Ich erhalte viele Anfragen zu Flucht und Migration. Manche sind von ehrlichem Interesse geleitet und ich beantworte sie auch sehr gerne. Leider gibt es aber auch eine laute Minderheit, die immer wieder versucht, anderen ihre rassistische, rechtspopulistische oder von Vorurteilen geleitete Weltsicht aufzudrängen und zu desinformieren. In den letzten Jahren war diese Desinformation sehr erfolgreich, sodass über Migration inzwischen in weiten Teilen der Gesellschaft nicht mehr sachorientiert diskutiert wird. Deswegen habe ich häufige Fragen und Vorurteile hier aufgeschrieben und beantwortet. Ich wünsche mir, dass wir stolz darauf sind, Menschen in Not helfen zu können und rechtsstaatliche Entscheidungen zu treffen. Damit das gelingt, tragen wir gemeinsam die Verantwortung dafür, uns Scheinlösungen und Populismus entgegenzustellen. Neben den Fakten gegen Vorurteile ist es wichtig, dass man Vorschläge und Behauptungen stetig hinterfragt. Oft reicht es, wenn man nachfragt und Menschen auffordert, sich selbst genauer zu informieren.
Seenotrettung lockt die Menschen auf das Mittelmeer!
Studien belegen, dass die Zahl der Überfahrten nicht sinkt, wenn Seenotrettung verhindert wird. Aber ohne Seenotrettung ertrinken mehr Menschen. Dass sie einen sogenannten Pullfaktor darstellt, ist eine Lüge. Aktuell kommen über 90% der Menschen ohne zivile Seenotrettung an. Das beweist, dass die zivile Seenotrettung gar keine Voraussetzung für die Flucht nach Europa ist. Seenotrettung verhindert nur, dass noch mehr Menschen sterben. Seenotrettung ist nicht nur eine völkerrechtliche Verpflichtung, sondern auch essentieller Bestandteil von dem, was uns ausmacht: Wenn Menschen in Not sind, müssen wir helfen, ganz egal, warum jemand in Not ist. Wir können doch nicht europäische Grenzen errichten, die gefährlicher sind als Bürgerkriege, nur damit die Menschen im Krieg bleiben müssen, statt Schutz zu finden. Wenn wir die Toten auf dem Mittelmeer wirklich verhindern wollen, brauchen wir neben der Seenotrettung aber sichere, legale Wege für Geflüchtete – zum Beispiel über das UNHCR-Resettlement-Programm.
Es kommen doch vor allem junge Männer, die gar kein Asyl brauchen.
Falsch. Weltweit sind so viele Frauen wie Männer auf der Flucht. Wenn man Geflüchtete aus der Ukraine, Syrien, Afghanistan und allen anderen Ländern zusammenrechnet, sind zwischen Anfang 2022 bis September 2023 insgesamt 55% Frauen und Mädchen und 45% Männer und Jungs nach Deutschland geflohen. Dass aus einigen Gebieten mehr Männer als Frauen nach Europa fliehen, hat verschiedene Gründe: Viele Familien können sich die Flucht nur für eine Person leisten. Frauen sind auf der Flucht der Gefahr ausgesetzt, verschleppt oder vergewaltigt zu werden. Deswegen flüchten Familienväter oder junge Männer oft alleine und versuchen, Frau und Kind oder die Familie dann legal nachzuholen. Da der Familiennachzug stark beschränkt ist und manchmal Jahre dauert, müssen mehr Frauen und Kinder auf lebensgefährlichen Fluchtrouten fliehen. Außerdem haben Männer manchmal spezielle Fluchtgründe, wie zum Beispiel die Wehrpflicht für einen Diktator. Das ist zum Beispiel ein wesentlicher Fluchtgrund in Ländern wie Eritrea.
Das sind doch keine echten Flüchtlinge, sondern nur Wirtschaftsmigranten.
