Anfrage zum „temporären“ Lager Mavrovouni auf Lesbos
Geflüchtete dürfen das neue Moria auf Lesbos nicht mehr einfach verlassen. Zu den Zuständen habe ich der Kommission Fragen gestellt.
Die Kommissarin schreibt in ihrer Antwort auf meine parlamentarische Anfrage, die sich nach Push-Backs an der griechisch-türkischen Seegrenze und der Rolle der EU-Grenz- und Küstenwache Frontex erkundigt: „Eine effektive und gut funktionierende Agentur für das Außengrenzmanagement, die den Schutz der Grundrechte bei der Ausübung ihrer Funktionen garantiert, gehört zu den Prioritäten der Kommission.„
Und dennoch tun die Kommission, Frontex und die EU-Mitgliedstaaten ihr Möglichstes, um jede Verantwortung für die systematischen und schwerwiegenden Grundrechtsverletzungen zu vermeiden, die Asylsuchende jeden Tag aufs Neue gefährden.
Hier findet ihr die vollständige Anfrage auf der Homepage des Europäischen Parlaments.
Ich habe der EU-Kommission folgende Frage am 1. Februar gestellt:
Betrifft: Lebensbedingungen im „temporären“ Lager Mavrovouni auf Lesbos.
Seit Anfang November dürfen Geflüchtete das neue Lager Kara Tepe (Mavrovouni) auf Lesbos nicht verlassen, außer für besonders wichtige Termine. Begründet wird dies mit der Notwendigkeit, die Ausbreitung von COVID-19 zu verhindern. Die Schutzsuchenden sind nun de facto eingesperrt.
Nach einem Besuch am 28.11.2020 hat Minister Mitarakis die Maßnahmen, um das Lager winterfest zu machen, für abgeschlossen erklärt, obwohl die Lebensbedingungen noch völlig unzureichend sind.
Das Lager befindet sich auf einem stillgelegten Schießplatz, weshalb ernsthaft zu vermuten ist, dass das Gelände mit Blei verseucht ist. Die Kommission vertraut hier offenbar den unbestätigten Angaben der griechischen Behörden, die auch drei Monate nach Eröffnung des Lagers keine unabhängigen Laboruntersuchungen des Bodens vorlegen konnten. Zusätzlich spricht die griechische Regierung bei den neuen Lagern von „closed controlled structures“, und Journalistinnen und Journalisten wird seit Monaten der Zugang zum Lager untersagt.
1. Bewertet die Kommission den Zustand eines Lagers, in dem nur in Ausnahmefällen Ausgangsmöglichkeiten bestehen, als geschlossenes Lager oder als Haft?
2. Wie begründet die Kommission die Nichteinhaltung der Aufnahmerichtlinie im Lager, und welche Maßnahmen wurden ergriffen, um gesundheitliche Gefahren auf dem Schießplatz auszuschließen?
3. Wie stellt die Kommission sicher, dass EU-Gelder nicht für geschlossene Lager verwendet werden?
Antwort von Kommissarin Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 19.4.2021:
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie haben die griechischen Behörden restriktive Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erlassen, die landesweit gelten und die Aufnahmezentren miteinschließen. Die Bewohner der Aufnahme- und Unterbringungseinrichtungen dürfen diese nur aus bestimmten Gründen betreten und verlassen. Zu diesen Gründen zählen die Deckung der Grundbedürfnisse oder laufende Asylverfahren.
Bei den mit Unterstützung der Taskforce der Kommission für das Migrationsmanagement durchgeführten Arbeiten zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen im provisorischen Aufnahme- und Identifizierungszentrum (RIC) Mavrovouni werden Fortschritte gemacht. Die Hellenic Survey of Geology and Mineral Exploration entnahm Bodenproben und untersuchte diese auf Bleikontamination, um zu überprüfen, ob die Unterbringung in diesem Aufnahme- und Identifizierungszentrum ungefährlich ist. Die Ergebnisse und Einzelheiten der Untersuchungen sind öffentlich zugänglich. Von den 12 entnommenen Bodenproben lag eine Probe, die in der Nähe eines Verwaltungsbereichs entnommen wurde, über dem Grenzwert. Die griechischen Behörden haben das Gebiet eingezäunt, neue Erde aufgetragen, ein Betonfundament im Verwaltungsbereich gegossen und auf dem gesamten Gebiet einen Meter Erde zusätzlich aufgetragen. Nach Abschluss der Arbeiten wird erneut kontrolliert.
Das neue Zentrum auf Lesbos wird ein multifunktionales Zentrum mit technischen Vorkehrungen, die es den Bewohnern ermöglichen, das Zentrum mit Zugangsausweisen zu betreten und zu verlassen.