Brexit: Auswirkungen auf die Entwicklungszusammenarbeit
Mit Beginn dieses Jahres sind die Übergangsregelungen zum EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ausgelaufen. Der Brexit hat Auswirkungen auf unterschiedlichste Wirkungsfelder der Europäischen Union, die nach und nach sichtbar werden. Offensichtliche und unmittelbare Auswirkungen wie Visafreiheit oder Zölle, die momentan vor allem in Hinsicht auf die Umsatzeinbußen von britischen Fischern Schlagzeilen machen, aber auch solche, deren Ausmaße momentan noch schwer abseh- und einschätzbar sind. Dazu gehört auch das Thema Entwicklungszusammenarbeit.
Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich, das am 01. Januar 2021 vorläufig in Kraft getreten ist und noch der Zustimmung durch das Europäische Parlament bedarf, enthält keinerlei Verweise auf Entwicklungszusammenarbeit oder humanitäre Hilfe. Nur die nachhaltigen Entwicklungsziele werden am Rande erwähnt. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreich verringert sich nicht nur das gesamte EU-Budget, auch für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe stehen nun weniger Gelder zur Verfügung. Es kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass es in absehbarer Zeit eine engere Kooperation bei Entwicklungs- oder humanitären Maßnahmen geben wird. Der im Abkommen festgelegte allgemeine Rahmen für die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an EU-Programmen räumt dem Land kein Mitspracherecht ein. Auch im kürzlich verhandelten neuen Instrument für Entwicklungskooperation und Nachbarschaftshilfe wurden keine konkreten Bestimmungen vorgesehen, die eine baldige Kooperation erleichtern würden.
Drastische Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit
Die nationalistischen Tendenzen im Vereinigten Königreich – einer der Gründe für den Brexit – haben auch dazu geführt, dass die Johnson-Regierung kürzlich drastische Kürzungen beim Budget für Entwicklungszusammenarbeit von 0,7 % auf 0,5 % des Staatshaushalts angekündigt hat.
Die Aufwendung von mindestens 0,7 % des Bruttonationaleinkommens ist dabei die Zielmarke der Vereinten Nationen. Zum Vergleich: In Deutschland lagen die Ausgaben im Jahr 2019 bei 0,6 %, der EU-Durchschnitt lag bei lediglich 0,46 %. Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklung bleibt das Vereinigte Königreich ein wichtiger Akteur in Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe, auch wegen der hohen (Projekt-)Erfahrung. Darauf hat der Entwicklungsausschuss des Europaparlaments in der letzten Woche hingewiesen. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur Ratifizierung des Handels-und Kooperationsabkommen wurde über den Entwicklungsausschuss ein kurzer Brief verfasst, adressiert an den gemeinsam zuständigen Handels- und Außenausschuss. Darin fordern wir, dass das Vereinigte Königreich dazu beitragen soll, die negativen Auswirkungen des Brexit auf Entwicklungsländer zu minimieren, und sein Engagement aufrechterhalten, bei der Entwicklungshilfe und der humanitären Hilfe an vorderster Front zu stehen. Wir hoffen ebenso auf eine enge Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich als Geber. Das schlließt die Möglichkeit mit ein, auf die Kapazitäten des jeweils anderen zurückzugreifen, um die Effizienz, die Wirksamkeit der Entwicklung und die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu maximieren.
Hoffen auf gute Zusammenarbeit in der Zukunft
Inwiefern sich diese Hoffnungen erfüllen werden, ist momentan nicht abzusehen. Es bleibt wohl zu befürchten, dass es in der näheren Zukunft eher zu Dopplungen bei Maßnahmen auf der einen Seite und dem Wegfall von Hilfen auf der anderen Seite kommen wird, bevor mit einer erneuten konstruktiven Zusammenarbeit zu rechnen ist. Einen weiterführenden Kommentar zu möglichen Auswirkungen findet ihr hier. Wozu die Budgetkürzung im Vereinigten Königreich für Empfängerländer führen könnte, lest ihr hier.