20 Fragen und Antworten zu Flucht
Ich erhalte viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu meiner Arbeit und meinen Themenbereichen Flucht und Migration. Die meisten sind von ehrlichem Interesse geleitet und ich beantworte sie auch sehr gerne. Leider gibt es auch eine laute Minderheit, die immer wieder versucht, anderen ihre rassistische und rechtspopulistische Weltsicht aufzudrängen. Das dürfen wir natürlich nicht zulassen. Deswegen habe ich die häufigsten Fragen hier aufgeschrieben und beantwortet. Dieser Beitrag dient der Information zu häufigen Fragen, aber auch zur Argumentation gegen rechtes Gedankengut.
1. Wenn wir mehr Menschen retten – kommen dann nicht auch immer mehr?
Viele Menschen glauben, dass Seenotrettung an den Außengrenzen verhindert werden muss, weil sonst immer mehr Menschen nach Europa kommen. Studien belegen aber, dass die Zahlen der Überfahrten nicht sinken, wenn Seenotrettung verhindert wird. Aber ohne Seenotrettung ertrinken mehr Menschen. Und ganz ehrlich: Selbst wenn die vielen Toten im Mittelmeer abschrecken würden: Wollen wir Menschen, die vor Krieg und Terror aus Ländern wie Libyen fliehen, wirklich an Europas Grenzen ertrinken lassen, statt sie zu retten? Seenotrettung ist eine völkerrechtliche Verpflichtung. Wir können doch nicht europäische Grenzen bauen, die gefährlicher sind als Bürgerkriege, nur damit die Menschen im Krieg bleiben müssen, statt Schutz zu finden.
2. Es kommen vor allem junge Männer, oder?
Weltweit sind so viele Frauen wie Männer auf der Flucht. Im Jahr 2020 sind in Deutschland bislang 43% der Asylsuchenden Frauen und 57% Männer. Nur etwa 20% der Asyl-Erstantragsteller*innen sind junge Männer zwischen 15 und 34.
Dass insgesamt etwas mehr Männer als Frauen nach Europa fliehen, hat verschiedene Gründe: Viele Familien können sich die Flucht nur für eine Person leisten. Frauen sind auf der Flucht der Gefahr ausgesetzt, verschleppt oder vergewaltigt zu werden. Deswegen flüchten Familienväter oft alleine und versuchen, Frau und Kind dann legal nachzuholen. Da der Familiennachzug inzwischen stark beschränkt ist, müssen mehr Frauen und Kinder auf lebensgefährlichen Fluchtrouten fliehen. Außerdem haben Männer manchmal spezielle Fluchtgründe, wie zum Beispiel die Wehrpflicht für einen Diktator, der gegen die eigene Bevölkerung kämpft. Dass drohender Wehrdienst in solchen Situationen ein Fluchtgrund ist, hat der Europäische Gerichtshof kürzlich in einer Entscheidung bestätigt.
3. Sind das überhaupt echte Flüchtlinge oder nur Wirtschaftsmigranten, die zu uns kommen?
Die meisten Geflüchteten in Deutschland kommen aus den Kriegsgebieten Syrien, Irak, Afghanistan und Eritrea. Sie sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Nach der inhaltlichen Prüfung bekommen mehr als die Hälfte der Asylsuchenden in Deutschland einen positiven Bescheid. Niemand begibt sich leichtfertig auf auf eine lebensgefährliche Flucht. Asyl bekommt man nur, wenn man politisch verfolgt wird. Nicht jeder Mensch, der nach Europa kommt, hat also ein Recht auf Asyl – aber jeder Mensch hat das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Und auch wenn Menschen keinen Schutzstatus erhalten, ist das noch lange keine Rechtfertigung dafür, sie zu misshandeln, wie es an den Grenzen Europas oft geschieht.