Die meisten Schutzsuchenden in Deutschland kommen momentan aus Kriegsgebieten, der Ukraine, Syrien und Afghanistan. Sie sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. Nur etwa 12% der Asylanträge in Deutschland kommen aus afrikanischen Staaten. Selbst wenn man die Geflüchteten aus der Ukraine herausrechnet, bekommen nach einer inhaltlichen Prüfung des Asylantrags fast drei Viertel einen Schutzstatus. Die bereinigte Schutzquote lag mit 72 % so hoch wie noch nie. Und auch Armut, Hungersnöte oder zerstörte Lebensgrundlagen sind für viele Menschen Fluchtgründe, selbst wenn sie nicht als Asylgrund anerkannt werden. Hier sollte man sich für legale und sichere Fluchtwege zum Beispiel über das UNHCR-Resettlement einsetzen, aber auch bessere Möglichkeiten zur sicheren Migration in den Arbeitsmarkt einsetzen. Denn uns fehlen jedes Jahr 400.000 zusätzliche Arbeits- und Fachkräfte in Deutschland. Außerdem gilt: Nicht jeder Mensch, der nach Europa kommt, hat ein Recht auf Asyl – aber jeder Mensch hat das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren.
Deutschland macht doch eh schon so viel. Wieso sollen nicht mal die anderen Länder was machen?
Auf der Welt sind über 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten fliehen nicht nach Europa: Rund 85% finden Schutz in Ländern des globalen Südens. Die Staaten, die insgesamt am meisten Menschen aufgenommen haben, sind die Türkei, der Iran und Kolumbien. Pro Kopf gerechnet sind andere Staaten an der Spitze. Im Libanon ist eine von sieben Personen geflüchtet, in Jordanien ist es eine von 16.
In der EU werden die meisten Asylanträge in Deutschland gestellt – allerdings ist Deutschland auch das bevölkerungsreichste Land in der EU. Auf die Einwohnerzahl gerechnet lag Deutschland im Jahr 2022 auf Rang 10 von 27 EU-Staaten. Die meisten Anträge auf die Einwohnerzahl gerechnet gab es in Zypern, Österreich und Luxemburg. Der Eindruck, dass Deutschland in Europa allein Geflüchtete aufnimmt, trügt. Trotzdem braucht es eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten in Europa, denn Deutschland nimmt mehr Menschen auf, als es bei einem gerechten Verteilschlüssel notwendig wäre. Viele Staaten in Europa behandeln Geflüchtete außerdem so schlecht, dass sie dort nicht bleiben können. Dadurch entsteht nicht nur Leid und Chaos, sondern auch eine ungerechte Herausforderung für einige Mitgliedstaaten.
Wieso fliehen die vor dem Krieg, können sie nicht einfach ihrem Land dienen und kämpfen?
Würdest du für einen Diktator eine Waffe in die Hand nehmen? Würdest du auf unschuldige Menschen schießen oder sie bombardieren? Oder würdest du versuchen zu fliehen? Wir sollten doch jedem Menschen dankbar sein, der nicht in Bürgerkriegen, für Diktatoren oder mordende Milizen kämpft. Und wir sollten diesen Menschen Schutz gewähren. Dass drohender Wehrdienst in solchen Situationen ein Fluchtgrund ist, hat der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung bestätigt.
Beispielsweise ist auch jeder Russe, der vor dem Wehrdienst flüchtet, ein Mensch weniger, der Kriegsverbrechen in der Ukraine begehen kann.
Wenn es echte Flüchtlinge sind, wieso bezahlen die dann Schlepper und kommen illegal?
Um in ein Flugzeug nach Europa zu steigen, braucht man ein Visum für den Schengenraum. In vielen Ländern der Welt wie Syrien oder Afghanistan gibt es keine Möglichkeit, ein Visum zu bekommen. Die allermeisten Menschen können deswegen nur auf irregulären, gefährlichen Wegen nach Europa flüchten. Dafür müssen sie oft mehrere tausend Euro bezahlen. Sichere Fluchtwege nach Europa gibt es für die meisten Menschen nicht. Es ist auch nicht möglich, Asyl in einer Botschaft zu beantragen. Asyl kann nur beantragt werden, wenn man bereits in Europa angekommen ist. Obwohl die Zahl der weltweit Geflüchteten einen neuen Höchststand erreicht hat, hat die Zahl der legalen Fluchtmöglichkeiten – beispielsweise über Resettlement-Programme – einen neuen Tiefstand erreicht.
Obwohl der Flug nach Europa viel günstiger und sicherer wäre als die Flucht auf einem Schlauchboot, ist das für viele unerreichbar. Legale Wege nach Europa sind das effektivste Mittel gegen Schlepper. Niemand begibt sich in die Hände von Kriminellen, wenn es eine sichere und günstigere Möglichkeit gibt.
In Deutschland leben viel zu viele abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden!
