Brief an EU-Kommission: Zusammenarbeit mit Libyen

Seit Jahren unterstützt die EU-Kommission libysche Behörden mit Geldern und Infrastruktur zur Migrationsabwehr, obwohl Menschen in Libyen systematisch entrechtet werden und die Behörden systematisch Menschenrechte verletzen. Ein Ziel der Kooperation: Die Libyer sollen Boote vom Erreichen europäischer Küsten abhalten. Diese menschenrechtswidrigen Maßnahmen werden in der Europäischen Kommission als Unterstützung der Seenotrettung getarnt.

Nachdem sogar ein Gericht in Italien kürzlich festgestellt hat, dass sowohl die libysche Küstenwache als auch deren Seenotrettungsleitstelle ungeeignet sind, Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer durchzuführen, habe ich einen Brief an die Europäische Kommission geschrieben. Denn die Kooperation mit Libyen soll jetzt noch intensiviert werden. Das EU-Parlament ist an diesen Maßnahmen nicht beteiligt und wurde vorab auch nicht über die EU-Pläne informiert.

Ich fordere Transparenz über die Finanzierung von und Zusammenarbeit mit libyschen Akteuren, allen voran die libysche Küstenwache, durch die Kommission. Es kann nicht sein, dass EU-Gelder weiterhin Akteure unterstützen, die nachweislich an Schmuggel, Menschenhandel und schwersten Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. 

Stattdessen muss es unter allen Umständen eine klare Einbeziehung des Europäischen Parlaments und deutliche Menschenrechtsgarantien für jegliche EU-Finanzierung in Libyen geben. Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache muss außerdem sofort beendet werden. Das hätte schon vor Jahren passieren müssen.

Hier könnt ihr euch den Brief durchlesen (auf Englisch).

Briefing: Reform des Schengener Grenzkodex

Worum geht es?

Der Schengener Grenzkodex regelt die Einreisebedingungen und Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen und Binnengrenzen. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, unter welchen Bedingungen Binnengrenzkontrollen möglich sind.

Der Grenzkodex ist ein wichtiges Instrument, um die Freizügigkeit in Europa zu gewährleisten; allerdings halten sich die Mitgliedstaaten oft nicht an den Kodex. Beispielsweise führen sie Kontrollen an den Binnengrenzen ein und missachten die Rechtsgrundlagen dafür. Diese Kontrollen gefährden den Schengen-Raum, indem sie den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr behindern, der für das Funktionieren der EU und ihrer assoziierten Länder (Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein) so wichtig ist. Besonders in Grenzregionen kosten die Kontrollen an den Binnengrenzen nicht nur viel Geld, sondern schränken das Leben der Menschen ein. Dabei führen sie oft nicht dazu, selbstgesteckte Ziele zu erreichen, beispielsweise weil sie Asylanträge gar nicht verhindern können, obwohl das immer wieder behauptet wird.

Die Reform

Die Europäische Kommission hat 2017 versucht, den Schengener Grenzkodex zu reformieren, aber die Mitgliedstaaten konnten sich nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen.

Nachdem die Mitgliedstaaten während der Corona-Pandemie die Binnengrenzen ohne Koordinierung auf EU-Ebene geschlossen hatten, schlug die Kommission eine neue Reform vor, die unter anderem auch Bestimmungen für gesundheitliche Notfälle größeren Ausmaßes – wie eben Pandemien – enthält.
Der Kommissionsvorschlag vom Dezember 2021 war gelinde gesagt umstritten, gefolgt von einer noch problematischeren Verhandlungsposition der Mitgliedstaaten. Trotz der oft betonten großen Bedeutung des Schengen-Raums für die Verwirklichung der Freizügigkeit in der EU hätten diese Texte dazu geführt, dass Mitgliedstaaten unter bestimmten Umständen endlose Binnengrenzkontrollen einführen können. Das Europäische Parlament hingegen fand mit seiner Verhandlungsposition einen Kompromiss, der den Schengen-Raum schützt.

EuGH-Urteil zu Grenzkontrollen

Parallel zum Reformprozess des Schengener Grenzkodexes hat der Europäische Gerichtshof in einem Grundsatzurteil nicht nur die Dauer der Binnengrenzkontrollen nach dem aktuellen Kodex sehr streng ausgelegt, sondern auch klar festgestellt, dass endlose Binnengrenzkontrollen gegen die im EU-Recht verankerte Freizügigkeit verstoßen. Damit stand fest: Freizügigkeit ist ein Recht, dass die EU-Staaten nicht unbegrenzt einschränken dürfen. Die Mitgesetzgeber (Rat und Parlament) müssen also ein Gleichgewicht zwischen “Freiheit” und “Sicherheit” finden, das nur mit einer festgelegten Befristung der Binnengrenzkontrollen im reformierten Schengener Grenzkodex funktioniert.

Der finale Kompromiss

Die interinstitutionellen Verhandlungen führten zu einem Kompromiss, zu dem wir im Europäischen Parlament in der letzten Plenarwoche der Legislaturperiode (Ende April 2024) abstimmen werden.
Wir sehen das Verhandlungsergebnis kritisch, denn: Die maximale Dauer von Binnengrenzkontrollen wird von derzeit 6 Monaten auf 3 Jahre erhöht. Allerdings haben Mitgliedstaaten eine neue, detailliertere Berichtspflicht, wenn sie Binnengrenzkontrollen einführen. Die Kommission hat im Gegenzug etwas mehr Pflichten und Befugnisse, um die Anwendung zu kontrollieren. Ob das dazu führt, dass die Grenzkontrollen nun stärker beschränkt werden, wird von Expert*innen bezweifelt.

Es wird außerdem zusätzliche Gründe geben, die Binnengrenzkontrollen erlauben. Darunter fällt sinnvollerweise eine gesundheitliche Notlage in großem Umfang, allerdings auch der sehr umstrittene Grund der unerlaubten Sekundärmigration von Drittstaatsangehörigen in großem Umfang. Damit wird die seit 2015 herrschende Praxis, dass Mitgliedstaaten Binnengrenzkontrollen einführen, um “irreguläre” Migration “einzudämmen”, quasi legalisiert.

Das Verhandlungsergebnis beinhaltet außerdem ein neues Verfahren für die interne Überstellung von Drittstaatsangehörigen ohne Bleiberecht zwischen den Mitgliedstaaten. Dieses Verfahren wird wahrscheinlich dazu führen, dass vermehrt “Racial Profiling” und im schlimmsten Fall sogar Kettenabschiebungen stattfinden können.

Durch die Einführung des Begriffs “Instrumentalisierung” können Mitgliedstaaten die Zahl der Grenzübergangsstellen und deren Öffnungszeiten begrenzen sowie die Grenzüberwachung intensivieren, wenn sie sich von einer Instrumentalisierung betroffen fühlen. Welche Fälle genau als Instrumentalisierung gelten, ist aber überhaupt nicht festgelegt und damit der Willkür der Mitgliedstaaten überlassen. Zusätzlich wurden die Möglichkeiten für polizeiliche Kontrollen und die allgemein im Hoheitsgebiet eingesetzten Kontroll- und Überwachungstechnologien erweitert. Diese zusätzlichen Vorschriften treten unmittelbar nach der Veröffentlichung in Kraft, wenn Parlament und Rat zugestimmt haben.

In der Praxis bleibt aber trotzdem abzuwarten, ob die Mitgliedstaaten diese neuen Vorschriften auch tatsächlich einhalten werden und ob die Kommission ihre Befugnisse als Hüterin der Verträge wahrnehmen wird, um dafür zu sorgen, dass sie dies tun.

