über die an dem Übergriff beteiligten Milizen, und was wurde unternommen, um beispielsweise eine andere libysche Küstenwache zu Ermittlungen in dem Fall zu drängen?

3. Nach einem neuen Dekret der Regierung in Tripolis sollen NGO-Schiffe, die in libyschen Gewässern agieren, künftig eine Genehmigung bei den libyschen Behörden einholen. Wie wird die Kommission dazu beitragen, dass die libyschen Behörden dieses Dekret mit internationalem Recht in Einklang bringen und nicht auf internationalen Gewässern, also beispielsweise in ihrer Seenotrettungszone anwenden?

E-003535/2019
Antwort von Frau Johansson
im Namen der Europäischen Kommission:

Die Kommission hat es immer als Priorität angesehen, die Kapazitäten der Partnerländer zu unterstützen und damit die Such- und Rettungsdienste zur Seenotrettung zu verbessern. Eine angemessene Steuerung der Migration bedarf eines ausgewogenen Ansatzes, der von der Gewährleistung des Schutzes für Menschen in Not bis zur Stärkung des Grenzmanagements reicht.

Für den Hauptempfänger von EU-Mitteln aus dem Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika, der dem libyschen Innenministerium unterstellten Allgemeinen Küstenschutzverwaltung, wurde bisher eine Reihe von Grundkursen für knapp 100 Mitarbeiter abgehalten. Im Rahmen der Operation Sophia nahmen 477 Mitarbeiter der lybischen Küstenwache und dem Verteidigungsministerium unterstehende Marineoffiziere an Schulungen unter anderem über Menschenrechte und Völkerrecht teil. Diese fanden nach einem Überprüfungsverfahren statt, wodurch sichergestellt ist, dass die betreffenden Beamten nicht auf der Sanktionsliste der Vereinten Nationen stehen. Gegen den auf der Sanktionsliste der Vereinten Nationen geführten Leiter der Küstenwache, Abd Al-Rahman al-Milad, sind derzeit Ermittlungen im Gange. Wie die libysche Küstenwache der Kommission mitgeteilt hat, wurde er vom operativen Dienst suspendiert.

Libyen hat das Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See ratifiziert und im Dezember 2017 die libysche Such- und Rettungszone bekannt gegeben. Dadurch ist eindeutig festgelegt, dass für die Koordinierung der Rettungsmaßnahmen in der ausgewiesenen Region primär die libyschen Behörden verantwortlich sind. Die Kommission wird die Projekte weiterhin genau überwachen und die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache und der Allgemeinen Küstenschutzverwaltung im Kontext dieser Projekte sowie im Rahmen der EU‑Mission zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements verbessern. Ziel der Kommission ist es, Libyen dabei zu unterstützen, in seinen Hoheitsgewässern Verantwortung unter Einhaltung internationaler Standards zu übernehmen.