Manche Politiker behaupten oft, dass in Deutschland zu wenig abgeschoben werde und das Land deswegen überlastet sei. Das stimmt nicht. Am 30. Juni 2023 gab es in Deutschland 279.098 ausreisepflichtige Menschen. Rund die Hälfte davon sind abgelehnte Asylbewerberinnen – bei den anderen handelt es sich oft um Menschen, die einfach ihr Touristen- oder Studierendenvisum überzogen haben und gar keinen Asylantrag stellen wollen. Unter den Ausreisepflichtigen hatten 81 Prozent eine Duldung. Unterm Strich bleiben 54.330 unmittelbar ausreisepflichtige Personen – von denen ein großer Teil keine Asylsuchenden sind. Gemessen an den Zahlen von Schutzsuchenden in Deutschland ist das eine sehr kleine Gruppe. Trotzdem wird oft so getan, als würde ein “Rückführungsdefizit” eine große Relevanz für die Zahl der Geflüchteten in Deutschland haben. Die Forderung nach schnelleren Abschiebungen führt oft dazu, dass Menschen abgeschoben werden, die sich schnell und erfolgreich integriert haben. Es gilt auch hier: Der Wettbewerb um die härteste Rhetorik über Rückführungen wird nur die Rechtspopulisten als Gewinner haben.
Sind die vielen Geflüchteten nicht zu teuer? Wie sollen wir uns das leisten
Vielfach wird behauptet, dass Menschen vor allem nach Deutschland fliehen, weil die Sozialleistungen so hoch seien. Das ist nicht korrekt und dient oft dazu, Vorurteile gegenüber Geflüchteten zu erzeugen. Die Wissenschaft ist sich einig, dass viele Faktoren für das Zielland relevant sind. Die wichtigsten Faktoren sind, ob die Menschen vor Ort Verwandte oder Freunde haben – also ein Netzwerk, auf das sie zugreifen können.
Es stimmt auch nicht, dass Asylsuchende genauso viel oder gar mehr staatliche Unterstützung erhalten als Deutsche. Sie bekommen Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und das ist deutlich weniger als Bürgergeld. Umfangreiche Kürzungsmöglichkeiten + eine eingeschränkte medizinische Versorgung belasten zusätzlich.
Der Bund plant für das Jahr 2024 Ausgaben von insgesamt 21,3 Milliarden Euro für Geflüchtete und Asyl. Davon sind aber ganze 7,5 Mrd. für Fluchtursachenbekämpfung eingeplant. Für die Aufnahme, Registrierung und Unterbringung in Asylverfahren sind zum Beispiel nur 1,1 Mrd. eingeplant. Der Bund überweist den Kommunen auch Geld für Kinderbetreuung und sozialen Wohnungsbau, das in diesem Posten auftaucht, aber vielen Menschen zugute kommt, und eben nicht nur Geflüchteten. Ein großer Teil dieser Summe kommt also uns allen zugute. Studien belegen zudem, dass Migrant:innen im Laufe der Zeit mehr Steuern bezahlen, als sie an Sozialleistungen erhalten.
Geflüchtete nehmen uns die Arbeitsplätze weg oder wollen nicht arbeiten
Fakt ist: in Deutschland fehlen in nahezu allen Branchen Arbeits- und Fachkräfte, insbesondere in Handwerk und Pflege. Es werden jährlich weniger Kinder geboren, der Stellenmarkt wird aber nicht kleiner. Anreize statt Abschreckung für Migrantinnen und Migranten würden dem Problem entgegenwirken. 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte pro Jahr werden aktuell benötigt oder das Renteneintrittsalter muss immer weiter erhöht werden und unser Sozialstaat und unsere Volkswirtschaft geraten ins Wanken. Eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist der Schlüssel für unser Einwanderungsland. Aber natürlich wäre es besser, wenn wir legale Wege für die Arbeitsmarktintegration verbessern. Die meisten Geflüchteten werden lange bei uns bleiben, wenn sie einen Schutzstatus bekommen. Bislang dauert es zu lange, bis die Menschen auf dem Arbeitsmarkt ankommen, besonders bei Frauen. Viele Geflüchtete haben Probleme mit der Anerkennung ihrer Qualifikationen, müssen die Sprache lernen und eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren. Nichtsdestotrotz sind 62 Prozent der Geflüchteten sieben Jahre nach dem Zuzug erwerbstätig. Das sind nur etwa 10% weniger als bei Deutschen ohne Fluchtgeschichte. Um dies noch zu beschleunigen, wäre eine Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete wichtig. Außerdem sollten Sprach- und Integrationskurse viel stärker ausgebaut und unsinnige Bürokratie abgebaut werden.