Das erste KI-Gesetz der Welt: Warum es insbesondere Menschen auf der Flucht schützen muss

Einigung für das erste Gesetz zur Regulierung künstlicher Intelligenz

Im Rahmen ihrer Digitalstrategie hat die Europäische Kommission einen Rechtsakt zur Regulierung der künstlichen Intelligenz (englisch: AI Act) vorgeschlagen, um bessere Bedingungen für die Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) in Europa zu gewährleisten und Gefahren vorzubeugen. Das Ziel der Gesetzgeber war es, die Vorteile und Chancen von KI mit dem Schutz der Grundrechte und der Gefahrenabwehr in Einklang zu bringen.

Nach langen und komplizierten Verhandlungen haben wir als Parlament im Dezember 2023 eine Einigung mit dem Rat der EU (also den Mitgliedstaaten) erzielt. Damit wird die erste Verordnung zur Regulierung von KI überhaupt geschaffen, was ein großer Erfolg ist. Auch wenn viele Anwendungsbereiche der künstlichen Intelligenz noch erforscht werden, ist bereits jetzt klar, dass es in Zukunft weitere Regulierungen braucht. Auch wir Grüne hätten uns weitergehende Regelungen gewünscht, insbesondere mit Fokus auf den Schutz von Grundrechten und vulnerablen Gruppen. Denn beispielsweise besteht weiterhin die Gefahr, dass Vorurteile und Diskriminierung durch KI verstärkt werden. Welche Risiken das digitale Zeitalter und künstliche Intelligenz für die Rechte von Asylsuchenden bedeuten, zeigt Amnesty International auch in einem ausführlichen Bericht auf.

Die Gefahren von Künstlicher Intelligenz am Beispiel der Migrationssteuerungssteuerung

Beim Grenzschutz ist es leider nicht gelungen, die Regulierung von Echtzeitüberwachung und anderen Maßnahmen ebenso einzuschränken, wie in anderen Bereichen. Außerdem besteht beim Einsatz künstlicher Intelligenz die große Gefahr, dass die Rechte marginalisierter Personengruppen, zum Beispiel von Asylsuchenden oder Migrant:innen, verletzt werden. Dies kann beispielsweise durch Profiling, automatisierte “Risikobewertungen” und allgegenwärtige Überwachungspraktiken passieren. EU-Regierungen setzen zunehmend KI-gestützte Überwachungssysteme an den Grenzen ein. Diese Systeme nutzen Algorithmen, um Daten von Kameras, Drohnen und Sensoren zu analysieren und Grenzschutzbeamte bei ihren Entscheidungen in Echtzeit zu unterstützen. Auch in Asylverfahren soll KI eingesetzt werden, etwa bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Dabei kann es zu relevanten Fehleinschätzungen und komplizierten, bürokratischen Verfahren kommen. Der AI-Act wird nur begrenzt dazu beitragen, solche Gefahren zu verhindern.

Bestimmte KI-Anwendungen werfen erhebliche ethische und rechtliche Bedenken auf, wie zum Beispiel Lügendetektoren und biometrische Erkennungssysteme. Der AI-Act setzt hier an und reguliert solche Überwachungsmöglichkeiten. Allerdings konnten wir Grünen uns nicht an allen Stellen durchsetzen, sodass beispielsweise weiterhin Missbrauch der Technologie bei der Grenzüberwachung droht. Es gibt derzeit einen deutlichen Mangel an verlässlichen Daten über die Fehleranfälligkeit solcher Technologien, insbesondere bei der Gesichtserkennung. Solche Systeme bergen das Risiko, grundlegende Menschenrechte zu verletzen, wie das Recht auf Privatsphäre und das Nichtzurückweisungsgebot, das verbietet, Menschen in Gebiete zurückzuweisen, in denen ihnen eine unmittelbare Gefahr droht.

Worauf bei der Weiterentwicklung entsprechender Gesetzgebung geachtet werden muss

Für die Weiterentwicklung ist es wichtig, auf wesentliche Schwachstellen des AI Act hinzuweisen, auch wenn es grundsätzlich ein großer Erfolg ist, dass es einen europaweiten Einstieg in die Regulierung von KI gibt. Der im AI Act gefundene Kompromiss besteht darin, bestimmte Formen künstlicher Intelligenz zu verbieten, die als gefährlich eingestuft werden, während andere KI-Funktionen als hochriskant eingestuft werden, die eine strenge Überwachung und die Einhaltung strikter Regulierungsstandards erfordern. 

Trotz erheblicher Zugeständnisse, die wir als Grüne machen mussten, wie das fehlende Verbot biometrischer Überwachung, erhebliche Mängel beim Klassifizierungssystem für Hochrisiko-KI und breite Ausnahmen für den Einsatz von KI in der Strafverfolgung, sind wir als Fraktion mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden. Die Zukunft wird zeigen, wie robust und zukunftssicher diese Verordnung angesichts der rasanten technologischen Entwicklung um KI sein wird. Vermutlich wird es zeitnah Anpassungen geben müssen.

Zu den wichtigsten Erfolgen für unsere Fraktion gehören:

  • Der Anwendungsbereich der KI-Verordnung, der nun auch allgemeine KI umfasst.
  • Definitionen von KI-Systemen, die mit internationalen Standards und den OECD-Prinzipien übereinstimmen.
  • Verbot von Echtzeit-Fernbiometrie-Identifikation etc. in öffentlich zugänglichen Räumen.
  • Kategorisierung von Hochrisiko-KI-Systemen und damit verbundene Verpflichtungen bzw. Einschränkungen.
  • Eine grundlegende Grundrechtsfolgenabschätzung vor der Einführung eines Hochrisiko-Systems.
  • Verpflichtungen für allgemeine KI-Modelle, einschließlich technischer Dokumentation und Transparenz.
  • Umweltverpflichtungen, die einen neuen Schwerpunkt im Gesetz darstellen
  • Ein neues „KI-Büro“ der Kommission, das die Bestimmungen für allgemeine KI-Modelle überwacht und durchsetzt.
  • Transparenzregeln für Deepfakes und regulatorische Sandkästen, um Start-ups und KMU bei der Entwicklung von KI zu unterstützen, die vollständig mit der Verordnung konform ist.

Reform der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis

Beim abschließenden Trilog über die Neufassung der Richtlinie über die kombinierte Aufenthaltserlaubnis (Single Permit Directive) wurde im Januar eine Einigung erzielt

Worum geht es in der Richtlinie?

Jedes Jahr kommen etwa 3 bis 3,5 Millionen Drittstaatsangehörige in die EU, hauptsächlich aus beruflichen Gründen. Sie arbeiten in den EU-Ländern, zahlen Steuern und tragen durch ihre Mobilität dazu bei, dass Unternehmen dringend benötigte Arbeitskräfte finden. Die Richtlinie über die kombinierte Aufenthaltserlaubnis ermöglicht diesen Menschen ein vereinfachtes Antragsverfahren und stellt sicher, dass ein:e Bewerber:in nur eine Erlaubnis benötigt, die sowohl zum Arbeiten als auch zum Aufenthalt in der EU berechtigt. Sie gibt vielen Nicht-EU-Bürger:innen, die in der EU arbeiten, das Recht, in vielerlei Hinsicht wie EU-Bürger:innen behandelt zu werden. Das gilt insbesondere in Bezug auf faire Arbeitsbedingungen, soziale Sicherheit, Anerkennung von Qualifikationen und steuerliche Vergünstigungen. 