4. Wollen die Bürgerinnen und Bürger denn überhaupt noch Flüchtlinge aufnehmen?
87 Prozent gaben nach dem Brand in Moria an, dass Deutschland Menschen von den griechischen Inseln aufnehmen sollte. Nur elf Prozent sind dagegen. 208 Kommunen sind bereit, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Mehrere Bundesländer haben bereits zugesagt, mehr Menschen aufzunehmen, als sie laut Verteilungsschlüssel der Bundesregierung müssten. Es ist eine kleine Minderheit der Menschen, die Flüchtlingen gar nicht helfen will. Die meisten sagen: Wir haben Platz und wir wollen auch helfen. Doch leider verhindert die Bundesregierung, dass die Hilfsbereitschaft genutzt wird. Dabei sollte sie eigentlich auch ganz unabhängig von Mehrheiten für die Grundrechte von Minderheiten einstehen. Der Schutz von Menschenrechten ist eine Grundbedingung der Demokratie.
5. Seit 2015 kommen doch mehr Flüchtlinge, als wir verkraften können, oder?
2015 und 2016 kamen verhältnismäßig viele Menschen – vor allem aus dem syrischen Bürgerkrieg – nach Deutschland und Europa. Doch in den letzten Jahren fliehen wieder viel weniger Menschen nach Europa. Alleine im Monat Oktober 2015 kamen laut UN-Angaben mehr Menschen als jeweils in den Jahren 2017, 2018 oder 2019.
Auch die Zahl der Asylanträge in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark rückläufig. 2019 und auch 2020 stellten weniger Menschen in Deutschland Asylanträge als in den Jahren vor 2015. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag von 2017 festgehalten, dass zwischen 180.000 und 220.000 Menschen im Jahr in Deutschland Zuflucht finden könnten. Doch im letzten Jahr gab es nur ungefähr 140.000 neue Asylanträge, in diesem Jahr wird die Zahl der Anträge noch einmal deutlich geringer ausfallen.
6. Ich hab gehört, die Flüchtlinge wollen nicht arbeiten und lernen kein Deutsch. Stimmt das?
Eine deutliche Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland ist in Arbeit oder macht eine Ausbildung. Doch in der Coronakrise haben viele Geflüchtete ihre Arbeit verloren und sind besonders stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen, da sie oft in der Gastronomie oder anderen Branchen arbeiten, die jetzt dicht sind. Im Juli 2020 waren 420.000 Menschen aus Asylherkunftsstaaten in Beschäftigung. Für das Wintersemester 2018/2019 haben sich fast 3000 Menschen mit Fluchthintergrund an deutschen Universitäten immatrikuliert. Aktuell befinden sich außerdem 55.000 Menschen aus den acht häufigsten Asylherkunftsländern in einer Ausbildung. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Im Jahr 2019 haben 195.000 Menschen an einem sogenannten “Deutschtest für Zuwanderer” teilgenommen. 82% der Teilnehmenden erreichten das Sprachniveau A2 oder besser.
7. Heißt mehr Flüchtlinge nicht auch mehr Kriminalität?
Deutschland ist auch in den letzten Jahren eines der sichersten Länder weltweit. In den letzten Jahren ist die Anzahl von schweren Straftaten weiter gesunken.
Warum tauchen Geflüchtete dann trotzdem häufiger in Kriminalitätsstatistiken auf? Das hat viele Gründe: Die Statistiken basieren oft auf Verdächtigungen und nicht auf Urteilen – und Geflüchtete werden öfter verdächtigt. Außerdem müssen für den Vergleich von Kriminalität all die Straftaten herausgerechnet werden, die Deutsche ja gar nicht begehen können: Fehlende Aufenthaltserlaubnisse oder Verstöße gegen Meldeauflagen zum Beispiel. Wenn man das bedenkt, wird deutlich, dass Geflüchtete ähnlich selten Straftaten wie vergleichbare gesellschaftliche Gruppen begehen, die nicht zugewandert sind.
8. Aber nehmen uns die Flüchtlinge nicht die Arbeitsplätze weg?
Obwohl 2015 und 2016 so viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, ist die Arbeitslosigkeit weiter gesunken. Die Arbeitsmarktsituation verschlechtert sich durch Zuwanderung also nicht. Dazu kommt: Asylbewerber dürfen oft nicht arbeiten, solange sie sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung aufhalten. Ihre Arbeitserlaubnis bekommen sie erst einige Monate, nach dem sie ausgezogen sind. Tatsächlich sind in Deutschland auch zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt und es herrscht in manchen Regionen ein Mangel an Arbeitskräften. Deswegen begrüßen auch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände Migration und setzen sich für eine schnelle Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt ein. Und zu guter Letzt: Rechtspopulisten müssten sich schon entscheiden: Nehmen die Flüchtlinge nun die Arbeitsplätze weg, oder sind sie alle faul und wollen alle Sozialleistungen? Manchmal schließen sich Vorurteile auch gegenseitig aus.