Warum fahren Flüchtlinge so dicke Autos und warum haben Syrer:innen neue Smartphones?
Wenn Menschen vor einem Krieg fliehen müssen, trifft es gut und schlecht Verdienende. Besonders die Menschen, die sich darüber aufregen, sagen ja selbst, das Asylrecht sei nicht für Armutsmigranten. Man muss verstehen, dass die meisten Menschen auf der Welt vor Kriegen und Gewalt fliehen. Bei diesen Fluchtgründen ist es egal, ob man viel oder wenig Geld hat – man braucht einfach einen Ort, an dem man in Sicherheit ist. Vielfach regen sich Menschen auch darüber auf, dass Geflüchtete Smartphones besitzen.
Aber was würdest du mitnehmen, wenn du flüchten musst? Smartphones sind für viele Menschen auf der Flucht das Letzte, was ihnen bleibt. Darauf sind Erinnerungen – Fotos und Nachrichten von geliebten Menschen. Es ist ihre Möglichkeit, mit ihren Familien und Freund:innen zu kommunizieren. Es ist das Navigationsmittel, das ihnen hilft, weiterzukommen. Besonders bei Geflüchteten, die wenig Besitz haben, sind Smartphones oft ihr einziger und wichtigster Besitz überhaupt, für den Kontakt zur Familie, den Zugang zu Informationen oder zu Apps, mit denen man z.B. Deutsch lernen oder Texte übersetzen kann, die man noch nicht versteht.
Wenn wir unsere Grenzen endlich richtig schützen, dann kommen endlich weniger Menschen!
Dieses Argument hört man oft und es ist einfach nicht richtig. Menschen, die an den EU-Außengrenzen oder der deutschen Grenze stehen, haben das Recht , einen Asylantrag zu stellen. Das bedeutet, dass Geflüchtete an Grenzen immer das Recht auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren haben. Mehr Grenzkontrollen führen deswegen also nicht zu weniger Asylanträgen. Außerdem dürfen sie für einen illegalen Grenzübertritt nicht bestraft werden, wenn sie aus einem Land flüchten, in dem sie verfolgt werden. Das steht schon in der Genfer Flüchtlingskonvention. Manche behaupten, man müsse die Gesetze dann eben entsprechend ändern. Das ist jedoch nicht möglich, denn das Nichtzurückweisungsgebot ist ein unveränderliches Recht – auch als Lehre aus dem Holocaust. Man müsste aus der EU, dem Europarat und den Menschenrechtskonventionen aussteigen und das Grundgesetz missachten, um Schutzsuchende einfach pauschal zurückzuweisen.
Leider wird an Europas Außengrenzen inzwischen systematisch gegen Menschenrechte verstoßen. Menschen ertrinken, werden gefoltert oder illegal zurückgewiesen (sogenannte Pushbacks). Diese schweren Menschenrechtsverletzungen sind nicht nur eine Schande, sie bedrohen auch die Rechtsstaatlichkeit und Ordnung in der EU, weil sie zu einer Situation führen, in der die Mitgliedstaaten sich nicht mehr an ihre eigenen Gesetze halten.
Das ist nicht nur für die Schutzsuchenden, sondern auch für Europa unwürdig. Denn europäische Grenzen sind nur geschützt, wenn die Menschenrechte geschützt sind.
Heißt mehr Flüchtlinge nicht auch mehr Kriminalität?
Deutschland ist auch in den letzten Jahren eines der sichersten Länder weltweit. In den letzten Jahren ist die Anzahl von schweren Straftaten weiter gesunken.
Warum tauchen Geflüchtete dann trotzdem häufiger in Kriminalitätsstatistiken auf? Das hat viele Gründe: Die Statistiken basieren oft auf Verdächtigungen und nicht auf Urteilen – und Geflüchtete werden öfter verdächtigt. Außerdem müssen für den Vergleich von Kriminalität all die Straftaten herausgerechnet werden, die Deutsche ja gar nicht begehen können: Fehlende Aufenthaltserlaubnisse oder Verstöße gegen Meldeauflagen zum Beispiel. Wenn man das bedenkt, wird deutlich, dass Geflüchtete ähnlich selten Straftaten wie vergleichbare gesellschaftliche Gruppen begehen, die nicht zugewandert sind.
Hat Migration für uns nicht zu viele Nachteile?