Geschichte der Single Permit Directive

Die Richtlinie ist seit 2011 in Kraft; Ziel der Überarbeitung war es nun, das Verfahren für den Erhalt einer kombinierten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu vereinfachen und den Mitgliedstaaten die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu erleichtern. Damit soll dem Fachkräftemangel in der EU entgegengewirkt werden. Darüber hinaus stellt die Arbeitsmigration eine legale Alternative dar, die es Schutzsuchenden ermöglichen kann, gefährliche irreguläre Fluchtrouten zu vermeiden. Damit diese nach ihrer Ankunft geschützt sind, sehen die aktualisierten Vorschriften auch verstärkten Schutz vor Ausbeutung und Ungleichbehandlung in den Mitgliedstaaten vor.  Arbeitnehmer:innen aus Drittstaaten erhalten durch die Neufassung ein einheitliches Paket an Rechten in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen, ihre soziale Absicherung und die Anerkennung ihrer Qualifikationen erhalten. Im Gegenzug müssen sie die jeweiligen Regelungen einhalten, andernfalls kann ihnen die kombinierte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis entzogen werden.

Was uns Grünen wichtig war

Uns Grünen war es in den Verhandlungen wichtig, bürokratische Hürden abzubauen und mehr Menschen den Zugang zu einer kombinierten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu ermöglichen. Darüber hinaus wollten wir einen besseren Schutz vor Ausbeutung bei der Arbeitsaufnahme in den Mitgliedstaaten, z.B. durch eine Informationspflicht und die Einführung eines Rechts auf Arbeitgeberwechsel sowie ein gestärktes Recht auf Gleichbehandlung. Im folgenden erläutere ich euch einige unserer Hauptanliegen.

Weniger bürokratische Hürden

Diese Ziele konnten wir teilweise verwirklichen, denn der vereinbarte Text enthält einige Verbesserungen im Vergleich zu den vorherigen Vorschriften. Beispielsweise wurde eine Maximalfrist von 90 Tagen für die Entscheidung über Anträge auf eine kombinierte Erlaubnis festgelegt, im Vergleich zu den derzeitigen vier Monaten. Verfahren für besonders komplexe Fälle können um 30 Tage verlängert werden. Allerdings hätten wir uns sehr gewünscht, dass in diese Fristen die potenziell langfristigen Bearbeitungszeiten für die Personen, die ein Visum benötigen, mit einbezogen worden wären. Zudem wollten wir beschleunigte Verfahren für Antragsteller:innen, die bereits eine Genehmigung in einem anderen Mitgliedstaat besitzen oder an EU-Talentpartnerschaften teilgenommen haben; die Mitgliedstaaten werden nun lediglich durch Erwägungsgründe ermutigt, solche Anträge zu beschleunigen.

Wechsel des:der Arbeitgeber:in

Ganz besonders wichtig war uns auch die Möglichkeit, den oder die Arbeitgeber:in sowie Beruf und Arbeitsbereich wechseln zu können. Wir konnten in den Verhandlungen sicherstellen, dass eine einfache Mitteilung des neuen Arbeitgebers für einen solchen Wechsel ausreicht. Allerdings haben die nationalen Behörden trotzdem 45 Tage Zeit, den Wechsel abzulehnen. Zudem können Mitgliedstaaten einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vorschreiben, in dem ein Wechsel nicht möglich ist. Eine Ausnahme bilden ernsthafte Verstöße gegen den Arbeitsvertrag, einschließlich besonders ausbeuterischer Arbeitsbedingungen, durch den oder die Arbeitgeber:in. Die Bestimmungen gehen damit leider nicht so weit, wie wir es uns gewünscht hätten.

Schutz auch bei Arbeitslosigkeit

Personen, die ihren Job verlieren, haben künftig bis zu drei Monate Zeit – bzw. sechs, wenn die Person ihre Arbeitserlaubnis seit mehr als zwei Jahren besitzt – um einen anderen Arbeitsplatz zu finden, bevor ihnen die Erlaubnis entzogen wird. Das sind zwei – bzw. vier – Monate länger, als es bisher der Fall war. Wenn ein:e Arbeitnehmer:in besonders ausbeuterischen Arbeitsbedingungen ausgesetzt war, verlängern die Mitgliedstaaten die erlaubte Dauer der Arbeitslosigkeit um drei Monate, während die kombinierte Erlaubnis gültig bleibt. Bei einer Arbeitslosigkeit von mehr als drei Monaten können die Mitgliedstaaten von dem oder der Inhaber:in der kombinierten Erlaubnis den Nachweis verlangen, dass er:sie über ausreichende Mittel verfügt, um seinen:ihren Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu bestreiten. Mitgliedstaaten sind zudem durch einen neuen Artikel dazu verpflichtet, Verletzungen der Arbeitnehmerrechte zu überwachen und zu sanktionieren, insbesondere in Sektoren, bei denen ein grundsätzlich hohes Risiko von Verletzungen der Arbeitnehmerrechte besteht.

Was nun?

Die neuen Bestimmungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, dass Hindernisse für die Arbeitsmigration abgebaut und Schutzmöglichkeiten geschaffen werden. Dazu gehört zum Beispiel unser Wunsch, dass die Einschränkungen des Rechts auf Gleichbehandlung im Wohnungswesen nur für öffentlichen Wohnraum – und nicht für privaten Wohnraum gelten. Diesmal konnten wir nur eine Ausnahme für Privatwohnungen durchsetzen.Grundsätzlich gilt es außerdem, angesichts der zunehmend restriktiven Migrationspolitik der EU, die auf Abschottung und Externalisierung setzt, legale Migrationswege wie die Arbeitsmigration zu fördern.

Studie belegt weit verbreiteten Rassismus in der EU

Der aktuelle Bericht “Schwarzsein in der EU” kommt zu dem Ergebnis, dass Rassismus, Diskriminierung und Hassverbrechen ein großes Problem bleiben, obwohl es seit dem Jahr 2000 verbindliche Antidiskriminierungsgesetze gibt. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört unter anderem, dass fast die Hälfte der Befragten rassistische Diskriminierung erlebt haben – ein Anstieg von 39 % im Jahr 2016 auf 45 % im Jahr 2022. Zu den Gründen für die Diskriminierung gehören durch EU-Recht geschützte Personenmerkmale wie Hautfarbe, ethnische Herkunft und religiöse Überzeugungen. Mehr als die Hälfte der Befragten, die sich in mindestens einem Lebensbereich diskriminiert fühlten, gaben an, dass sie aus mehreren Gründen diskriminiert wurden. Hautfarbe, ethnische Herkunft oder Migrationshintergrund waren die am häufigsten genannten Gründe.  

Methodik

Ausgewertet wurden die Antworten von 6 752 Personen aus Subsahara-Afrika und ihren Nachkommen mit Wohnsitz in 13 EU-Mitgliedstaaten: Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Polen, Portugal, Spanien und Schweden. Das wichtigste Auswahlkriterium war das Geburtsland der Befragten oder ihrer Eltern. Das heißt, die Befragten wurden entweder in einem afrikanischen Land südlich der Sahara geboren (Einwanderer*innen) oder in der EU geboren, wobei mindestens ein Elternteil in einem afrikanischen Land südlich der Sahara geboren wurde (Nachkommen von Einwanderer*innen).