9. Deutschland macht doch eh schon so viel. Wieso sollen nicht mal die anderen Länder was machen?
Weltweit befinden sich 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Nur einer von 72 Flüchtlingen weltweit befindet sich in Deutschland. Denn die meisten Menschen fliehen nicht nach Europa: 85% der Flüchtenden suchen Schutz in sogenannten Entwicklungsländern, über die Hälfte bleibt bei der Flucht innerhalb ihres Landes. 4,2 Millionen Menschen sind Asylsuchende. Ein Großteil der Menschen auf der Flucht findet Schutz in Ländern des globalen Südens: Türkei , Kolumbien, Pakistan, Uganda.
Gemessen an der Bevölkerung leben die meisten Flüchtlinge im Libanon, wo sie ein Sechstel der Bevölkerung stellen, gefolgt von Jordanien. Und auch in Europa steht Deutschland im letzten Jahr bei der Anzahl der erstmaligen Asylbewerber pro Kopf auf Rang 9 von 27 Mitgliedsstaaten. Hinter Zypern, Malta, Griechenland, Luxemburg, Spanien, Schweden, Belgien, Frankreich und Slowenien.
10. Wieso haben die alle Smartphones? So arm können die gar nicht sein.
Was würdest du mitnehmen, wenn du flüchten musst? Smartphones sind für viele Menschen auf der Flucht das letzte, was ihnen bleibt. Darauf sind Erinnerungen – Fotos und Nachrichten von geliebten Menschen. Es ist ihre Möglichkeit, mit ihren Familien und Freund*innen zu kommunizieren. Es ist das Navigationsmittel, dass ihnen hilft weiterzukommen. Es hilft ihnen bei der Übersetzung in einer Region, in der sie sich sonst kaum verständigen können. Nicht alle Geflüchteten sind arm. Aber bei vielen, die arm sind, ist das Smartphone ihr einziger und wichtigster Besitz überhaupt.
11. Wieso können die nicht einfach ihrem Land dienen und kämpfen?
Würdest du für einen Diktator eine Waffe in die Hand nehmen? Würdest du auf unschuldige Menschen schießen oder sie bombardieren? Oder würdest du versuchen zu fliehen? Wir sollten doch jedem Menschen dankbar sein, der keine Waffe in die Hand nimmt, um für Diktatoren oder mordende Milizen zu kämpfen. Und wir sollten diesen Menschen Schutz gewähren. Dass drohender Wehrdienst in solchen Situationen ein Fluchtgrund ist, hat der Europäische Gerichtshof kürzlich in einer Entscheidung bestätigt.
Wir sind nicht an allen Fluchtgründen Schuld, aber an vielen. Zum Beispiel indem wir Waffen an Staaten liefern, die an großen Kriegen beteiligt sind. Viele Geflüchtete wollen sich an dem Aufbau ihrer Herkunftsländer beteiligen, können das aber erst machen, wenn der Krieg vorbei ist. Beispielsweise haben in einer Umfrage 2015 nur 8% der syrischen Geflüchteten angegeben, dauerhaft in Deutschland bleiben zu wollen.
12. Wir haben keinen Platz, wo sollen die alle hin?
In Deutschland stehen mehr als 600.000 Wohnungen leer. Gerade in den neuen Bundesländern sind seit der Wende viele Menschen weggezogen und hinterließen räumliche, aber teilweise auch soziale Leere. So hatte zum Beispiel die Stadt Suhl in Thüringen im Jahr 1991 noch 56.000 Einwohner. Heute sind es nur noch rund 35.000.
