Anhaltende Menschenrechtsverletzungen auf der Balkanroute
Auch wenn inzwischen weniger darüber berichtet wird, gibt es immer noch Menschen, die versuchen, über die westliche Balkanroute in die EU zu flüchten. Ihre Situation verschlimmert sich, ihre Grundrechte werden mit Füßen getreten. Ich habe hier aktuelle Entwicklungen in der Region zusammengefasst.
Bosnien-Herzegowina
Die meisten Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina wollen nicht in dem Land bleiben, sondern versuchen von dort aus nach Kroatien, und dann in andere EU-Staaten, zu gelangen. Derzeit wird in Bosnien-Herzegowina die Bewegungsfreiheit von Geflüchteten stark eingeschränkt und Kantone und Entitäten in ein und demselben Land versuchen die Menschen in den je anderen Teil Bosnien-Herzegowinas zu drängen.
So verhindert die Polizei des Una-Sana-Kantons durch Checkpoints, dass Geflüchtete den Kanton über die Landstraßen betreten. Jedoch können sie auch nicht zurückkehren, weil sie von der Grenzpolizei der Republika Srpska zurückgewiesen werden. Im Ergebnis sitzen die Menschen dann im Niemandsland fest und haben dort keinen Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln. Es ist unwürdig, wie diese Menschen zu Opfern der politischen Spielereien in Bosnien-Herzegowina werden, wo mehrere Seiten versuchen, die Geflüchteten, in die je andere Richtung in die anderen Landesteile zu drängen.
Bisher werden sie notdürftig vom lokalen Roten Kreuz, aber auch von No Name Kitchen versorgt. Hunderte Menschen sind dort gestrandet.
Es kommt vermehrt zu Gewalt gegen Geflüchtete. Auf privaten Facebookseiten sammeln sich tausende Menschen, um dort die Standorte von Geflüchteten und Helfer*innen zu teilen und zu Gewalt gegen diese aufzurufen.
Mitte August blockierten Einwohner den Zugang zum Miral-Camp, damit dort keine weiteren Geflüchteten aufgenommen werden. Ende August kam es in Bihać zu Protesten gegen Geflüchtete, an denen Hunderte Menschen teilnahmen.
Kroatien
In Kroatien erleben wir seit Jahren, wie Geflüchtete systematisch misshandelt und illegal nach Bosnien-Herzegowina und Serbien geprügelt werden. Nun mehren sich auch Berichte von Folter durch Polizeibeamte. Zwei kroatische Polizeibeamte wurden wegen Gewalt gegen Geflüchtete festgenommen, weil sie 16 Personen aus Pakistan und Afghanistan gefesselt und schwer gefoltert haben.
Meine irische Kollegin im Europaparlament, Clare Daly, hat zudem recherchiert, dass Kroatien die Gelder, die zur Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus zur Grenzüberwachung gedacht waren, missbrauchte und dieser Mechanismus gar nicht erst eingerichtet wurde. Dieser unabhängige Mechanismus ist aber eine Bedingung dafür, dass Kroatien dem Schengenraum beitreten kann. Die EU-Kommission kündigte eine Untersuchung nach der Aufhebung der Corona-Einschränkungen an.
Serbien errichtet Zaun zu Nordmazedonien
Die serbische Regierung lässt einen neuen Zaun zu Nordmazedonien errichten, um die Einreise von Geflüchteten zu verhindern. Die meisten Menschen, die jetzt über Nordmazedonien nach Serbien kommen, wollen schnell weiter in Richtung Bosnien-Herzegowina und Kroatien. In serbischen Flüchtlingslagern selbst befinden sich derzeit rund 4800 Personen. Während 2015 noch keine Zäune und Mauern zwischen den Westbalkanstaaten und ihren Nachbarn existierten, haben wir heute überall in der Region diese Zäune und Mauern.