Hohe Dunkelziffer

Obwohl Übergriffe nach wie vor weit verbreitet sind, gaben zwei Drittel (64%) der Opfer rassistischer Gewalt an, dass sie den letzten Vorfall, den sie erlebt haben, keiner Organisation oder Stelle gemeldet haben. Und das, obwohl die meisten Opfer rassistischer Gewalt unter psychischen Problemen leiden und befürchten, erneut angegriffen zu werden. Einige Befragte meldeten den Vorfall nicht, weil sie der Meinung waren, dass dies nichts ändern würde (36 %), oder weil sie eine Meldung für zu bürokratisch oder zeitaufwändig hielten (19 %). Andere meldeten den Vorfall nicht, weil sie befürchteten, niemand würde ihnen glauben oder sie ernst nehmen, weil sie kein Vertrauen in die Polizei hatten oder sich vor der Polizei fürchteten (jeweils 16 %). 15 % der Opfer rassistischer Gewalt wussten nicht, wohin sie sich wenden oder an wen sie sich wenden sollten, um eine Anzeige zu erstatten.

Diskriminierung in vielen Bereichen 

Die erlebte Diskriminierung setzt sich auch in den Lebensbereichen Beschäftigung, Wohnen und Gesundheitswesen fort. Während die durchschnittliche Beschäftigungsquote bei Menschen afrikanischer Abstammung im Alter von 20 bis 64 Jahren (71 %) ähnlich hoch ist wie die der Allgemeinbevölkerung (73 %) in derselben Altersgruppe, arbeitet ein Drittel (32 %) der erwerbstätigen Befragten in einfachen Berufen, verglichen mit einem Durchschnitt von 8 % für die Allgemeinbevölkerung in allen 27 EU-Mitgliedstaaten. Die Überqualifizierungsquote ist bei den Befragten afrikanischer Abstammung höher als bei der Allgemeinbevölkerung, unabhängig davon, ob sie Staatsangehörige des Erhebungslandes (35 % gegenüber 21 %) oder Drittstaatsangehörige (57 % gegenüber 40 %) sind.

Armut 

Die Befragten sind auch stärker von Armut, sozialer Ausgrenzung und Energiearmut bedroht als die Allgemeinbevölkerung. Ein Drittel (32 %) von ihnen hat Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen, verglichen mit 18 % der Allgemeinbevölkerung. 14 % können es sich nicht leisten, ihre Wohnung warm zu halten, verglichen mit 7 % der Allgemeinbevölkerung. 18 % sind mit ihren Strom- und Gasrechnungen im Rückstand, mehr als doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung (6 %). Fast jede*r zweite Befragte (45 %) in den 13 untersuchten Ländern lebt in überfüllten Wohnungen, ein viel höherer Anteil als in der Allgemeinbevölkerung (17 %).

Diejenigen, die versuchen, eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen, werden ebenfalls rassistisch diskriminiert. In einigen Ländern wird dies durch den sozialen Wohnungsbau abgemildert. Eine*r von vier (23 %) der Befragten afrikanischer Abstammung gab an, dass ein*e private*r Immobilienbesitzer*in sie aufgrund ihrer Hautfarbe oder ethnischen Herkunft daran gehindert hat, eine Wohnung oder ein Haus zu mieten. Die Befragten waren mehr als viermal so häufig von Diskriminierung betroffen, wenn sie versuchten, eine Wohnung von einer*einem privaten Eigentümer*in zu mieten, als wenn sie versuchten, eine Wohnung von einer öffentlichen oder kommunalen Behörde zu mieten (5 %).

Racial Profiling 

Darüber hinaus ist mehr als die Hälfte der Menschen afrikanischer Abstammung der Meinung, dass ihre jüngste Polizeikontrolle das Ergebnis eines rassistischen Profilings war. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen, einschließlich der Polizei, des Rechtssystems und der lokalen Behörden, untergraben können. So ist beispielsweise das durchschnittliche Vertrauen in die Polizei bei Befragten, die sich rassistisch diskriminiert fühlten, um 1,2 Prozentpunkte geringer als bei Befragten, die keine rassistische Diskriminierung erlebt hatten. Vergleicht man die Ergebnisse von 2016 und 2022 in Bezug auf das wahrgenommene rassistische Profiling unter den Befragten afrikanischer Abstammung, so stieg die durchschnittliche Quote in allen untersuchten Ländern von 41 % (2016) auf 48 % (2022). Männer werden mit größerer Wahrscheinlichkeit angehalten als Frauen.

Europa Brunch zu Rechtsextremismus mit Erik Marquardt und Natascha Strobl am 27. Januar 2024

Der 27. Januar steht im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, und daher möchten wir diese Veranstaltung diesem wichtigen Anlass widmen. 

In Zeiten wo sich Rechtsextreme Treffen um gemeinsam “Remigrations-Pläne” auszurarbeiten, Bedarf es einer klaren Haltung gegen Rechts und eine Kollektive Erinnerung an die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg.  Welche Bedeutung hat die Leitidee „Nie wieder“, und wie können wir sie im Kontext von immer stärkerem Rechtsruck verstehen? Welche Bedeutung und Auswirkungen hat dies auf die Migrations- und Asyldebatten?

Ich, Erik Marquardt bin Sprecher der Grünen Europafraktion für die Themen Flucht, Migration und Menschenrechte. In meiner Funktion als Schattenberichterstatter und Mitverhandler beim europäischen Asylpakt (GEAS) werde ich euch Einblicke in meine Erfahrungen bei den Verhandlungen zum Pakt vermitteln. Zudem werden wir analysieren, wie die Dominanz rechter Narrative in der Debatte über Migration und Asyl den Verlauf dieser Verhandlungen beeinflusst hat.

Hierfür haben wir Natascha Strobl eingeladen. Als angesehene Politikwissenschaftlerin und Expertin für Rechtsextremismus wird Natascha uns durch ihre Analyse des radikalisierten Konservatismus führen, wie sie in ihrem gleichnamigen Buch detailliert darlegt. Gemeinsam werden wir die Methoden und Strategien, die sie beschreibt, in der aktuellen politischen Landschaft beleuchten und uns darauf konzentrieren, wie die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg in den aktuellen politischen Ereignissen ihre Relevanz abermals bestärken. 

Gemeinsam werden Natascha und ich beleuchten, wie entscheidend jene Radikalisierung von vermeintlich Konservativen zu einem Abbau von Rechten für Schutzsuchende beiträgt. 

Wir freuen uns darauf, mit euch in einen anregenden Austausch zu treten.

Ort der Veranstaltung: 

Kin Za, Krausnickstraße 23, 10115 Berlin

Datum und Uhrzeit: 

27.01.2024 

10 – 12 Uhr 

Anmeldung für vor Ort Teilnahme: 

Leider haben wir unsere maximale Kapazität für Gäste vor Ort erreicht. Falls ihr trotzdem dabei sein möchtet, gibt es noch die Möglichkeit über unseren Stream Online zuzuhören. 🥐☕ 

ACHTUNG! Nach der Anmeldung gibt es KEINE Bestätigungsmail. Die Anmeldung kommt trotzdem an. Am Tag vor der Veranstaltung bekommt ihr nochmal eine Erinnerungsmail mit allen Veranstaltungs-Details zugesendet. 

