PM: Europachef der Grünen fordert Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit von Innenministern

Heute treffen sich die europäischen Innenminister*innen unter der neuen dänischen Ratspräsidentschaft zu einem informellen Treffen, um über eine neue europäische Migrationsstrategie zu beraten. Diese sieht unter dem Deckmantel „innovativer Lösungen“ vor allem eines vor: mehr Abschiebungen und die Auslagerung von Verantwortung an Drittstaaten. Menschenrechte oder Integrationsbemühungen fehlen hingegen auf der Tagesordnung.

In einer Pressemitteilung habe ich diese Entwicklung scharf kritisiert:

„Die Innenminister radikalisieren sich schneller, als sie Gesetze machen können. Die neuen GEAS-Regelungen wurden noch nicht einmal umgesetzt – da liegen schon neue Gesetzesentwürfe auf dem Tisch. Europa hat einen neuen Konsens in der Asylpolitik: Je härter, desto besser. Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien werden dabei inzwischen systematisch missachtet.

Seit Jahren verschiebt sich die Migrationspolitik an den rechten Rand. Viele Regierungen brechen inzwischen sogar die eigenen Gesetze und zweifeln Gerichtsurteile an. Griechenland hat das Asylrecht de facto ausgesetzt. An der Grenze zwischen Polen und Belarus kommt es täglich zu illegalen Zurückweisungen. Und Italien oder Malta unterlassen systematisch die Hilfeleistung im Mittelmeer, wodurch bereits hunderte Schutzsuchende ertrunken sind.

Selbst die deutsche Bundesregierung bricht ganz offen geltendes Recht und verwehrt Asylsuchenden den Zugang zu einem rechtsstaatlichen Verfahren. 

Das sind keine Einzelfälle mehr – das ist politische Methode geworden. Man erkauft sich die Abschottung, aber niemand fragt nach dem Preis dafür. In der Asylpolitik wird in vorauseilendem Gehorsam rechtsradikale Politik umgesetzt und normalisiert. Eine Migrationspolitik, die auf Entrechtung setzt, ist aber nicht innovativ, sie ist brandgefährlich.

Rechtsstaatlichkeit muss die Grundlage des Regierungshandelns in Demokratien sein. Die Innenminister sollten das Treffen heute nutzen, um sich klar zum EU-Recht zu bekennen.“

rbb24 Inforadio: Bundesregierung versteht nicht, wie EU funktioniert

Auf der Zugspitze reden sechs Staaten über europäische Asylpolitik – dabei braucht es dafür 27. Der Innenminister beklagt die Isolation Deutschlands, dabei ist es seine Politik der illegalen Grenzkontrollen und Zurückweisungen, die genau diese Isolation erst geschaffen hat. Denn: Wer Abschottung predigt, kann nicht gleichzeitig europäische Solidarität einfordern. Mehr dazu durfte ich im rbb-Inforadio erklären.

PM: Christdemokraten: Brandmauer fällt auch in der Entwicklungszusammenarbeit

Die Europäische Volkspartei (EVP) – einschließlich der Abgeordneten von CDU/CSU – hat heute gemeinsam mit rechten Fraktionen im Europäischen Parlament den Initiativbericht zur Entwicklungsfinanzierung scheitern lassen. Der Bericht sollte die Position des EU-Parlaments im Vorfeld der vierten internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung festlegen, die Ende Juni in Sevilla stattfindet. Angesichts der massiven Kürzungen der internationalen Gelder durch die Trump-Administration ist diese Konferenz wohl der Strohhalm, an dem die internationale Entwicklungsfinanzierung aktuell hängt.

Obwohl die EVP fast alle Abstimmungen zu dem Bericht gewann, stimmten sie am Ende mit Rechtskonservativen und Rechtsextremen dagegen und verhinderten so eine relevante inhaltliche Teilnahme des EU-Parlaments an der Konferenz.

