Studie belegt weit verbreiteten Rassismus in der EU

Der aktuelle Bericht “Schwarzsein in der EU” kommt zu dem Ergebnis, dass Rassismus, Diskriminierung und Hassverbrechen ein großes Problem bleiben, obwohl es seit dem Jahr 2000 verbindliche Antidiskriminierungsgesetze gibt. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört unter anderem, dass fast die Hälfte der Befragten rassistische Diskriminierung erlebt haben – ein Anstieg von 39 % im Jahr 2016 auf 45 % im Jahr 2022. Zu den Gründen für die Diskriminierung gehören durch EU-Recht geschützte Personenmerkmale wie Hautfarbe, ethnische Herkunft und religiöse Überzeugungen. Mehr als die Hälfte der Befragten, die sich in mindestens einem Lebensbereich diskriminiert fühlten, gaben an, dass sie aus mehreren Gründen diskriminiert wurden. Hautfarbe, ethnische Herkunft oder Migrationshintergrund waren die am häufigsten genannten Gründe.  

Methodik

Ausgewertet wurden die Antworten von 6 752 Personen aus Subsahara-Afrika und ihren Nachkommen mit Wohnsitz in 13 EU-Mitgliedstaaten: Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Polen, Portugal, Spanien und Schweden. Das wichtigste Auswahlkriterium war das Geburtsland der Befragten oder ihrer Eltern. Das heißt, die Befragten wurden entweder in einem afrikanischen Land südlich der Sahara geboren (Einwanderer*innen) oder in der EU geboren, wobei mindestens ein Elternteil in einem afrikanischen Land südlich der Sahara geboren wurde (Nachkommen von Einwanderer*innen).

Hohe Dunkelziffer

Obwohl Übergriffe nach wie vor weit verbreitet sind, gaben zwei Drittel (64%) der Opfer rassistischer Gewalt an, dass sie den letzten Vorfall, den sie erlebt haben, keiner Organisation oder Stelle gemeldet haben. Und das, obwohl die meisten Opfer rassistischer Gewalt unter psychischen Problemen leiden und befürchten, erneut angegriffen zu werden. Einige Befragte meldeten den Vorfall nicht, weil sie der Meinung waren, dass dies nichts ändern würde (36 %), oder weil sie eine Meldung für zu bürokratisch oder zeitaufwändig hielten (19 %). Andere meldeten den Vorfall nicht, weil sie befürchteten, niemand würde ihnen glauben oder sie ernst nehmen, weil sie kein Vertrauen in die Polizei hatten oder sich vor der Polizei fürchteten (jeweils 16 %). 15 % der Opfer rassistischer Gewalt wussten nicht, wohin sie sich wenden oder an wen sie sich wenden sollten, um eine Anzeige zu erstatten.

Diskriminierung in vielen Bereichen 

Die erlebte Diskriminierung setzt sich auch in den Lebensbereichen Beschäftigung, Wohnen und Gesundheitswesen fort. Während die durchschnittliche Beschäftigungsquote bei Menschen afrikanischer Abstammung im Alter von 20 bis 64 Jahren (71 %) ähnlich hoch ist wie die der Allgemeinbevölkerung (73 %) in derselben Altersgruppe, arbeitet ein Drittel (32 %) der erwerbstätigen Befragten in einfachen Berufen, verglichen mit einem Durchschnitt von 8 % für die Allgemeinbevölkerung in allen 27 EU-Mitgliedstaaten. Die Überqualifizierungsquote ist bei den Befragten afrikanischer Abstammung höher als bei der Allgemeinbevölkerung, unabhängig davon, ob sie Staatsangehörige des Erhebungslandes (35 % gegenüber 21 %) oder Drittstaatsangehörige (57 % gegenüber 40 %) sind.

Armut 

Die Befragten sind auch stärker von Armut, sozialer Ausgrenzung und Energiearmut bedroht als die Allgemeinbevölkerung. Ein Drittel (32 %) von ihnen hat Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen, verglichen mit 18 % der Allgemeinbevölkerung. 14 % können es sich nicht leisten, ihre Wohnung warm zu halten, verglichen mit 7 % der Allgemeinbevölkerung. 18 % sind mit ihren Strom- und Gasrechnungen im Rückstand, mehr als doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung (6 %). Fast jede*r zweite Befragte (45 %) in den 13 untersuchten Ländern lebt in überfüllten Wohnungen, ein viel höherer Anteil als in der Allgemeinbevölkerung (17 %).

Diejenigen, die versuchen, eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen, werden ebenfalls rassistisch diskriminiert. In einigen Ländern wird dies durch den sozialen Wohnungsbau abgemildert. Eine*r von vier (23 %) der Befragten afrikanischer Abstammung gab an, dass ein*e private*r Immobilienbesitzer*in sie aufgrund ihrer Hautfarbe oder ethnischen Herkunft daran gehindert hat, eine Wohnung oder ein Haus zu mieten. Die Befragten waren mehr als viermal so häufig von Diskriminierung betroffen, wenn sie versuchten, eine Wohnung von einer*einem privaten Eigentümer*in zu mieten, als wenn sie versuchten, eine Wohnung von einer öffentlichen oder kommunalen Behörde zu mieten (5 %).

Racial Profiling 

Darüber hinaus ist mehr als die Hälfte der Menschen afrikanischer Abstammung der Meinung, dass ihre jüngste Polizeikontrolle das Ergebnis eines rassistischen Profilings war. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen, einschließlich der Polizei, des Rechtssystems und der lokalen Behörden, untergraben können. So ist beispielsweise das durchschnittliche Vertrauen in die Polizei bei Befragten, die sich rassistisch diskriminiert fühlten, um 1,2 Prozentpunkte geringer als bei Befragten, die keine rassistische Diskriminierung erlebt hatten. Vergleicht man die Ergebnisse von 2016 und 2022 in Bezug auf das wahrgenommene rassistische Profiling unter den Befragten afrikanischer Abstammung, so stieg die durchschnittliche Quote in allen untersuchten Ländern von 41 % (2016) auf 48 % (2022). Männer werden mit größerer Wahrscheinlichkeit angehalten als Frauen.