Mehr als 60 Tote: “Die Menschen hätten gerettet werden können.“
Nach dem Unglück eines Bootes vor der Küste Kalabriens mit mehr als 200 Menschen an Bord geht die Suche nach Überlebenden weiter. Mehr als 60 Leichen wurden bereits geborgen.
Das Boot hat in der Türkei abgelegt, Griechenland umfahren, weil Geflüchtete dort illegal zurückgewiesen und misshandelt werden, und das hunderte Kilometer entfernte Italien angesteuert. Lange vor dem Unglück wusste Frontex bereits von dem Boot, aber es wurde keine koordinierte Rettung eingeleitet. Die Menschen hätten gerettet werden können, es sind unsere Toten.
Durch die Europäische Abschottungspolitik müssen nicht weniger Menschen fliehen, sie nehmen nur immer gefährlichere Wege. Doch statt die Politik zu ändern und die Asylpolitik menschenwürdig zu organisieren, geht das Chaos und das Sterben weiter. Es bringt nichts, mit allen Fingern auf andere zu zeigen und so zu tun, als hätte Europa mit diesen Unglücken nichts zu tun. Die Schlepperbanden sind kriminell, doch unsere Antwort darf nicht länger sein, noch größere Verbrechen zu verüben und Tote in Kauf zu nehmen.
Es ist beschämend, dass Menschen ertrinken, weil dadurch andere von der Flucht abgeschreckt werden sollen. Allein in diesem Jahr sind schon mindestens 295 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer gestorben – und es ist noch nicht einmal März.
Rettungsrufe werden ignoriert
Auf Seenotrufe wird vielfach nicht mehr reagiert. Wenn Frontex-Flugzeuge Boote in Seenot finden, informiert die Grenzschutzagentur nicht mehr die umliegenden Schiffe, die schnell retten könnten, sondern lässt libysche, islamistische Milizen die Menschen in Lager bringen, in denen Frauen vergewaltigt und Männer gefoltert werden.
Dass EU-Staaten keine Seenotrettungsmission finanzieren, ist beschämend. Dass Staaten wie Italien die zivile Seenotrettung dafür angreifen, dass sie diese Lücke füllen, ist ein Skandal. Die italienische Regierung muss aufhören, Seenotrettungs-NGOs zu schikanieren. 90% der Menschen kommen in Italien ohne Hilfe von zivilen Seenotrettungsorganisationen an Land.
Der Seenotrettung wird vorgeworfen, dass durch sie mehr Menschen nach Europa kommen. In dem konkreten Fall stimmt das, denn die Männer, Frauen und Kinder hätten durch die Seenotrettung lebend in Europa ankommen können. Nun liegen ihre Leichen an italienischen Stränden.
Wir brauchen eine ernsthafte Fluchtursachenbekämpfung, eine faire und solidarische Verteilung von Geflüchteten in der EU und sichere und legale Fluchtwege in die Europäische Union. Wenn die EU-Staaten das nicht verstehen, werden auch in diesem Jahr noch hunderte Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken und das wäre eine europäische Schande.”