{"id":6440,"date":"2024-05-24T15:22:51","date_gmt":"2024-05-24T13:22:51","guid":{"rendered":"https:\/\/erik-marquardt.eu\/?p=6440"},"modified":"2024-05-24T15:22:55","modified_gmt":"2024-05-24T13:22:55","slug":"anhaltendes-leid-an-der-eu-aussengrenze-polens","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/erik-marquardt.eu\/en\/anhaltendes-leid-an-der-eu-aussengrenze-polens\/","title":{"rendered":"Anhaltendes Leid an der EU-Au\u00dfengrenze Polens"},"content":{"rendered":"
Seit fast drei Jahren befinden sich Schutzsuchende im Wald an der polnisch-belarussischen Grenze in einem Limbo von Pushbacks und Gewalt. Mit dem Machtwechsel in Polen<\/a> hatten viele gehofft, dass der neue Ministerpr\u00e4sident Donald Tusk die menschenunw\u00fcrdige Behandlung von Asylsuchenden im Grenzwald zu Belarus<\/a> beenden wird. Stattdessen fordert er nun eine St\u00e4rkung des Grenzzauns<\/a>, der zum Teil mit EU-Geldern finanziert werden soll, und sch\u00fcrt die Angst vor Belarus und den Schutzsuchenden, die zwischen den beiden L\u00e4ndern festsitzen. Tusk will nun \u00fcber zwei Milliarden \u20ac in die Sicherung der \u00f6stlichen Landesgrenze stecken und sagt offen, dass es sich um ein „Element der Abschreckung“<\/a> handele. <\/p>\n\n\n\n Die neue Route entstand auch, weil der belarussische Machthaber Lukaschenko als Reaktion auf EU-Sanktionen im August 2021 damit angefangen hat, Menschen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und anderen L\u00e4ndern nach Belarus einreisen zu lassen, damit sie an die EU-Au\u00dfengrenze kommen. Lukaschenko hat die leidenden Menschen missbraucht, um Druck auf die EU auszu\u00fcben. Polen wirft Belarus eine \u201cInstrumentalisierung\u201d der Schutzsuchenden vor und erkl\u00e4rt die Gefl\u00fcchteten zur Waffe eines \u201chybriden Krieges\u201d. Damit rechtfertigt die Regierung in Warschau die anhaltende Militarisierung der Grenze und die menschenrechtswidrigen Pushbacks, die dort stattfinden. In diesem Zusammenhang wurde auch eine milit\u00e4rische Sperrzone errichtet, in der die Schutzsuchenden festsitzen und in der jede Hilfe von au\u00dfen, egal ob von NGOs oder lokalen Anwohner:innen, verhindert oder kriminalisiert wird.<\/a><\/p>\n\n\n\n Auch wenn es weniger sind als 2021, fliehen bis heute Schutzsuchende \u00fcber Belarus nach Polen. Lokale Aktivist:innen von Grupa Granica<\/a> helfen vor Ort und dokumentieren Menschenrechtsverletzungen. Bei einem Treffen diese Woche haben sie berichtet, dass jetzt vor allem im Fr\u00fchjahr und Sommer die meisten Menschen versuchen, die Grenze im Bia\u0142owie\u017ca-Wald zu \u00fcberqueren. Der ist auch durch seine vielen S\u00fcmpfe und Moore gef\u00e4hrlich; im Winter wird es au\u00dferdem so kalt, dass viele Menschen erfrorene Gliedma\u00dfen aufweisen oder g\u00e4nzlich erfrieren. <\/p>\n\n\n\n Seit Beginn der Krise sind mindestens 60 Menschen gestorben<\/a>. Die Zivilgesellschaft geht allerdings von einer deutlich h\u00f6heren Dunkelziffer aus. Allein im Zeitraum von Dezember 2023 bis April 2024 hat allein die Grupa Granica mehr als 1.700 illegale Pushbacks, f\u00fcnf Tote und 25 vermisste Menschen dokumentiert. Es wurde auch ein Kind von einer Mutter geboren, die versucht hat, aus Eritrea in die EU zu fl\u00fcchten.<\/p>\n\n\n\n Viele dieser Menschen \u00e4u\u00dfern an der Grenze den Wunsch nach Asyl, wonach ihnen nach europ\u00e4ischem und internationalem Recht ein rechtsstaatliches Asylverfahren zusteht, in dem ihr Schutzanspruch gepr\u00fcft wird. In der Realit\u00e4t berichten die meisten stattdessen davon, dass sie gewaltsam zur\u00fcckgewiesen werden, manche Betroffene bereits mehrfach. Dabei werden von Beh\u00f6rden auf beiden Seiten oft mutwillig Handys zerst\u00f6rt und Tr\u00e4nengas, Schlagst\u00f6cke und sogar Gewehre eingesetzt – auch gegen\u00fcber Kindern und Jugendlichen<\/a>. Im Herbst 2023 hat ein heute 23-j\u00e4hriger syrischer Schutzsuchender mit seinen Freunden versucht, von Belarus nach Polen zu fliehen. Ihm wurde dabei von einem polnischen Grenzschutzbeamten in den R\u00fccken geschossen, \u201cversehentlich\u201d.<\/a><\/p>\n\n\n\n Mit dem Regierungswechsel in Polen haben einige auch auf eine menschlichere Migrationspolitik an der Grenze zu Belarus gehofft, vor allem weil Donald Tusk ja eine R\u00fcckkehr zur Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet hat. Leider gilt diese R\u00fcckkehr zur Rechtsstaatlichkeit offensichtlich nicht f\u00fcr Schutzsuchende. Stattdessen hat Tusk diese Woche die Grenzregion zwischen Polen und Belarus besucht und eine Verst\u00e4rkung des 2022 gebauten Grenzzauns versprochen<\/a>. Der ist bereits jetzt 180 Kilometer lang und 5,5 Meter hoch, mit Stacheldraht verst\u00e4rkt und elektronisch \u00fcberwacht. Vor der anstehenden Europawahl bleibt Polen trotz neuer Regierung also bei einer restriktiven Migrationspolitik<\/a>, ausgetragen auf dem R\u00fccken von schutzsuchenden Menschen im Wald zu Belarus.<\/p>\n\n\n\n2021: Eine neue Fluchtroute nach Europa<\/h1>\n\n\n\n
Nach wie vor viele Ank\u00fcnfte<\/h1>\n\n\n\n
Pushbacks sind die Realit\u00e4t<\/h1>\n\n\n\n
Neue Regierung, alte Taktiken?<\/h1>\n\n\n\n
Ein Blick in die Zukunft<\/h1>\n\n\n\n