Anmeldung für Online Teilnahme

Für alle Menschen, die nicht vor Ort teilnehmen können, wird es eine Möglichkeit geben, über einen Live-Stream zuzuhören. Bitte meldet euch über das hier hinterlegte Formular an. Link für den Stream werdet ihr vor Veranstaltungsbeginn per Mail erhalten.

https://us02web.zoom.us/meeting/register/tZUkde-vrj0uHNaMLWj0AcTpIXgN0T6-hEhA#/registration

Fakten gegen Vorurteile

Ich erhalte viele Anfragen zu Flucht und Migration. Manche sind von ehrlichem Interesse geleitet und ich beantworte sie auch sehr gerne. Leider gibt es aber auch eine laute Minderheit, die immer wieder versucht, anderen ihre rassistische, rechtspopulistische oder von Vorurteilen geleitete Weltsicht aufzudrängen und zu desinformieren. In den letzten Jahren war diese Desinformation sehr erfolgreich, sodass über Migration inzwischen in weiten Teilen der Gesellschaft nicht mehr sachorientiert diskutiert wird. Deswegen habe ich häufige Fragen und Vorurteile hier aufgeschrieben und beantwortet. Ich wünsche mir, dass wir stolz darauf sind, Menschen in Not helfen zu können und rechtsstaatliche Entscheidungen zu treffen. Damit das gelingt, tragen wir gemeinsam die Verantwortung dafür, uns Scheinlösungen und Populismus entgegenzustellen. Neben den Fakten gegen Vorurteile ist es wichtig, dass man Vorschläge und Behauptungen stetig hinterfragt. Oft reicht es, wenn man nachfragt und Menschen auffordert, sich selbst genauer zu informieren.

Seenotrettung lockt die Menschen auf das Mittelmeer!

Studien belegen, dass die Zahl der Überfahrten nicht sinkt, wenn Seenotrettung verhindert wird. Aber ohne Seenotrettung ertrinken mehr Menschen. Dass sie einen sogenannten Pullfaktor darstellt, ist eine Lüge. Aktuell kommen über 90% der Menschen ohne zivile Seenotrettung an. Das beweist, dass die zivile Seenotrettung gar keine Voraussetzung für die Flucht nach Europa ist. Seenotrettung verhindert nur, dass noch mehr Menschen sterben. Seenotrettung ist nicht nur eine völkerrechtliche Verpflichtung, sondern auch essentieller Bestandteil von dem, was uns ausmacht: Wenn Menschen in Not sind, müssen wir helfen, ganz egal, warum jemand in Not ist. Wir können doch nicht europäische Grenzen errichten, die gefährlicher sind als Bürgerkriege, nur damit die Menschen im Krieg bleiben müssen, statt Schutz zu finden. Wenn wir die Toten auf dem Mittelmeer wirklich verhindern wollen, brauchen wir neben der Seenotrettung aber sichere, legale Wege für Geflüchtete – zum Beispiel über das UNHCR-Resettlement-Programm.

Es kommen doch vor allem junge Männer, die gar kein Asyl brauchen. 

Falsch. Weltweit sind so viele Frauen wie Männer auf der Flucht. Wenn man Geflüchtete aus der Ukraine, Syrien, Afghanistan und allen anderen Ländern zusammenrechnet, sind zwischen Anfang 2022 bis September 2023 insgesamt 55% Frauen und Mädchen und 45% Männer und Jungs nach Deutschland geflohen. Dass aus einigen Gebieten mehr Männer als Frauen nach Europa fliehen, hat verschiedene Gründe: Viele Familien können sich die Flucht nur für eine Person leisten. Frauen sind auf der Flucht der Gefahr ausgesetzt, verschleppt oder vergewaltigt zu werden. Deswegen flüchten Familienväter oder junge Männer oft alleine und versuchen, Frau und Kind oder die Familie dann legal nachzuholen. Da der Familiennachzug stark beschränkt ist und manchmal Jahre dauert, müssen mehr Frauen und Kinder auf lebensgefährlichen Fluchtrouten fliehen. Außerdem haben Männer manchmal spezielle Fluchtgründe, wie zum Beispiel die Wehrpflicht für einen Diktator. Das ist zum Beispiel ein wesentlicher Fluchtgrund in Ländern wie Eritrea.

Das sind doch keine echten Flüchtlinge, sondern nur Wirtschaftsmigranten.

Die meisten Schutzsuchenden in Deutschland kommen momentan aus Kriegsgebieten, der Ukraine, Syrien und Afghanistan. Sie sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Nur etwa 12% der Asylanträge in Deutschland kommen aus afrikanischen Staaten. Selbst wenn man die Geflüchteten aus der Ukraine herausrechnet, bekommen nach einer inhaltlichen Prüfung des Asylantrags fast drei Viertel einen Schutzstatus. Die bereinigte Schutzquote lag mit 72 % so hoch wie noch nie. Und auch Armut, Hungersnöte oder zerstörte Lebensgrundlagen sind für viele Menschen Fluchtgründe, selbst wenn sie nicht als Asylgrund anerkannt werden. Hier sollte man sich für legale und sichere Fluchtwege zum Beispiel über das UNHCR-Resettlement einsetzen, aber auch bessere Möglichkeiten zur sicheren Migration in den Arbeitsmarkt einsetzen. Denn uns fehlen jedes Jahr 400.000 zusätzliche Arbeits- und Fachkräfte in Deutschland. Außerdem gilt: Nicht jeder Mensch, der nach Europa kommt, hat ein Recht auf Asyl – aber jeder Mensch hat das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren.

Deutschland macht doch eh schon so viel. Wieso sollen nicht mal die anderen Länder was machen?

Auf der Welt sind über 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten fliehen nicht nach Europa: Rund 85% finden Schutz in Ländern des globalen Südens. Die Staaten, die insgesamt am meisten Menschen aufgenommen haben, sind die Türkei, der Iran und Kolumbien. Pro Kopf gerechnet sind andere Staaten an der Spitze. Im Libanon ist eine von sieben Personen geflüchtet, in Jordanien ist es eine von 16. 

In der EU werden die meisten Asylanträge in Deutschland gestellt – allerdings ist Deutschland auch das bevölkerungsreichste Land in der EU. Auf die Einwohnerzahl gerechnet lag Deutschland im Jahr 2022 auf Rang 10 von 27 EU-Staaten. Die meisten Anträge auf die Einwohnerzahl gerechnet gab es in Zypern, Österreich und Luxemburg. Der Eindruck, dass Deutschland in Europa allein Geflüchtete aufnimmt, trügt. Trotzdem braucht es eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten in Europa, denn Deutschland nimmt mehr Menschen auf, als es bei einem gerechten Verteilschlüssel notwendig wäre. Viele Staaten in Europa behandeln Geflüchtete außerdem so schlecht, dass sie dort nicht bleiben können. Dadurch entsteht nicht nur Leid und Chaos, sondern auch eine ungerechte Herausforderung für einige Mitgliedstaaten.

Wieso fliehen die vor dem Krieg, können sie nicht einfach ihrem Land dienen und kämpfen?

Würdest du für einen Diktator eine Waffe in die Hand nehmen? Würdest du auf unschuldige Menschen schießen oder sie bombardieren? Oder würdest du versuchen zu fliehen? Wir sollten doch jedem Menschen dankbar sein, der nicht in Bürgerkriegen, für Diktatoren oder mordende Milizen kämpft. Und wir sollten diesen Menschen Schutz gewähren. Dass drohender Wehrdienst in solchen Situationen ein Fluchtgrund ist, hat der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung bestätigt. 

Beispielsweise ist auch jeder Russe, der vor dem Wehrdienst flüchtet, ein Mensch weniger, der Kriegsverbrechen in der Ukraine begehen kann. 

Wenn es echte Flüchtlinge sind, wieso bezahlen die dann Schlepper und kommen illegal?

