So funktioniert die Regelung, mit der die EU Geflüchtete aus der Ukraine aufnimmt
Alle 27 EU-Staaten sind bereit, Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. Nach einem Treffen der EU-Innenminister:innen am 03. März 2022 wurde bekannt gegeben, dass die EU eine Richtlinie aktivieren wird, die Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine Schutz in der EU garantiert – ohne aufwendige Asylverfahren. Es ist großartig, dass Europa bei der Aufnahme von Geflüchteten endlich zusammenhält. Durch die Aktivierung der Richtlinie wird den Geflüchteten aus der Ukraine unbürokratisch Schutz und Perspektive geboten. Die Richtlinie sagt auch klar, dass die Geflüchteten ein Recht darauf haben zu arbeiten und sich selbstständig zu machen. Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass die Geflüchteten entweder eine angemessene Unterkunft erhalten oder Mittel bekommen, um sich selbst um so eine Unterkunft zu kümmern. Auch medizinische Versorgung und der Zugang zum Bildungssystem müssen gewährleistet werden.
Aktuelle Fluchtbewegungen aus der Ukraine
Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien haben ihre Grenzen geöffnet und lassen alle Menschen aus der Ukraine einreisen. Dafür brauchen die Flüchtenden auch keinen Reisepass, den viele Ukrainer:innen nicht haben. Auch das Nicht-EU-Land Republik Moldau lässt Flüchtende einreisen. Aufgrund der Generalmobilmachung können aber ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren in den meisten Fällen nicht aus der Ukraine ausreisen. Bislang sind laut UNHCR (Stand 11.03.2022) über 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, hinzukommen noch mehr als eine Millionen Binnenflüchtlinge in der Ukraine. Putins Angriffskrieg hat zur größten Fluchtbewegung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs in Europa geführt.
Die rechtliche Grundlage
Die rechtliche Grundlage für dieses Handeln ist die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie 2001/55/EG. Dänemark ist der einzige EU-Staat, der sich außerhalb des Geltungsbereichs der Direktive befindet. Die Richtlinie bietet einen Mechanismus für die EU-weit koordinierte Aufnahme einer großen Zahl von Geflüchteten jenseits des individuellen Asylverfahrens und jenseits des Dublin-Systems. Zuständig dafür, einen “Massenzustrom” festzustellen, ist der Rat der Europäischen Union. Das Parlament wird nur über die Entscheidung informiert, darf sich aber nicht vorab dazu äußern.
Entstanden ist dieses Gesetz zur Schutzgewährung nach den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien in den 1990er Jahren, kam aber bislang nicht zum Einsatz. 2015 wurde es nicht angewendet, weil nicht absehbar war, ob der notwendige EU-Beschluss zustanden kommen würde.
Wie geht es jetzt weiter?
Grundsätzlich steht in der Richtlinie erstmal ein Jahr als Mindestdauer, aber diese kann verlängert werden. Die konkrete Umsetzung der Richtlinie liegt bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen nun Zusagen darüber machen, wie viele Geflüchtete sie konkret aufnehmen wollen. Die ukrainischen Geflüchteten können sich selbst einen EU-Mitgliedsstaat aussuchen in dem sie Schutz nach dieser Richtlinie erhalten.
Dabei lässt die Richtlinie leider einen wichtigen Punkt offen, den Umgang mit Drittstaatsangehörigen. Deutschland will alle Geflüchteten aus der Ukraine unabhängig von ihrer Nationalität aufnehmen. Eine Obergrenze werde es auch nicht geben, sagte Innenministerin Faeser.
Herausforderungen
Aktuell stehen die Mitgliedsstaaten, vor allem jene an der Grenze zur Ukraine, vor sehr großen Herausforderungen. Bislang gibt es nicht ausreichend Angebote für vulnerable Gruppen wie beispielsweise Kinder. Die Lage an den Grenzen und die Erstaufnahme ist nicht gut und muss schnell besser werden. Wichtig ist auch, dass der Zugang zu staatlichen Leistungen – Schulbildung, medizinische Versorgung – schnell und unkompliziert gewährleistet wird.
Meine Forderungen und Vorschläge
Es ist wichtig, dass die Kommission nun koordiniert, dass Geflüchtete, die kein konkretes Zielland haben, Mitgliedstaaten zugeordnet werden, damit wir zu einer fairen Verteilung kommen. Mitgliedstaaten, die viele Geflüchtete aufnehmen, sollten dabei von der EU finanzielle Unterstützung erhalten. Das wichtigste ist aber, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie offen und angemessen umsetzen und dabei auch Drittstaatsangehörigen Zugang gewähren und nicht jene Menschen aussortieren, die zwar aus der Ukraine fliehen mussten, aber keine ukrainischen Staatsbürger:innen sind.
In den vergangenen Jahren wurden Geflüchtete aus Kriegsgebieten immer wieder zurückgewiesen, obwohl das verboten und unmenschlich war. Man kann nur hoffen, dass die aktuelle Krise dazu beiträgt, dass sich die EU-Staaten an das geltende Recht halten und den heutigen Beschluss schnell umsetzen. Unabhängig von der Richtlinie und den festgelegten Kriterien haben alle Schutzsuchenden das Recht auf einen Zugang zum Asylverfahren. Zurückweisungen darf es nicht geben.