Als Koordinator der Grünen/EFA im Entwicklungsausschuss (DEVE) habe ich dieses Verhalten deutlich kritisiert:

„Es ist traurig und beschämend, dass sich die Christdemokraten gegen die Entwicklungsfinanzierung stellen und dazu Mehrheiten mit der extremen Rechten bilden. Besonders angesichts der großen Krisen auf der Welt wäre es wichtig, dass die EU als starker Akteur auftritt, um Armut zu bekämpfen und Entwicklungsziele wieder in den Blick zu nehmen. Statt sich konstruktiv einzubringen, haben CDU und CSU gemeinsam mit Rechtsextremen den Bericht zu Fall gebracht. Was mit der Polemik gegen Fahrradwege in Peru begann, ist inzwischen ein ausgewachsener Kampf gegen die Entwicklungsfinanzierung, wie wir ihn auch in den USA beobachten. Millionen Leben hängen an dieser Finanzierung und es ist verheerend, wie man humanitäre Prinzipien einem Kulturkampf opfert.

Im EU-Parlament werden inzwischen bewusst Mehrheiten von CDU bis AfD in Kauf genommen. Dieses Verhalten sendet ein verheerendes Signal an unsere Partnerländer im Globalen Süden. Es untergräbt das Vertrauen in die EU in der Welt und schwächt die Rolle des Europäischen Parlaments.

Während sie in Berlin behaupten, sich für Multilateralismus einzusetzen, torpedieren sie multilaterale Entwicklungszusammenarbeit in Brüssel. Wer solche zentralen Prinzipien im Parlament aufgibt, verspielt die Glaubwürdigkeit europäischer Politik.“

Zum Berichtsentwurf.

Zu den Abstimmungsergebnissen (ab Seite 49).

PM: 40 Jahre Schengen: Ursula von der Leyen muss endlich handeln

Am Samstag jährt sich die Unterzeichnung des Schengener Abkommens zum 40. Mal – ein Meilenstein und vermutlich die größte Errungenschaft des europäischen Projekts. Doch statt diese Errungenschaft zu bewahren und zu schützen, wird sie zunehmend auf dem Altar der Symbolpolitik geopfert. Ob in der neuen Merz-Regierung, der EVP-Fraktion im Europaparlament oder an der Spitze der EU-Kommission – CDU-Politiker*innen missachten unseren freien Schengenraum und damit europäisches Recht. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.

In meiner Pressemitteilung vom 14. Juni sendete ich folgende Stellungnahme an Journalist*innen:

Der Schengenraum ist die größte Errungenschaft des europäischen Projekts. Es ist tragisch, dass diese Errungenschaft zunehmend auf dem Altar der Symbolpolitik geopfert wird. Ursula von der Leyen muss endlich handeln. Seit Jahren schaut sie dabei zu, wie Mitgliedstaaten EU-Recht mit Füßen treten. Sie ist als Kommissionspräsidentin aber dafür verantwortlich, dass EU-Rechtsbrüche sanktioniert werden.

Man kann nicht immer wieder behaupten, andere EU-Staaten hielten sich nicht an EU-Recht und dann als deutscher Bundeskanzler nichts dagegen tun. Wenn die Bundesregierung Beweise für diese Rechtsverstöße hat, muss Merz seine Parteikollegin von der Leyen endlich zum Handeln auffordern. Die CDU hat doch Regierungsverantwortung in Europa. Stattdessen bricht die Merz-Regierung lieber selbst das Recht, indem sie Schutzsuchende illegal zurückweist.

Von der Kommission erwarte ich außerdem einen Aktionsgipfel zur Rettung des Schengenraums. Seit Jahren fordert man bessere Kontrollen an den Außengrenzen, aber in der Realität entsteht immer mehr Chaos und Leid. An den Binnengrenzen wird diese gescheiterte Pushback-Politik nun zunehmend kopiert. Es muss Schluss sein mit wirkungsloser Symbolpolitik und ein Plan her, wie endlich rechtsstaatliche Kontrollen an den Außengrenzen durchgesetzt und eine Rückkehr zu offenen Binnengrenzen umgesetzt werden kann. Dafür wäre ein Schengen-Gipfel der Staats- und Regierungschefs der richtige Ort.”

TRT.Global: Kommission duldet Rechtsbruch an EU-Grenze

Obwohl Gerichte festgestellt haben, dass die Zurückweisungen von Schutzsuchenden an der deutschen Grenze EU-rechtswidrig sind, schaut die EU-Kommission weg. Dabei führt der deutsche Rechtsbruch zu Chaos im Schengenraum und einer Aushöhlung unseres europäischen Fundaments.Meine Forderungen an die Kommission bei TRT.Global.

rbb24 Inforadio: „Die Notlage existiert nicht“

Die Bundesregierung hält trotz Gerichtsurteil an illegalen Zurückweisungen von Asylsuchenden an deutschen Grenzen fest. Einen Notstand, der solche Maßnahmen rechtfertigen würde, gibt es nicht. Stattdessen gefährden die Kontrollen den europäischen Zusammenhalt und unsere Demokratie. Eine genauere Einordnung bei rbb 24.