Wir haben also Platz und wir haben auch viele Menschen, die Geflüchteten helfen wollen. Es gibt über 200 Kommunen, die zusätzliche Geflüchtete aufnehmen wollen. Deutschland ist kein Boot, sondern ein riesiges, aber alterndes Land – ohne Zuwanderung würden wir längst schrumpfen. Die Aufnahmebereitschaft ist hoch – wir könnten mit Leichtigkeit mehr Menschen aufnehmen, als derzeit ankommen. Beispielsweise die Schutzsuchenden auf den Lagern der griechischen Ägäis-Inseln.
13. Sind die vielen Flüchtlinge nicht zu teuer? Wie sollen wir uns das leisten?
Wieviel darf es uns kosten, ein Menschenleben vor Krieg, Folter und politischer Verfolgung zu schützen? Natürlich kostet die Aufnahme von Geflüchteten oder die Unterstützung von sozial Schwachen Geld. Aber wenn uns Zusammenhalt in der Gesellschaft wichtig ist, sollten wir uns eher fragen: Wie wollen wir zusammenleben?Der Bund gab laut eigenen Angaben im Jahr 2018 15,1 Milliarden Euro für Flüchtlinge aus, doch dieses Geld kommt nicht nur Flüchtlinge zugute. Darin sind auch Ausgaben enthalten von denen nicht nur Flüchtlinge profitieren. So überwies der Bund den Ländern rund 870 Millionen Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung, der nicht nur Flüchtlingskindern zugute kam. Auch eine Milliarde mehr für den sozialen Wohnungsbau ist in dieser Summe enthalten. Ein großer Teil dieser Summe kommt also uns allen zugute. Studien belegen zudem, dass Migrantinnen und Migranten im Laufe der Zeit mehr Steuern bezahlen, als sie an Sozialleistungen erhalten.
14. Müssen wir unsere Grenzen nicht besser schützen?
Grenzkontrollen sind vor allem wichtig, um sich vor Gefahren zu schützen. Darunter zählt zum Beispiel Menschenhandel, Drogen- oder Waffenschmuggel. Aber auch an den Grenzen müssen natürlich die Menschenrechte geschützt werden. Geflüchtete haben an den Grenzen das Recht auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren. Außerdem dürfen sie für einen illegalen Grenzübertritt nicht bestraft werden, wenn sie aus einem Land flüchten, in dem sie verfolgt werden. Das steht schon in der Genfer Flüchtlingskonvention.
Leider wird an Europas Außengrenzen inzwischen systematisch gegen Menschenrechte verstoßen. An der kroatischen Grenze werden Menschen gefoltert und die griechische Küstenwache setzt Menschen auf Plastikinseln im offenen Meer aus und überlässt sie sich selbst.
Im März wurden sogar Menschen an der griechischen Landgrenze erschossen.
Das ist nicht nur für die Schutzsuchenden, sondern auch für Europa unwürdig. Denn europäische Grenzen sind nur geschützt, wenn die Menschenrechte an diesen Grenzen geschützt sind.
15. Wenn es echte Flüchtlinge sind, wieso bezahlen die dann Schlepper?
Um in Flugzeug nach Europa zu steigen, braucht man ein Visum für den Schengenraum. In vielen Ländern der Welt wie Syrien oder Afghanistan gibt es keine Möglichkeit, ein Visum zu bekommen. Die meisten Menschen können deswegen nur mit Schleppern auf Booten nach Europa flüchten. Dafür müssen sie oft mehrere tausend Euro bezahlen. Sichere Fluchtwege nach Europa gibt es für die allermeisten Menschen nicht mehr. Obwohl die Zahl der weltweit Geflüchteteten einen neuen Höchststand erreicht hat, hat die Zahl der legalen Fluchtmöglichkeiten über Resettlementprogramme einen neuen Tiefstand erreicht.
Obwohl der Flug nach Europa mit Flugzeug viel günstiger und sicherer wäre als die Flucht auf einem Schlauchboot, ist das für viele unerreichbar. Legale Wege nach Europa sind das effektivste Mittel gegen Schlepper. Keine*r begibt sich in die Hände von Kriminellen, wenn es eine sichere und günstigere Möglichkeit gibt.
