Parlament kritisiert Gelder für tunesischen Autokraten
In einer Resolution des Europäischen Parlaments haben wir Abgeordneten die Freigabe von Geldern für die tunesische Regierung kritisiert. Meine Rede im Plenum dazu findet ihr hier.
Die Fraktionen der EVP und Renew Europe haben sich ebenso wie die ECR- und ID-Fraktion gegen die Behandlung der Resolution gewehrt. Der Antrag aus unserer Fraktion auf Behandlung hatte trotzdem Erfolg. Deutliche Kritik wurde beispielsweise daran geäußert, dass die Kommission Zahlungen an Tunesien in einem Dringlichkeitsentschluss Ende vergangenen Jahres beschlossen hatte, um damit Kontrollrechte des Europäischen Parlaments zu umgehen.
Die Resolution wurde recht deutlich angenommen (Ja: 243, Nein: 167, Enthaltung: 41). Wir als EU-Parlament betonen in der Resolution, dass die Einhaltung von Menschenrechten, demokratischer Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit die Bedingung für solche Geldzahlungen sein muss. Die tunesische Regierung hat 150 Millionen Euro fast ohne Bedingungen bekommen. Die Resolution kritisiert die Verwendung eines „dringenden schriftlichen Verfahrens“ für die Annahme der Maßnahme ohne vorherigen Kontakt zum Parlament. Dadurch wird das Parlament nicht beteiligt.
Zudem werden Bedenken hinsichtlich der Achtung der rechtlichen Grundprinzipien, insbesondere angesichts der Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Tunesien seit Juli 2021, geäußert. Das Parlament fordert die Kommission auf, detaillierte Informationen darüber bereitzustellen, wie und wann die Bedingungen für die Budgethilfe erfüllt werden und wie der Fortschritt objektiv bewertet wird. Darüber hinaus wird gefordert, dass die Kommission erklärt, warum die Unterstützung in einer einzigen Tranche ausgezahlt wird und wie diese Maßnahme zur Verbesserung des Geschäfts- und Investitionsklimas in Tunesien beitragen soll. Schließlich wird die Kommission aufgefordert, zu erklären, warum die tunesischen Behörden frühere EU-Budgethilfen abgelehnt haben und welche Garantien es gibt, dass das Europäische Parlament EU-finanzierte Projekte in Tunesien besuchen kann.
Die EU macht sich von Diktatoren erpressbar
Wir erleben in Tunesien eine Aushöhlung von Demokratie und Grundrechten, gekrönt von rassistischen und antisemitischen Ausfällen von Präsident Kais Saied. Wir sind nicht gegen Verhandlungen mit Drittstaaten, auch nicht mit schwierigen Regimen oder Regierungen. Aber die unwürdige Geldkofferpolitik, die wir in den letzten Jahren erleben, trägt weder zur Bekämpfung von Fluchtursachen noch zur besseren Steuerung von Migration bei. Statt endlich die Herausforderungen anzunehmen, kopiert man einfache falsche Antworten von Rechtsaußenparteien und wundert sich dann, warum man jedes Jahr die gleichen Diskussionen zu Migration führt.
Nachdem Ursula von der Leyen, Giorgia Meloni und Marc Rutte letzten Sommer eine Vereinbarung mit Tunesien treffen wollten, haben die tunesischen Behörden Geflüchtete einfach ohne Wasser und Nahrung in der Wüste ausgesetzt, Dutzende sind schlicht verdurstet. Von den im Sommer noch angekündigten Bedingungen, wie Fortschritten bei der Demokratieförderung und der Wahrung von Menschenrechten, ist nun keine Rede mehr.
Das Migrationsabkommen mit Diktatoren keine langfristige Perspektive darstellen, haben wir schon beim EU-Türkei-Deal oder der Zusammenarbeit mit dem Niger gelernt. Saied hat sich nicht als verlässlicher Partner erwiesen und letztes Jahr sowohl EU-Abgeordneten und Kommissionsmitarbeitern Besuche verweigert. Die EU macht sich von Diktatoren erpressbar. Wenn es keine Kontrolle über die Verwendung von Gelder durch Diktatoren gibt, sollte es kein Geld geben.
Die Migrationsbewegungen enden auch nicht, sie verlagern sich nur auf noch gefährlichere Routen. Dass Ursula von der Leyen für diesen Sonntag einen Besuch in Kairo für das nächste EU-Migrationsabkommen, erneut ohne vorherige Rücksprache mit dem Europäischen Parlament, angekündigt hat, zeigt, dass es hier vor allem um Wahlkampf und nicht um nachhaltige Lösungen geht.