Um in ein Flugzeug nach Europa zu steigen, braucht man ein Visum für den Schengenraum. In vielen Ländern der Welt wie Syrien oder Afghanistan gibt es keine Möglichkeit, ein Visum zu bekommen. Die allermeisten Menschen können deswegen nur auf irregulären, gefährlichen Wegen nach Europa flüchten. Dafür müssen sie oft mehrere tausend Euro bezahlen. Sichere Fluchtwege nach Europa gibt es für die meisten Menschen nicht. Es ist auch nicht möglich, Asyl in einer Botschaft zu beantragen. Asyl kann nur beantragt werden, wenn man bereits in Europa angekommen ist. Obwohl die Zahl der weltweit Geflüchteten einen neuen Höchststand erreicht hat, hat die Zahl der legalen Fluchtmöglichkeiten – beispielsweise über Resettlement-Programme – einen neuen Tiefstand erreicht.

Obwohl der Flug nach Europa viel günstiger und sicherer wäre als die Flucht auf einem Schlauchboot, ist das für viele unerreichbar. Legale Wege nach Europa sind das effektivste Mittel gegen Schlepper. Niemand begibt sich in die Hände von Kriminellen, wenn es eine sichere und günstigere Möglichkeit gibt.

In Deutschland leben viel zu viele abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden! 

Manche Politiker behaupten oft, dass in Deutschland zu wenig abgeschoben werde und das Land deswegen überlastet sei. Das stimmt nicht. Am 30. Juni 2023 gab es in Deutschland 279.098 ausreisepflichtige Menschen. Rund die Hälfte davon sind abgelehnte Asylbewerberinnen – bei den anderen handelt es sich oft um Menschen, die einfach ihr Touristen- oder Studierendenvisum überzogen haben und gar keinen Asylantrag stellen wollen. Unter den Ausreisepflichtigen hatten 81 Prozent eine Duldung. Unterm Strich bleiben 54.330 unmittelbar ausreisepflichtige Personen – von denen ein großer Teil keine Asylsuchenden sind. Gemessen an den Zahlen von Schutzsuchenden in Deutschland ist das eine sehr kleine Gruppe. Trotzdem wird oft so getan, als würde ein “Rückführungsdefizit” eine große Relevanz für die Zahl der Geflüchteten in Deutschland haben. Die Forderung nach schnelleren Abschiebungen führt oft dazu, dass Menschen abgeschoben werden, die sich schnell und erfolgreich integriert haben. Es gilt auch hier: Der Wettbewerb um die härteste Rhetorik über Rückführungen wird nur die Rechtspopulisten als Gewinner haben.

Sind die vielen Geflüchteten nicht zu teuer? Wie sollen wir uns das leisten

Vielfach wird behauptet, dass Menschen vor allem nach Deutschland fliehen, weil die Sozialleistungen so hoch seien. Das ist nicht korrekt und dient oft dazu, Vorurteile gegenüber Geflüchteten zu erzeugen. Die Wissenschaft ist sich einig, dass viele Faktoren für das Zielland relevant sind. Die wichtigsten Faktoren sind, ob die Menschen vor Ort Verwandte oder Freunde haben – also ein Netzwerk, auf das sie zugreifen können. 

Es stimmt auch nicht, dass Asylsuchende genauso viel oder gar mehr staatliche Unterstützung erhalten als Deutsche. Sie bekommen Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und das ist deutlich weniger als Bürgergeld. Umfangreiche Kürzungsmöglichkeiten + eine eingeschränkte medizinische Versorgung belasten zusätzlich.

Der Bund plant für das Jahr 2024 Ausgaben von insgesamt 21,3 Milliarden Euro für Geflüchtete und Asyl. Davon sind aber ganze 7,5 Mrd. für Fluchtursachenbekämpfung eingeplant. Für die Aufnahme, Registrierung und Unterbringung in Asylverfahren sind zum Beispiel nur 1,1 Mrd. eingeplant. Der Bund überweist den Kommunen auch Geld für Kinderbetreuung und sozialen Wohnungsbau, das in diesem Posten auftaucht, aber vielen Menschen zugute kommt, und eben nicht nur Geflüchteten. Ein großer Teil dieser Summe kommt also uns allen zugute. Studien belegen zudem, dass Migrant:innen im Laufe der Zeit mehr Steuern bezahlen, als sie an Sozialleistungen erhalten. 

Geflüchtete nehmen uns die Arbeitsplätze weg oder wollen nicht arbeiten 

Fakt ist: in Deutschland fehlen in nahezu allen Branchen Arbeits- und Fachkräfte, insbesondere in Handwerk und Pflege. Es werden jährlich weniger Kinder geboren, der Stellenmarkt wird aber nicht kleiner. Anreize statt Abschreckung für Migrantinnen und Migranten würden dem Problem entgegenwirken. 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte pro Jahr werden aktuell benötigt oder das Renteneintrittsalter muss immer weiter erhöht werden und unser Sozialstaat und unsere Volkswirtschaft geraten ins Wanken. Eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist der Schlüssel für unser Einwanderungsland. Aber natürlich wäre es besser, wenn wir legale Wege für die Arbeitsmarktintegration verbessern. Die meisten Geflüchteten werden lange bei uns bleiben, wenn sie einen Schutzstatus bekommen. Bislang dauert es zu lange, bis die Menschen auf dem Arbeitsmarkt ankommen, besonders bei Frauen. Viele Geflüchtete haben Probleme mit der Anerkennung ihrer Qualifikationen, müssen die Sprache lernen und eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren. Nichtsdestotrotz sind 62 Prozent der Geflüchteten sieben Jahre nach dem Zuzug erwerbstätig. Das sind nur etwa 10% weniger als bei Deutschen ohne Fluchtgeschichte. Um dies noch zu beschleunigen, wäre eine Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete wichtig. Außerdem sollten Sprach- und Integrationskurse viel stärker ausgebaut und unsinnige Bürokratie abgebaut werden.

Warum fahren Flüchtlinge so dicke Autos und warum haben Syrer:innen neue Smartphones? 

Wenn Menschen vor einem Krieg fliehen müssen, trifft es gut und schlecht Verdienende. Besonders die Menschen, die sich darüber aufregen, sagen ja selbst, das Asylrecht sei nicht für Armutsmigranten. Man muss verstehen, dass die meisten Menschen auf der Welt vor Kriegen und Gewalt fliehen. Bei diesen Fluchtgründen ist es egal, ob man viel oder wenig Geld hat – man braucht einfach einen Ort, an dem man in Sicherheit ist. Vielfach regen sich Menschen auch darüber auf, dass Geflüchtete Smartphones besitzen.

Aber was würdest du mitnehmen, wenn du flüchten musst? Smartphones sind für viele Menschen auf der Flucht das Letzte, was ihnen bleibt. Darauf sind Erinnerungen – Fotos und Nachrichten von geliebten Menschen. Es ist ihre Möglichkeit, mit ihren Familien und Freund:innen zu kommunizieren. Es ist das Navigationsmittel, das ihnen hilft, weiterzukommen. Besonders bei Geflüchteten, die wenig Besitz haben, sind Smartphones oft ihr einziger und wichtigster Besitz überhaupt, für den Kontakt zur Familie, den Zugang zu Informationen oder zu Apps, mit denen man z.B. Deutsch lernen oder Texte übersetzen kann, die man noch nicht versteht.

Wenn wir unsere Grenzen endlich richtig schützen, dann kommen endlich weniger Menschen! 