PM: Gericht kassiert Zurückweisungen: Bundesregierung tritt EU-Recht mit Füßen

Das Berliner Verwaltungsgericht hat heute ein deutliches Urteil gefällt: Die Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Binnengrenzen verstoßen gegen geltendes Recht. Menschen, die bei Grenzkontrollen auf deutschem Staatsgebiet um Asyl bitten, dürfen nicht ohne ein ordnungsgemäßes Dublin-Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgewiesen werden. Es gibt keine rechtliche Grundlage für eine pauschale Ausnahme gemäß Artikel 72 AEUV – eine nationale Notlage liegt nicht vor.

Als asylpolitischer Sprecher und Delegationsleiter der deutschen Grünen im Europäischen Parlament habe ich das in einer Pressemitteilung deutlich kritisiert:

„Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige des Rechtsstaats für die Bundesregierung. Gegen jeglichen Sachverstand wurde immer wieder populistisch behauptet, dass man das geltende Recht nicht beachten muss.

Es ist gut, dass hier ein rechtliches Stopp-Schild gesetzt wurde und dieser Angriff auf das EU-Recht nicht folgenlos bleibt. Wir haben schon lange davor gewarnt, dass dieser Rechtsbruch den Populisten weiter Auftrieb geben wird. Außerdem werden hier Polizeibeamte verheizt und potentiell zu Straftaten angehalten, für die sie wiederum verurteilt werden können.

Dass Spitzenfunktionäre der Deutschen Polizeigewerkschaft wie Manuel Ostermann diese Rechtsbrüche eingefordert haben und ihre Kollegen in rechtliche Gefahr gebracht haben, sollte aber ein ausreichender Rücktrittsgrund sein.


Alexander Dobrindt ist noch keine vier Wochen im Amt und ist bereits in einem zentralen Vorhaben vor Gericht gescheitert. Früher hätte man erwartet, dass für so eine Missachtung des Rechts jemand sofort politische und eigenständig Verantwortung übernimmt. Bei Alexander Dobrindt und seiner Geschichte ist aber vermutlich auszuschließen, dass er Verantwortung für sein Handeln übernimmt.

Statt Lösungen zu schaffen, betreibt die Regierung bislang offensichtlich rechtswidrige Symbolpolitik auf Kosten Schutzsuchender, der EU und des Rechtsstaats. Ein solches Verhalten ist unwürdig und untergräbt das Vertrauen in Deutschland als verlässlichen Partner in Europa.

Es braucht einen Sondergipfel zur Aufarbeitung dieses offensichtlich rechtswidrigen Vorgehens, bei dem ein rechtsstaatlicher Neustart der Asylpolitik dieser Regierung erarbeitet wird. Es kann nicht sein, dass Merz und seine Regierung sich folgenlos über das Recht stellen. Es wird aufzuarbeiten sein, wer hier die Verantwortung trägt und sich fahrlässig über die einhellige juristische Meinung hinweggesetzt hat.“

ZEIT: Angriff auf EU-Menschenrechtskonvention ist undemokratisch

Neun EU-Staaten haben in einem offenen Brief die Europäische Menschenrechtskonvention angegriffen. Damit hoffen sie auf mehr Spielraum für Abschiebungen und Überwachungsmaßnahmen gegenüber Schutzsuchenden. Doch wer Menschenrechte relativiert, weil sie politisch unbequem sind, stellt das Fundament unserer Demokratien in Frage, erkläre ich bei ZEIT Online.

NOZ: Kommission baut Luftschloss aus Abschreckung

Nachdem bereits Länder wie Dänemark und Großbritannien am Ruanda-Modell gescheitert sind, will jetzt auch die EU-Kommission Asylsuchende in sichere Drittstaaten abschieben, zu denen sie keine persönliche Verbindung haben. Im Gespräch mit Katrin Pribyl konnte ich erklären, warum wir nicht ständig neue, schärfere Gesetze brauchen, sondern endlich die bestehenden Regeln umsetzen und Solidarität in Europa ernst nehmen müssen.

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