16. Wieviel Geld bekommen Flüchtlinge? Ist es mehr als deutsche Hartz-4 Empfänger bekommen?
Im Asylverfahren hat eine Person Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das ist weniger als Hartz 4. Asylsuchende, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, erhalten pro Monat 150 Euro für den „notwendigen persönlichen Bedarf“. Diese Zahlung erfolgt oft in Sachleistungen oder Gutscheinen. Wenn eine geflüchtete Person nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung ist, erhält sie 344 Euro pro Monat. Das ist deutlich weniger als Hartz-4 Empfänger*innen bekommen. Geflüchtete bekommen nicht mehr, sondern weniger. Außer wenn sie mehr arbeiten. Aber dann zahlen sie auch mehr Steuern.
17. Hat Migration für uns nicht zu viele Nachteile?
Wären alle Migrant*innen morgen weg, würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen. Corona hat gezeigt, dass wir gerade in wichtigen Bereichen wie der Landwirtschaft, Pflege oder der Auslieferung von Waren keinen Tag ohne Migrant*innen auskommen würden. Und auch, dass der erste Impfstoff gegen Corona in Deutschland entwickelt wurde, hängt damit zusammen, dass die Eltern von Özlem Türeci und Uğur Şahin nach Deutschland migriert sind.
Doch man muss nicht erst eine globale Pandemie besiegen oder viel Geld verdienen, um ein Recht auf Asyl gewährt zu bekommen. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Und jenseits von wirtschaftlichen Aspekten ist Migration vor allem eine Konstante, die so alt ist wie die Menschheit selbst – und die während der gesamten Geschichte der Menschheit eine treibende Kraft für Fortschritt, Austausch, neue Ideen und notwendige Veränderung war. Ohne Migration wäre Europa gar nicht besiedelt. Denn die ersten Menschen gab es auf dem afrikanischen Kontinent.
18. Haben Flüchtlinge Corona ins Land gebracht?
Das Virus kam über Geschäftsreisen und Tourismus ins Land und breitet sich seitdem auch genau so weiter aus. Nun ist das Virus da, es kann also gar nicht mehr eingeschleppt werden. Flüchtlinge sind nicht schuld an Corona, im Gegenteil: Durch ihre Zwangsunterbringung in Sammelunterkünften werden Geflüchtete oft selbst zu Opfern der Pandemie, weil ihnen keine Chance auf Abstand und pandemiegerechtes Leben gelassen wird.
19. Warum bringt man die Geretteten nicht zurück nach Libyen, Tunesien oder andere nordafrikanische Staaten?
Es gibt zu dieser Frage eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie belegt klar, dass kein Staat in Nordafrika als sicherer Hafen betrachtet werden kann. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Libyen ist rechtlich und auch moralisch nicht zu rechtfertigen.
In Libyen werden Geflüchtete in sogenannte „Detention Center“ (Haftlager) unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt, ihnen droht hier Gefahr für Leib und Leben. Die Bevölkerung sowie ausländische Geflüchtete und Migrant*innen leiden auf Grund der herrschenden Rechtlosigkeit unter Kriminalität, Entführungen, irregulärer Haft, illegalenHinrichtungen,Folter und Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure. Die Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar.
Die Geretteten müssen nach Europa gebracht werden, weil keiner der nordafrikanischen Staaten ein funktionierendes Asylsystem hat. Für gefährdete Gruppen, wie LGBTI oder andere Minderheiten, sind diese Staaten nicht sicher. Da es an Bord der Rettungsschiffe nicht durchführbar ist, festzustellen, welche Territorien für die Menschen sicher wären und welche nicht, kann sich Europa seiner Verantwortung nicht entziehen und muss die Menschen in sichere Häfen nach Europa bringen. Dies gilt auch für NGO-Schiffe.
20. Wohin soll ich spenden?
Es gibt sehr viele Organisationen, an die man Geld spenden kann. Ich persönlich bin an der Organisation von LeaveNoOneBehind beteiligt, die sich auf die griechischen Inseln und die europäischen Außengrenzen konzentrieren. Aber insgesamt gibt es hunderte Vereine von Sea-Watch über die Seebrücke bis Pro Asyl, denen eure Spenden helfen. Deswegen fällt es mir schwer, hier konkrete Tipps und Hinweise zu geben.