Dieses Argument hört man oft und es ist einfach nicht richtig. Menschen, die an den EU-Außengrenzen oder der deutschen Grenze stehen, haben das Recht , einen Asylantrag zu stellen. Das bedeutet, dass Geflüchtete an Grenzen immer das Recht auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren haben. Mehr Grenzkontrollen führen deswegen also nicht zu weniger Asylanträgen. Außerdem dürfen sie für einen illegalen Grenzübertritt nicht bestraft werden, wenn sie aus einem Land flüchten, in dem sie verfolgt werden. Das steht schon in der Genfer Flüchtlingskonvention. Manche behaupten, man müsse die Gesetze dann eben entsprechend ändern. Das ist jedoch nicht möglich, denn das Nichtzurückweisungsgebot ist ein unveränderliches Recht – auch als Lehre aus dem Holocaust. Man müsste aus der EU, dem Europarat und den Menschenrechtskonventionen aussteigen und das Grundgesetz missachten, um Schutzsuchende einfach pauschal zurückzuweisen.

Leider wird an Europas Außengrenzen inzwischen systematisch gegen Menschenrechte verstoßen. Menschen ertrinken, werden gefoltert oder illegal zurückgewiesen (sogenannte Pushbacks). Diese schweren Menschenrechtsverletzungen sind nicht nur eine Schande, sie bedrohen auch die Rechtsstaatlichkeit und Ordnung in der EU, weil sie zu einer Situation führen, in der die Mitgliedstaaten sich nicht mehr an ihre eigenen Gesetze halten. 

Das ist nicht nur für die Schutzsuchenden, sondern auch für Europa unwürdig. Denn europäische Grenzen sind nur geschützt, wenn die Menschenrechte geschützt sind.

Heißt mehr Flüchtlinge nicht auch mehr Kriminalität?

Deutschland ist auch in den letzten Jahren eines der sichersten Länder weltweit. In den letzten Jahren ist die Anzahl von schweren Straftaten weiter gesunken.
Warum tauchen Geflüchtete dann trotzdem häufiger in Kriminalitätsstatistiken auf? Das hat viele Gründe: Die Statistiken basieren oft auf Verdächtigungen und nicht auf Urteilen – und Geflüchtete werden öfter verdächtigt. Außerdem müssen für den Vergleich von Kriminalität all die Straftaten herausgerechnet werden, die Deutsche ja gar nicht begehen können: Fehlende Aufenthaltserlaubnisse oder Verstöße gegen Meldeauflagen zum Beispiel. Wenn man das bedenkt, wird deutlich, dass Geflüchtete ähnlich selten Straftaten wie vergleichbare gesellschaftliche Gruppen begehen, die nicht zugewandert sind.

Hat Migration für uns nicht zu viele Nachteile?

Wären alle Migrant:innen morgen weg, würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen. Corona hat gezeigt, dass wir gerade in wichtigen Bereichen wie der Landwirtschaft, Pflege oder der Auslieferung von Waren keinen Tag ohne Migrant:innen auskommen würden. Und auch, dass der erste Impfstoff gegen Corona in Deutschland entwickelt wurde, hängt damit zusammen, dass die Eltern von Özlem Türeci und Uğur Şahin nach Deutschland migriert sind.

Doch man muss nicht erst eine globale Pandemie besiegen oder viel Geld verdienen, um ein Recht auf Asyl zu haben. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Und jenseits von wirtschaftlichen Aspekten ist Migration vor allem eine Konstante, die so alt ist wie die Menschheit selbst – und die während der gesamten Geschichte der Menschheit eine treibende Kraft für Fortschritt, Austausch, neue Ideen und notwendige Veränderung war. Ohne Migration wäre Europa gar nicht besiedelt. Denn die ersten Menschen gab es auf dem afrikanischen Kontinent.

Wieviel Geld bekommen Flüchtlinge? Ist es mehr als deutsche Bürgergeld Empfänger bekommen?

Nein. Im Asylverfahren hat eine Person Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, welches weniger ist als Bürgergeld. Umfangreiche Kürzungsmöglichkeiten + eine eingeschränkte medizinische Versorgung belasten zusätzlich. Schon jetzt sind ein relevanter Teil der Leistungen Sachleistungen, wenn die Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Sie bekommen dann nur noch ein Taschengeld von 6 Euro am Tag. Wenn eine geflüchtete Person nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung ist, erhält sie 410 Euro pro Monat. Das ist deutlich weniger als Bürgergeld-Empfänger:innen bekommen. Geflüchtete bekommen nicht mehr, sondern weniger. Außer wenn sie mehr arbeiten. Aber dann zahlen sie auch mehr Steuern.

Warum bringt man die Geretteten nicht zurück nach Libyen, Tunesien oder andere nordafrikanische Staaten? 

Es gibt zu dieser Frage eine Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Sie belegt klar, dass kein Staat in Nordafrika als sicherer Hafen betrachtet werden kann. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Libyen ist rechtlich und auch moralisch nicht zu rechtfertigen. Dies belegen auch mehrere Gerichtsurteile.

In Libyen werden Geflüchtete in sogenannte „Detention Center“ (Haftlager) unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt, ihnen droht hier Gefahr für Leib und Leben. Die Bevölkerung sowie ausländische Geflüchtete und Migrant:innen leiden auf Grund der herrschenden Rechtlosigkeit unter Kriminalität, Entführungen, irregulärer Haft, illegalen Hinrichtungen, Folter und Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure. Die Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache stellt zudem eine Verletzung des Völkerrechts dar.

Die Geretteten müssen nach Europa gebracht werden, weil keiner der nordafrikanischen Staaten ein funktionierendes Asylsystem hat. Für gefährdete Gruppen, wie LGBTQIA+ oder andere Minderheiten, sind diese Staaten nicht sicher. Da es an Bord der Rettungsschiffe nicht durchführbar ist, festzustellen, welche Territorien für die Menschen sicher wären und welche nicht, kann sich Europa seiner Verantwortung nicht entziehen und muss die Menschen in sichere Häfen nach Europa bringen. Dies gilt auch für NGO-Schiffe.

Wir haben keinen Platz, wo sollen die alle hin?

In Deutschland stehen mehr als 600.000 Wohnungen leer. Gerade in den neuen Bundesländern sind seit der Wende viele Menschen weggezogen und hinterließen räumliche, aber teilweise auch soziale Leere. So hatte zum Beispiel die Stadt Suhl in Thüringen im Jahr 1991 noch 56.000 Einwohner. Heute sind es nur noch rund 35.000. 

Wir haben also Platz und wir haben auch viele Menschen, die Geflüchteten helfen wollen. Es gibt über 300 Kommunen, die zusätzliche Geflüchtete aufnehmen wollen. Deutschland ist kein Boot, sondern ein riesiges, aber alterndes Land – ohne Zuwanderung würden wir längst schrumpfen. Die Aufnahmebereitschaft ist hoch – wir könnten mit Leichtigkeit mehr Menschen aufnehmen, als derzeit ankommen. Beispielsweise die Schutzsuchenden in den Lagern auf den griechischen Ägäis-Inseln.

Besuchsfahrt ins Europäische Parlament im Oktober 2023

Ende Oktober haben mich 43 politikinteressierte Menschen in Brüssel im Europäischen Parlament besucht. Auf meine Einladung hin konnte diese Gruppe von meinem Besuchkontingent bezuschusst nach Brüssel reisen. Gemeinsam mit meinem Team haben wir eine spannende europapolitische Fahrt organisiert, wo sich viele Grünenitglieder, aber auch Politikinteressierte Menschen, welche nicht bei den Grünen sind, angemeldet haben und gemeinsam haben wir in Brüssel über die Großen Fragen der EU diskutiert. 

