Anfrage: Unterstützt die EU geschlossene Massenlager in Griechenland?
Am 28.5.2021 veröffentlichte das griechische Ministerium für Migration und Asyl eine Ausschreibung zur Konstruktion der geplanten neuen „multi-purpose reception and identification centres” auf Lesbos und Chios. Insgesamt 142 Millionen € werden dafür bereitgestellt. In der Ausschreibung wird explizit erwähnt, dass es sich um „geschlossene, kontrollierte Strukturen” handelt, die zu 100 % mit Geldern der Europäischen Union finanziert werden. Die EU-Kommission hat allerdings versprochen, dass die Lager offen sein sollen. Deswegen habe ich dazu eine Anfrage an die EU-Kommission verfasst. Die EU-Kommission antwortete, dass es sich im Einklang mit dem EU-Recht um offene Zentren handeln werde. Die Kommission behauptet die EU-finanzierten Lager werden offen sein, die griechische Regierung sagt, sie werden geschlossen sein. Die Kommission sagt zudem, dass es „im Hinblick auf die Wasser-, Sanitär‐ und Elektrizitätsversorgung, die Schotterung sowie die Vorbereitung auf den Winter und die Instandsetzung“ zu erheblichen Verbesserungen gekommen sei. Außerdem habe die griechische Regierung versprochen, im Winter werde niemand mehr in den Lagern frieren müssen. Bei meinem letzten Besuch vor zwei Wochen war das Lager Mavrovouni noch eine Baustelle. Ich hoffe sehr, dass die griechische Regierung ihr Versprechen hält und in diesem Jahr, zum ersten mal seit 2015, wirklich niemand mehr in Zelten frieren muss.
Meine Anfrage
Betrifft: Ausschreibung des griechischen Migrationsministeriums zur Konstruktion geschlossener Lager auf Lesbos und Chios
Am 28.5.2021 veröffentlichte das griechische Ministerium für Migration und Asyl eine Ausschreibung zur Konstruktion der geplanten neuen „multi-purpose reception and identification centres” auf Lesbos und Chios. Insgesamt 142 Millionen EUR werden dafür bereitgestellt. In der Ausschreibung wird explizit erwähnt, dass es sich um „geschlossene, kontrollierte Strukturen” handelt, die zu 100 % mit Geldern der Europäischen Union finanziert werden. Dabei wird auch explizit erwähnt, dass die geplanten Projekte eine direkte Umsetzung von EASO-Standards sein werden. Die in der Ausschreibung vorgeschriebene Zeit bis zur Fertigstellung des Projekts beträgt 8 Monate ab Vertragsunterzeichnung. Eine Fertigstellung in diesem Jahr scheint demnach unmöglich. Die Widerstände auf den Inseln haben zudem schon vor über einem Jahr jeglichen Baufortschritt auf Lesbos verhindert.
1. Wie sieht der aktuelle Zeitplan des gemeinsamen Lenkungsausschusses hinsichtlich der Fertigstellung der Lager auf den Inseln aus?
2. Ist die Ausschreibung fehlerhaft und muss sie korrigiert werden, oder wird EU-Geld nun für den Bau geschlossener Lager verwendet?
3. Im „temporären” Lager Mavrovouni werden Mindeststandards der Aufnahmerichtlinie weiterhin nicht eingehalten. Wie rechtfertigt die Kommission, dass auch im nächsten Winter wieder Schutzsuchende in Europa in Zelten in einem unwürdigen Lager überwintern müssen, obwohl seit 2015 jährlich versprochen wird, diese Zustände zu beenden?
Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission am 23.07.2021
Die Kommission arbeitet über eine spezielle Task Force intensiv mit den griechischen Behörden zusammen, um auf Lesbos und Chios neue multifunktionale Aufnahme‐ und Identifizierungszentren zu schaffen. Der Bauprozess der neuen Einrichtungen wird intensiv überwacht, unter anderem im Rahmen monatlicher Sitzungen des Lenkungsausschusses. Das Ausschreibungsverfahren für die neuen Zentren auf Lesbos und Chios läuft derzeit.
Die Kommission hat 155 Mio. EUR für die Einrichtung neuer Zentren auf den Inseln Lesbos und Chios bereitgestellt. Im Einklang mit dem EU-Recht wird es sich hierbei — vorbehaltlich der erforderlichen und verhältnismäßigen Zugangsregelungen — um offene Zentren handeln. Sie werden verschiedene Bereiche umfassen, darunter Aufnahme‐ und Identifizierungsstrukturen für Neuankömmlinge, Unterkunftsmöglichkeiten, sichere Bereiche für unbegleitete Kinder und Jugendliche, Freizeitbereiche und Abschiebeeinrichtungen. Bei den Abschiebeeinrichtungen für Personen, gegen die eine Rückkehranordnung ergangen ist, wird es sich um geschlossene Bereiche handeln. Personen, die in den anderen Bereichen untergebracht sind, werden das Gelände über ein Zugangssystem mit speziellen Ausweisen betreten und verlassen können.
Dank der gemeinsamen Anstrengungen der griechischen Behörden, der Kommission und der EU-Agenturen konnten die Bedingungen in der provisorischen Aufnahmeeinrichtung in Mavrovouni erheblich verbessert werden, insbesondere im Hinblick auf die Wasser-, Sanitär‐ und Elektrizitätsversorgung, die Schotterung sowie die Vorbereitung auf den Winter und die Instandsetzung. Mavrovouni bleibt jedoch eine provisorische Unterbringungseinrichtung. Die griechischen Behörden haben der Kommission zugesichert, dass niemand in Mavrovouni einen weiteren Winter in Zelten verbringen wird.