Wären alle Migrant:innen morgen weg, würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen. Corona hat gezeigt, dass wir gerade in wichtigen Bereichen wie der Landwirtschaft, Pflege oder der Auslieferung von Waren keinen Tag ohne Migrant:innen auskommen würden. Und auch, dass der erste Impfstoff gegen Corona in Deutschland entwickelt wurde, hängt damit zusammen, dass die Eltern von Özlem Türeci und Uğur Şahin nach Deutschland migriert sind.
Doch man muss nicht erst eine globale Pandemie besiegen oder viel Geld verdienen, um ein Recht auf Asyl zu haben. Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Und jenseits von wirtschaftlichen Aspekten ist Migration vor allem eine Konstante, die so alt ist wie die Menschheit selbst – und die während der gesamten Geschichte der Menschheit eine treibende Kraft für Fortschritt, Austausch, neue Ideen und notwendige Veränderung war. Ohne Migration wäre Europa gar nicht besiedelt. Denn die ersten Menschen gab es auf dem afrikanischen Kontinent.
Wieviel Geld bekommen Flüchtlinge? Ist es mehr als deutsche Bürgergeld Empfänger bekommen?
Nein. Im Asylverfahren hat eine Person Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, welches weniger ist als Bürgergeld. Umfangreiche Kürzungsmöglichkeiten + eine eingeschränkte medizinische Versorgung belasten zusätzlich. Schon jetzt sind ein relevanter Teil der Leistungen Sachleistungen, wenn die Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Sie bekommen dann nur noch ein Taschengeld von 6 Euro am Tag. Wenn eine geflüchtete Person nicht mehr in der Erstaufnahmeeinrichtung ist, erhält sie 410 Euro pro Monat. Das ist deutlich weniger als Bürgergeld-Empfänger:innen bekommen. Geflüchtete bekommen nicht mehr, sondern weniger. Außer wenn sie mehr arbeiten. Aber dann zahlen sie auch mehr Steuern.
Warum bringt man die Geretteten nicht zurück nach Libyen, Tunesien oder andere nordafrikanische Staaten?
Es gibt zu dieser Frage eine Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Sie belegt klar, dass kein Staat in Nordafrika als sicherer Hafen betrachtet werden kann. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Libyen ist rechtlich und auch moralisch nicht zu rechtfertigen. Dies belegen auch mehrere Gerichtsurteile.
In Libyen werden Geflüchtete in sogenannte „Detention Center“ (Haftlager) unter schlimmsten Bedingungen eingesperrt, ihnen droht hier Gefahr für Leib und Leben. Die Bevölkerung sowie ausländische Geflüchtete und Migrant:innen leiden auf Grund der herrschenden Rechtlosigkeit unter Kriminalität, Entführungen, irregulärer Haft, illegalen Hinrichtungen, Folter und Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure. Die Zusammenarbeit mit der sogenannten libyschen Küstenwache stellt zudem eine Verletzung des Völkerrechts dar.
Die Geretteten müssen nach Europa gebracht werden, weil keiner der nordafrikanischen Staaten ein funktionierendes Asylsystem hat. Für gefährdete Gruppen, wie LGBTQIA+ oder andere Minderheiten, sind diese Staaten nicht sicher. Da es an Bord der Rettungsschiffe nicht durchführbar ist, festzustellen, welche Territorien für die Menschen sicher wären und welche nicht, kann sich Europa seiner Verantwortung nicht entziehen und muss die Menschen in sichere Häfen nach Europa bringen. Dies gilt auch für NGO-Schiffe.
Wir haben keinen Platz, wo sollen die alle hin?
In Deutschland stehen mehr als 600.000 Wohnungen leer. Gerade in den neuen Bundesländern sind seit der Wende viele Menschen weggezogen und hinterließen räumliche, aber teilweise auch soziale Leere. So hatte zum Beispiel die Stadt Suhl in Thüringen im Jahr 1991 noch 56.000 Einwohner. Heute sind es nur noch rund 35.000.
Wir haben also Platz und wir haben auch viele Menschen, die Geflüchteten helfen wollen. Es gibt über 300 Kommunen, die zusätzliche Geflüchtete aufnehmen wollen. Deutschland ist kein Boot, sondern ein riesiges, aber alterndes Land – ohne Zuwanderung würden wir längst schrumpfen. Die Aufnahmebereitschaft ist hoch – wir könnten mit Leichtigkeit mehr Menschen aufnehmen, als derzeit ankommen. Beispielsweise die Schutzsuchenden in den Lagern auf den griechischen Ägäis-Inseln.