Ablauf in Brüssel

Los ging es Dienstag früh von Berlin mit dem Bus nach Brüssel. Am Mittwoch fand der kulturelle Teil des Reiseprogramms statt. Da Belgien weltweit bekannt für seine Pralinen ist, hat die Gruppe sich eine Chocolaterie angeschaut. Dort hat sie gelernt, wie Schokolade angebaut und hergestellt wird, sowie wie man sie veredelt und daraus Pralinen macht. Nach einem spannenden Vortrag durften zwei Teilnehmerinnen sogar selbst einmal an die Maschinen und haben für die Gruppe eine kleine Charge Nougat-Pralinen produziert. Anschließend sind die Teilnehmenden gemeinsam mit unserem Stadtführer Manuel durch Brüssel zum Atomium gefahren und haben viel über die Geschichte Brüssels gelernt. Anschließend ging es zu Fuß weiter durch die Brüssel Altstadt und sie haben viel über die Belgische und Brüsseler Gesellschaft, Architektur, Geschichte und Politik erfahren.

Am Donnerstag war dann der große Politik-Tag. Gestartet wurde im Parlamentarium Museum, welches die Entstehungsgeschichte der EU sowie ihre Prozesse spielerisch und anschaulich darstellt. Anschließend hat die Gruppe das Europäische Parlament besucht. Dort gab es eine Führung des Besuchsdienstes, der Plenarsaal wurde besucht und sie haben ein ausführliches Gespräch mit mir gehabt. Hierbei haben wir viel über die aktuelle Migrationsfragen gesprochen, uns jedoch auch zu anderen Themen wie Digitalisierung und Klimaschutz unterhalten. Anschließend gab es noch ein gemeinsames Abendessen in einer typischen Brüsseler Brasserie, wo wir alle Themen noch weiter diskutieren konnten, für die es bei unserem Termin im Europäischen Parlament keine Zeit mehr gab. Am nächsten Morgen ist die Gruppe wieder gemeinsam nach Berlin zurückgefahren. 

Na, Interessiert?

Falls du dich auch für so eine Fahrt interessierst, schreib uns doch gerne eine E-Mail, dann können wir dich kontaktieren, für die nächste Besuchsreise ins Europäische Parlament.

Ein Europa für alle?

Europapolitische Gespräche in gemütlicher Atmosphäre

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, in diesem Jahr bereits mehr als 2000 Tote im Mittelmeer, eine hohe Inflation, die das Leben für viele unbezahlbar macht, die massiven Folgen der Klimakrise, ein Rechtsruck in Europa: die Liste der Herausforderungen der Europäischen Union ist lang und wir müssen aufpassen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in Europa nicht zu kurz kommt. 

Ist europäische Solidarität der Schlüssel, um aus den Krisen zu kommen? Ist ein Europa für alle machbar?

Der Europaabgeordnete Erik Marquardt ist in der Grünen Fraktion zuständig für die Themen Flucht, Migration und Menschenrechte. Er wird zum aktuellen Stand des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems berichten und der Frage nachgehen, welche Schritte auf dem Weg zu einem humanitären und menschenrechtsbasierten Asylsystem notwendig sind.

Rasmus Andresen ist Sprecher der deutschen Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Haushalts- sowie Finanzausschuss. Bei ihm wird es um soziale Fragen in der aktuellen Krisenpolitik und die Folgen der jetzigen Wirtschafts- und Finanzpolitik gehen.

Wir laden herzlich ein zu europapolitischen Gesprächen bei leckerem Essen und Getränken

Ein Europa für alle?

Am 14. September um 19:00 Uhr

im Baumhaus Berlin

Gerichtstr. 23, 13347 Berlin-Wedding

Anmeldung: 

Bitte meldet euch unter folgendem Formular an, da wir nur begrenzte Kapazitäten vor Ort haben.

Für alle Menschen, die nicht vor Ort teilnehmen können, wird es eine Möglichkeit geben, über einen Live-Stream zuzuhören. Den Link werdet ihr kurz vor Veranstaltungsbeginn per Mail erhalten, bitte meldet euch hierfür auch an. 

Die Paneldiskussion der Veranstaltung wird aufgezeichnet. 

Wie nimmst du teil?(erforderlich)

Video: Vorstellung der Studie zur Kriminalisierung von Geflüchteten

Am 06. Juli haben wir die Ergebnisse der Studie “Ein rechtsfreier Raum – die systematische Kriminalisierung von Geflüchteten für das Fahren eines Autos oder Bootes nach Griechenland” vorgestellt. Falls ihr die Veranstaltung verpasst habt, könnt ihr sie hier nochmal anschauen. 

Die vorgestellte Studie findet ihr auf Deutsch, Englisch und Griechisch hier

Borderline Europe hat sich in meinem Auftrag angeschaut, wie in Griechenland der Kampf gegen mutmaßliche Schleuser geführt wird und ist dabei zu erschreckenden Ergebnissen gekommen. Die Untersuchungen zeigen einen rechtsfreien Raum auf, in dem Willkürjustiz an der Tagesordnung ist, um andere Menschen vor der Flucht abzuschrecken. 

Ergebnisse

Schmuggler stellen die zweitgrößte Gruppe an Insassen in griechischen Gefängnissen dar, über 90% davon sind Drittstaatsangehörige. In den allermeisten Fällen, sind es jedoch keinen Menschenschmuggler die damit Geld verdienen sondern einfach nur Geflüchtete, die des Schmuggels beschuldigt werden; und dies nur weil ihnen vorgeworfen wird, die Grenze mit einem Auto oder eine Boot überquert zu haben. 

Die meisten Personen werden auf Grundlage der Aussage einer Person aus Polizei oder Küstenwache verurteilt, die in 68 Prozent der Fälle noch nicht einmal während des Verfahrens anwesend ist. Ein Verfahren dauert im Schnitt 37 Minuten, wobei die durchschnittliche Gefängnisstrafe bei 46 Jahren liegt. Aufgrund fehlender Übersetzung verstehen die Verurteilten oft noch nicht einmal direkt, wozu und weswegen sie da gerade verurteilt wurden. Angesichts der Schwere und des Ausmaßes der Kriminalisierung und der damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen ist es dringend erforderlich, dieses Problem anzugehen und an eine breite Öffentlichkeit zu tragen.

Deswegen haben wir uns am 06. Juli 2023 im projecttogether getroffen, um über die Kriminalisierung von Geflüchteten zu sprechen. 

Die Vortragenden

Lotta Mayr und Julia Winkler von Borderline Europe haben die Ergebnisse der Studie vorgestellt. Anschließend ist die griechische Anwältin Natasha Dailiani vom Legal Centre Lesvos nochmal explizit auf den griechischen Rechtsrahmen eingegangen. Mahtab Sabetara hat die Geschichte ihres Vaters erzählt, der in Griechenland im Gefängnis sitzt und zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er das Auto, in dem alle geflohen sind, gefahren hat. Wie ihr mehr über den Fall erfahren könnt und sie dabei unterstützen, ihren Vater wieder freigelassen zu bekommen, könnt ihr hier oder auf Instagram erfahren. Zum Schluss haben Petar Rosandić von SOS Balkanroute und Roswitha Feige vom österreichischen Pfarrnetzwerk Asyl geschildert, wie sie es geschafft haben, in Bosnien das Gefängnis-Camp Lipa zu verhindern. 

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